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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bundesländer lockern die Regeln Wie hoch ist das Risiko einer Corona-Infektion im Pfingsturlaub?
Monatelang Homeoffice und Homeschooling – viele Menschen sehnen sich nach Urlaub. In vielen Bundesländern sind in unterschiedlichen Regionen Hotelübernachtungen und Restaurantbesuche zu Pfingsten möglich. Ein Epidemiologe schätzt die Risiken ein.
Immer mehr Bundesländer öffnen ihre gastronomischen, kulturellen und touristischen Angebote. Voraussetzung dafür ist, dass die Sieben-Tage-Inzidenz in den jeweiligen Landkreisen stabil unter 100 liegt. Welche Lockerungen in welchen Bundesländern aktuell gelten, lesen Sie hier.
Richtiger Schritt oder gefährlich?
Der Epidemiologe Dr. Markus Scholz von der Universität Leipzig sieht gute Vorzeichen für Lockerungen. "Seit Ende März sehen wir, dass das exponentielle Wachstum der Infektionsfälle gestoppt ist. Die Welle ist damit zunächst gebrochen. Das wurde aus einer Kombination von Maßnahmen erreicht: Es wird mehr geimpft, es gilt eine Notbremse und damit eine schnelle Reaktion über einen Lockdown und die Schnelltests ziehen zumindest einen Teil der Infizierten heraus", erklärt Scholz im Gespräch mit t-online.
Neben der Orientierung an der Sieben-Tage-Inzidenz sieht Scholz vor allem noch einen entscheidenden Faktor: "Wichtig ist in der derzeitigen Phase der Eindämmung der Pandemie vor allem der R-Wert, also der Wert, der angibt, wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt. Zurzeit liegt dieser stabil unter 1. Das bedeutet, die Virus-Ausbreitung ist gehemmt worden. Bei einem stabilen R-Wert unter 1 sind solche Öffnungen vertretbar, müssen aber genau beobachtet werden."
In der Öffnung touristischer Angebote wie Ferienwohnungen oder Campingplätze sieht der Epidemiologe kaum Gefahr: "Auch der Aufenthalt in Hotels kann mit guten Hygienekonzepten wie Schnelltests, Abständen und Masken vertretbar sein."
Schnelltests nicht immer zuverlässig
Diese zusätzlichen Hygienekonzepte seien aber dringend nötig. Denn: Wie so oft steckt auch hier der Teufel im Detail. Lockerungen sind vor allem für vollständig Geimpfte und per Schnelltest gecheckte Personen vorgesehen. Scholz: "Das Problem bei den Schnelltests sind falsch-negative Fälle, in denen der Test nicht anzeigt, dass eine Person infiziert ist. Das kann zum Beispiel durch unsachgemäße Handhabung der Tests oder fehlerhafte Probennahme entstehen." Würden sonst keine weiteren Maßnahmen ergriffen wie Abstandsregeln und Maskenpflicht, könne es schnell zu Superspreading-Events kommen.
Aber auch vollständig Geimpfte könnten eine Gefahr darstellen, da auch sie durchaus infektiös sein und das Virus zum Beispiel in der Gastronomie verbreiten könnten. "Bislang ist nicht belegt, dass Geimpfte nicht auch Ungeimpfte anstecken können. Sie haben bei einer Infektion eine geringere Viruslast und erkranken auch nicht schwer, aber dass sie gar keine Gefahr bei der Möglichkeit der Virusweitergabe darstellen, ist bislang nicht erwiesen." Die Wahrscheinlichkeit sei gering, aber eben nicht ausgeschlossen.
Risiko Restaurant
Besondere Infektionsgefahr droht Scholz zufolge in der Gastronomie. Die Außenbereiche zu öffnen, hält er für ungefährlich. "Draußen ist das Ansteckungsrisiko gering, außer man hat einen sehr engen Kontakt." Ein Problem stellt die Innengastronomie dar, auch dann, wenn wie in vielen Bundesländern eine verringerte Auslastungsgrenze vorgeschrieben ist.
Der Epidemiologe sagt: "Innerhalb von Räumen ist das Infektionsrisiko deutlich erhöht, vor allem, wenn man wie beim Essen und Trinken keine Maske trägt. Zudem wissen wir, dass die aktuell vorherrschende britische Virusvariante sehr ansteckend gerade in Innenräumen ist. Ich persönlich würde zurzeit noch nicht in ein Restaurant gehen."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Interview mit Dr. Markus Scholz vom 5. Mai 2021
- tagesschau.de
- Eigene Recherche