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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Renale Osteopathie Wenn kranke Nieren die Knochen schwächen
Brüche, Knochenschwund und Muskelschwäche: Kranke Nieren können die Knochen schwer schädigen. Medizinisch wird diese Krankheit als renale Osteopathie bezeichnet.
Bei renaler Osteopathie wird der Aufbau von Knochensubstanz gestört. So wird Kalzium nicht mehr ausreichend in die Knochen eingebaut und aus den Knochen gelöst. Wie kranke Nieren den Knochen schaden können und worauf Betroffene achten sollten.
Was ist renale Osteopathie?
Sind die Nieren krank, bekommen das auch die Knochen zu spüren. Mediziner bezeichnen krankhafte Veränderungen des knöchernen Skeletts, die mit einer fortgeschrittenen Nierenschwäche (Niereninsuffizienz) in Zusammenhang stehen, als renale Osteopathie oder renale Osteodystrophie. Bei mittel- bis hochgradig eingeschränkter Nierenfunktion und vor allem unter andauernder Dialysebehandlung entwickeln nahezu alle Patienten eine renale Osteopathie.
Warum schwächen kranke Nieren die Knochen?
Doch wie hängt das zusammen: kranke Nieren und schwache Knochen? "Die Nieren sind nicht nur ein Ausscheidungsorgan, sondern auch ein Stoffwechselorgan", sagt Prof. Dr. med. Markus Ketteler, Chefarzt für Allgemeine Innere Medizin und Nephrologie / Geriatrie am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart sowie Kommissionsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN). "Bei stark eingeschränkter Nierenfunktion ist zum Beispiel die Vitamin D-Stoffwechselleistung beeinträchtigt, was die Aufnahme von Kalzium in den Körper den Einbau von Kalzium in die Knochen behindert."
Sind die Nieren geschädigt, kommt es nicht nur zu Störungen im Mineralstoffwechsel. Auch der Hormonhaushalt gerät aus dem Gleichgewicht. So entwickelt sich eine Überproduktion von Parathormon aus den Nebenschilddrüsen. Ein Zuviel des Hormons fördert den Knochenabbau. Dabei steigt auch der Phosphatwert im Blut an, was zu Kalkablagerungen in den Gefäßen beitragen kann. Die genannten Faktoren führen dazu, dass kaum Kalzium in die Knochen eingebaut wird und die Knochen zugleich von einer verstärkten Entmineralisierung betroffen sind. Die Knochen werden zunehmend weicher und verlieren an Stabilität.
Was macht die renale Osteopathie mit den Knochen?
Nicht nur das Risiko für – teils spontane – Knochenbrüche steigt. Knochenerweichung (Osteomalazie), Knochenschwund (Osteoporose) und Muskelschwäche sind ebenfalls mögliche Folgen kranker Nieren. "Die eingeschränkte Nierenfunktion und die damit verbundene verringerte Kalziumaufnahme aus dem Blut in die Knochen kann zudem dazu führen, dass sich vermehrt Kalkablagerungen um Gelenke bilden. Diese können bei den Betroffenen Schmerzen verursachen und zu Bewegungseinschränkungen sowie Deformierungen führen", sagt Ketteler.
Kranke Nieren schwächen nicht nur die Knochen
Und noch ein Risiko bergen die schwachen Nieren: Bei einer fortgeschrittenen Niereninsuffizienz können sich neben Kalkablagerungen in den Gelenken auch Kalkablagerungen in den Arterien bilden. Diese beruhen auf Kalzium-Phosphat-Kristallen. Betroffene mit einer ausgeprägten Nierenschwäche haben ein hohes Risiko, eine Arteriosklerose zu entwickeln, also eine Arterienverkalkung. Verkalkte Arterien sind unter anderem ein bedeutender Risikofaktor für Herzinfarkt, Herzmuskelschwäche, Herzklappenverengungen und Schlaganfall.
Prof. Dr. med. Markus Ketteler, Chefarzt für Allgemeine Innere Medizin und Nephrologie / Geriatrie am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart sowie Kommissionsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie
Renale Osteopathie behandeln: Mineralstoffwechsel ausbalancieren
Da die schwächer werdenden Knochen keine Warnsignale aussenden, werden bei einer Niereninsuffizienz regelmäßig die Blutwerte untersucht und vorbeugend hohe Dosen Vitamin D3 verabreicht. "So kann die Entwicklung einer renalen Osteopathie hinausgezögert oder ein Fortschreiten gebremst werden", so der Nephrologe. "Auch können Medikamente eingesetzt werden, welche die Bildung des Parathormons hemmen. Zudem gibt es Präparate, welche Phosphat an sich binden, das über die Nahrung aufgenommen wird." Folgeerkrankungen an den Knochen und den Gelenken werden gesondert behandelt. Unter anderem kommen dabei bestimmte Schmerzmittel und entzündungshemmende Mittel zur Anwendung.
Kann eine Nierentransplantation eine renale Osteopathie heilen?
Für viele dialyseabhängige Nierenpatienten ist eine Nierentransplantation die große Hoffnung. Wie sich die renale Osteopathie mit der neuen Niere entwickelt, lässt sich nicht vorhersagen. Laut dem Experten besteht eine ausgeprägte Osteopathie in der Regel auch nach einer Nierentransplantation fort. Sei die renale Osteopathie vor der Transplantation hingegen gut unter Kontrolle gewesen, lasse sich eine deutliche Besserung erhoffen. Doch nach der Transplantation sind die Knochen erneut in Gefahr: Damit das Organ nicht abgestoßen wird, wird Kortison verabreicht. Kortison erhöht das Osteoporose-Risiko deutlich.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- M. Ketteler, J. Floege: KDIGO-Leitlinie zu den Störungen des Mineral- und Knochenhaushalts bei chronischer Nierenerkrankung (deutsche Übersetzung). (Stand: Update 2017).
- Renale Osteopathie. Online-Information des Immanuel Krankenhauses Berlin. Osteologie und Stoffwechselerkrankungen. (Stand: Aufgerufen am 21. Mai 2022)
- Prävention und Therapie der renalen Osteopathie. Online-Information des Deutschen Ärzteblatts. (Stand: 1990)
- S3-Leitlinie "Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose" des Dachverbands Osteologie e.V. AWMF-Register-Nr.: 183-001. (Stand: Gültig bis 30. Dezember 2022)
- Osteoporose: Daten und Fakten. Online-Information des Bundesselbsthilfeverbands für Osteoporose e. V. (BfO). (Stand: Aufgerufen am 13. Mai 2022)
- Osteoporose. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): www.gesundheitsinformation.de. (Stand: 4. Oktober 2018)
- Wie funktionieren die Knochen? Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): www.gesundheitsinformation.de. (Stand: 22. April 2020)
- Vitamin-D-Mangel. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit: www.gesund.bund.de. (Stand: 7. Dezember 2020)