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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Studie zeigt Genesene sind wohl nicht vor Omikron geschützt
Die Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage sorgt für Unmut. Klar ist: Die Impfungen schützen wohl nur begrenzt vor einer Ansteckung mit der Omikron-Variante des Coronavirus. Doch wie steht es um Genesene?
Mehr als 200.000 Neuinfektionen an nur einem Tag, Inzidenzen über 1.000: Die Omikron-Variante bricht nicht nur in Deutschland aktuell alle bisherigen Rekorde der Pandemie.
Doch während so viele Menschen wie noch nie zuvor in den vergangenen zwei Jahren infiziert sind, verläuft Covid-19 jetzt schwächer – auch, weil fast 75 Prozent der Bevölkerung mittlerweile geimpft sind, hinzu kommen rund acht Millionen Genesene. Doch sind Menschen, die bereits einmal infiziert waren, auch vor Omikron geschützt? Dazu gibt es eine neue Studie.
Zwei Drittel der Omikron-Infizierten waren bereits infiziert
Die britische Studie zeigt, dass zwei Drittel der kürzlich mit der Omikron-Variante Infizierten bereits zuvor an Covid-19 erkrankt waren. Dazu hat das sogenannte "React"-Forschungsteam (Real-time Assessment of Community Transmission) Tausende Freiwillige in Großbritannien PCR-getestet. Die Testungen wurden bereits seit Mai 2020 monatlich durchgeführt, die Teilnehmer waren im Alter ab fünf Jahren. Die Daten zu Omikron wurden zwischen dem 5. und 20. Januar 2022 erhoben.
Die Wissenschaftler kamen zu folgenden Ergebnissen: Von 100.607 gültigen Tests waren 4,41 Prozent positiv. "Das ist mehr als dreimal so hoch wie im Dezember 2021 in England", bekräftigen die Studienleiter. Weiter untersuchten die Forscher, wie groß der Anteil der Omikron-Variante war: Von 1.406 sequenzierten positiven Abstrichen bis zum 16. Januar 2022 waren 1.392, also 99 Prozent, auf die Omikron-Variante zurückzuführen. Nur noch ein Prozent der Fälle ging auf die Delta-Variante zurück.
Unter den 3.582 positiven Personen, die angaben, ob sie eine frühere Infektion hatten oder nicht, gaben 2.315 (64,6 Prozent) eine bestätigte frühere Infektion an.
Deshalb kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass eine frühere Corona-Infektion ein hohes Risiko für eine erneute Infektion mit Omikron birgt. Ein Schutz wie bei bisherigen Varianten scheint nicht gebildet worden zu sein. Allerdings grenzen die Wissenschaftler ein, es sei noch zu prüfen, ob die Ergebnisse "echte Reinfektionen" zeigten oder möglicherweise in den PCR-Tests Spuren der vorherigen Infektion nachgewiesen wurden.
Welche Personengruppen haben ein besonders hohes Risiko?
Zusätzlich zum Schutz vor Omikron prüften die Forscher, bei wem das Infektionsrisiko besonders hoch sein könnte. So stellten sie fest, dass Menschen in großen Haushalten logischerweise eher gefährdet sind, sich zu infizieren, als solche, die alleine leben. Aber auch Menschen in sozial schwächeren Gebieten seien demnach eher gefährdet.
Was bedeutet die Studie für Deutschland?
Am 28. Januar 2022 meldete das Robert Koch-Institut (RKI) für Deutschland mehr als 190.000 tägliche Neuinfektionen mit dem Coronavirus, mittlerweile liegt auch hierzulande der Anteil der Omikron-Infektionen deutlich über dem der Delta-Variante. Das RKI meldet für die Kalenderwoche zwei einen Anteil von 82,3 Prozent für die Omikron-Variante, nur noch knapp 15 Prozent der Infektionen gehen auf die Delta-Variante zurück. Mittlerweile dürfte der Omikron-Anteil noch deutlich höher liegen.
Aktuell gibt es in Deutschland rund 1,8 Millionen akut Infizierte, insgesamt haben sich seit Pandemiebeginn mehr als 9,4 Millionen Menschen angesteckt. Rund 117.500 Menschen starben im Zusammenhang mit Covid-19. Demnach gelten etwa 7,5 Millionen Menschen in Deutschland als Genesene.
Allerdings gibt es Diskussionen um den offiziellen Genesenenstatus: Beispielsweise beim Zugang zu Veranstaltungen oder Freizeiteinrichtungen gilt der Status nur noch 90 Tage nach dem positiven Testergebnis. Danach muss der Immunstatus durch eine Impfung aufgefrischt werden. Zuvor war der Status ein halbes Jahr gültig.
Der Essener Virologe Ulf Dittmer erklärt im Interview mit t-online dazu, dass aktuell noch sehr unsicher sei, ob und wie gut Genesene vor einer Omikron-Infektion geschützt sein könnten. "Nun gibt es erste Hinweise, dass es bei Omikron Mehrfach-Infektionen geben kann", berichtet er. Das betreffe insbesondere Ungeimpfte, die sich dann infizieren.
Bei einer Impfung hingegen scheint der Schutz besser zu sein. Trotzdem sei davon auszugehen, dass auch Ungeimpfte bei einer zweiten Infektion zumindest gut vor einer schweren Erkrankung geschützt seien. "Aber der Schutz gegen eine weitere Infektion, den wir vorher bei allen Varianten hatten, scheint bei Omikron deutlich reduziert zu sein", betont Dittmer.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Eigene Recherche
- "Frag-mich"-Interview mit dem Virologen Ulf Dittmer
- Studie: "Post-peak dynamics of a national Omicron SARS-CoV-2 epidemic during January 2022"
- Robert Koch-Institut: Täglicher Lagebericht vom 27. Januar 2022
- Robert Koch-Institut: Wochenbericht vom 27. Januar 2022
- Robert Koch-Institut: "Fachliche Vorgaben des RKI für COVID-19-Genesenennachweise"