Thrombosefälle bei Johnson & Johnson Ist der Impfstoff-Typ Ursache für Nebenwirkungen?
Vor rund einem Monat wurden Astrazeneca-Impfungen vorübergehend ausgesetzt. Grund waren seltene Fälle von Hirnvenenthrombosen. Nun trifft es auch das Mittel von Johnson & Johnson. Gibt es Gemeinsamkeiten?
Die seltenen schweren Nebenwirkungen nach der Impfung mit den Präparaten von Astrazeneca und Johnson & Johnson hängen deutschen Experten zufolge möglicherweise mit dem speziellen Typ dieser Impfstoffe zusammen. "Die Tatsache, dass beide Impfstoffe auf dem gleichen Prinzip beruhen und die gleichen Probleme verursachen, spricht meines Erachtens eher dafür, dass der Vektor selbst die Ursache ist", sagt Johannes Oldenburg vom Universitätsklinikum Bonn. Allerdings sei das zum gegenwärtigen Zeitpunkt spekulativ.
Thrombosen auch bei Johnson & Johnson aufgetreten
Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson hatte am 13. April wegen Berichten über sogenannte Sinusvenenthrombosen nach der Impfung den Marktstart seines Präparats in Europa aufgeschoben – nur einen Tag nachdem mit der Auslieferung begonnen worden war.
Nach Erfassung von sechs Fällen der Hirnvenenthrombosen in den USA hatten Behörden ein vorübergehendes Aussetzen der Impfungen empfohlen. In drei Fällen kam es zusätzlich zu einer Thrombozytopenie, also einem Mangel an Blutplättchen. Seit der Zulassung Ende Februar wurden in den USA mehr als 6,8 Millionen Dosen des Impfstoffes eingesetzt.
Embed
Erst im März hatte Deutschland Impfungen mit dem Produkt des Herstellers Astrazeneca vorübergehend ausgesetzt. Auch andere europäische Länder stoppten die Impfungen zeitweise. Hintergrund war ebenfalls eine auffällige Häufung der speziellen Thrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen nach Impfungen mit dem Präparat. Inzwischen wird der Einsatz von Astrazeneca hierzulande nur noch für Menschen ab 60 Jahren empfohlen.
Ähnliche Mechanismen könnten Ursache für Nebenwirkungen sein
In beiden Präparaten wird ein an sich harmloses Adenovirus als sogenannter Vektor genutzt, um Erbinformationen des Coronavirus in den Körper zu schleusen.
Von den aktuell wichtigsten Impfstoffen in Europa und den USA gehören folgende Vakzine zur Gruppe der Vektorimpfstoffe:
Astrazeneca, Johnson & Johnson, Sputnik V. Auch der chinesische Impfstoff CanSino Biologics sowie ein indischer Wirkstoff von Bharat Biotech basieren auf diesem Verfahren.
Es sei theoretisch auch denkbar, dass das Spike-Protein des Virus, das in allen verfügbaren Impfstoffen dem Immunsystem zur Bildung von Abwehrstoffen präsentiert wird, die Nebenwirkungen verursacht, erklärt Oldenburg. Ebenso sei es grundsätzlich möglich, dass die Nebenwirkungen unspezifisch im Rahmen der allgemeinen Immunantwort ausgelöst würden.
Embed
Auch Clemens Wendtner vermutet, dass den Nebenwirkungen bei beiden Impfstoffen ein ähnlicher Mechanismus zugrunde liegt. "Wir haben im Fall von Johnson & Johnson die gleichen Nebenwirkungen, die auch bei Astrazeneca aufgetaucht sind", sagt Wendtner, Chefarzt an der München Klinik Schwabing. "Da stellt sich die Frage, ob es hier einen Klasseneffekt gibt, also die Adenoviren, die als Vektoren genutzt werden, die Probleme auslösen."
Einige Experten wie Andreas Greinacher von der Universitätsmedizin Greifswald (UMG) vermuten, dass die Betroffenen im Verlauf der Immunreaktion bestimmte Antikörper bilden. Diese aktivieren dann die Blutplättchen, was wiederum zu Blutgerinnseln führt.
Symptome einer Sinusvenenthrombose
Bei einer Sinusvenenthrombose kommt es zu einem Verschluss bestimmter Venen im Gehirn durch Blutgerinnsel. Dies macht sich vor allem durch Kopfschmerzen bemerkbar, auch epileptische Anfälle, Lähmungen oder Sprachstörungen können auftreten. Ein Mangel an Blutplättchen wiederum führt zu einer erhöhten Blutungsneigung. Als Symptome treten punktförmige Einblutungen in die Haut oder Schleimhäute auf, gelegentlich auch starkes Nasenbluten.
Bis zum 8. April wurden dem Paul-Ehrlich-Institut 46 Fälle einer Sinusvenenthrombose nach Impfung mit dem Astrazeneca-Impfstoff (Vaxzevria) gemeldet, in 24 Fällen zusätzlich eine Thrombozytopenie. Fünf Frauen und drei Männern starben. Mit Ausnahme von sieben Fällen betrafen alle Meldungen Frauen im Alter zwischen 20 und 66 Jahren. Die Männer waren 24 bis 58 Jahre alt.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Nachrichtenagentur dpa