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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Infiziert trotz Impfung Wie hoch ist mein Risiko für Long-Covid?
Die Corona-Impfstoffe schützen bei der grassierenden Omikron-Variante weniger gut vor einer Infektion. Auch Geimpfte stecken sich an. Droht auch ihnen Long-Covid? Eine Studie gibt Auskunft.
Omikron gilt allgemein als die ansteckendere, aber harmlosere Variante des Coronavirus. Heißt das auch, dass die Gefahren für Langzeitschäden geringer sind? Unter dem Begriff Long-Covid werden die Folgen einer Corona-Infektion zusammengefasst, die länger als vier Wochen nach der Infektion weiter bestehen.
Das Robert Koch-Institut (RKI) schreibt dazu: "Zu den in wissenschaftlichen Studien am häufigsten beobachteten Symptomen (...) gehören Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit (sog. Fatigue), Kurzatmigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme (sog. "brain fog"), Schlafstörungen, Muskelschwäche und -schmerzen, psychische Probleme, wie z. B. depressive Stimmung und Angstsymptome, sowie Riech- und Schmeckstörungen."
436.000 Briten mit Long-Covid in der Omikron-Welle
Dass Long-Covid auch Omikron-Infizierte treffen kann, haben Wissenschaftler des University College London nachgewiesen. Sie ermittelten in Großbritannien 436.000 Fälle von Personen, die unter den Folgeschäden litten – allein in der Omikron-Welle.
Forscher der Universität Oxford analysierten nun das individuelle Long-Covid-Risiko für den Einzelnen. Grundlage waren selbst gemeldete Symptome aus einer Umfrage zum Infektionsgeschehen. Die Krankheitszeichen hielten länger als vier Wochen an und waren für die Probanden nur mit der vorhergegangenen Corona-Infektion zu erklären. Alle Teilnehmer waren über 18 Jahre alt, geimpft und hatten sich dennoch einmal mit dem Coronavirus angesteckt.
Unterschieden wurde nach den Variantenwellen Delta, Omikron BA.1 und Omikron BA.2 und dem Impfstatus. Alle Teilnehmer waren mindestens zweimal geimpft, und zwar mit den Vakzinen von Biontech, Moderna oder Astrazeneca.
Unter Omikron kaum Unterschiede zwischen zwei- oder dreifach Geimpften
Bei den zweifach Geimpften zeigte sich: Ihr geschätztes Risiko zur Entwicklung von Long-Covid lag nach einer Infektion mit der Delta-Variante bei knapp 16 Prozent, also etwa jeder Sechste entwickelte diese Symptome. Bei Omikron BA.1 sank dieser Wert auf 8,7 Prozent, also etwa um die Hälfte. Zur Berechnung des Einflusses von BA.2 habe es nicht genügend Daten gegeben, so die Wissenschaftler.
Etwas besser sah es bei den dreifach Geimpften aus: Hier lag das prognostizierte Risiko für Long-Covid unter Delta bei 7,4 Prozent, als etwa jeder 13. war betroffen. Nach einer Infektion mit dem Omikron BA.1-Subtyp waren es 8 Prozent, mit Omikron BA.2 etwa 9 Prozent.
BA.2 dominiert in Deutschland
In Deutschland dominiert Omikron das Infektionsgeschehen, über 99 Prozent der gemeldeten Fälle gehen auf diese Variante zurück. Über 97 Prozent davon macht der Subtyp BA.2 aus, der als noch mal ansteckender als BA.1 gilt.
Ungeimpfte oder einmal Geimpfte wurden in der Studie nicht berücksichtigt. Aber klar ist: Zweifach geimpfte Erwachsene, die sich mit dem Coronavirus infizieren, haben nach der Zoe-Covid-Studie ein um 47 Prozent geringeres Risiko, an Long-Covid zu erkranken. Auch nicht erfasst in der Oxford-Studie wurden Reinfektionen mit dem Coronavirus.
"Die Zahlen offenbaren ein massives Problem"
t-online fragte den Mathematiker Kristan Schneider von der Hochschule Mittweida, der die Corona-Pandemie modelliert: Was bedeuten diese Zahlen?
"Zum einen kann man erkennen, dass die dritte Impfung wirkt, wenn auch unter BA.2 nicht mehr ganz so gut. Zum anderen offenbaren diese Zahlen jedoch ein massives Problem, was auf uns zukommen wird. Lässt man Corona jetzt durchlaufen – und das ist die derzeitige Strategie –, können enorme Gesundheitslasten und Folgekosten auf uns zukommen. Selbst wenn – angenommen – nur fünf Prozent eine Long-Covid-Erkrankung entwickeln, bedeutet dies enorme Kosten etwa für die Rehas. Außerdem scheiden diese Menschen aus dem Produktions- und Arbeitskreislauf aus, oft für sehr lange Zeit."
Also ist das jetzt angestrebte Konzept der Durchseuchung das falsche? "Die Folgen sieht man immer erst hinterher. Ich plädiere seit Langem dafür, Infektionszahlen möglichst niedrig zu halten und Impflücken zu schließen. Und: Wir müssen jetzt schon Vorsorge für den Herbst treffen, wenn womöglich eine aggressivere Variante auftaucht."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- RKI-Wochenbericht vom 19. Mai 2022
- Zoe Covid Study
- RKI zu Long-Covid
- Interview mit Kristan Schneider
- Eigene Recherche