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Nach Corona-Ausbrüchen in NRW: Wann könnte eine zweite Welle kommen?


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Nach Ausbrüchen in NRW
Wann könnte eine zweite Corona-Welle auf uns zukommen?


Aktualisiert am 23.06.2020Lesedauer: 5 Min.
Passanten in Dortmund: In Deutschland werden immer mehr Beschränkungen aufgehoben. Das kann die Corona-Zahlen wieder ansteigen lassen.Vergrößern des Bildes
Passanten in Dortmund: In Deutschland werden immer mehr Beschränkungen aufgehoben. Das kann die Corona-Zahlen wieder ansteigen lassen. (Quelle: Cord/imago-images-bilder)
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Die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland ging zuletzt langsam zurück. Doch aktuelle Virus-Hotspots zeigen: Die Corona-Pandemie ist längst nicht unter Kontrolle. Experten warnen vor einer möglichen zweiten Welle.

Restaurants dürfen wieder Gäste empfangen, Fitnessstudios und Freibäder öffnen und Urlaub ist auch in vielen europäischen Ländern wieder möglich. Mit den aktuellen Lockerungen geht die Corona-Krise in eine neue Phase. Regional entstehen im Juni in Deutschland immer wieder Corona-Hotspots. Der bislang größte entwickelte sich beim Fleischfabrikanten Tönnies in Gütersloh, wo es über 1.700 Corona-Fälle gibt. Die Folge: Ministerpräsident Laschet musste am 23. Juni den Lockdown für den Kreis Gütersloh ausrufen.

Damit wurde erstmals in Deutschland ein gesamter Kreis wegen des Corona-Infektionsgeschehens wieder auf die strengen Pandemie-Schutzmaßnahmen zurückgeführt, die erst kurz zuvor aufgehoben wurden. Die Maßnahmen sollen zunächst bis zum 30. Juni gelten.

Experten vermuten, dass weitere Infektionswellen Deutschland in absehbarer Zeit treffen, so das Robert Koch-Institut (RKI). Auch Virologen wie Christian Drosten sehen ein hohes Risiko für weitere Virusausbrüche. Ist das der Beginn einer neuen Infektionswelle? Die wichtigsten Fragen zur sogenannten zweiten Welle:

Was bedeutet "zweite Welle"?

Als zweite Welle wird ein erneuter flächendeckender Anstieg der Infektionszahlen bezeichnet. In Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 wird befürchtet, dass sich – trotz der aktuell stabilen Lage in Deutschland – bis Ende des Jahres mehr Menschen mit dem Virus infizieren und neue Corona-Hotspots entstehen. Eine klare Definition und konkrete Zahlenangaben für eine zweite Welle gibt es allerdings nicht.

Wird es eine zweite Welle in Deutschland geben?

Die Zahl der Neuinfektionen bewegt sich laut dem RKI derzeit auf einem niedrigen Niveau. Doch Corona-Ausbrüche wie etwa im Kreis Gütersloh in Nordrhein-Westfalen zeigen, wie rasant sich das Virus verbreiten kann. Das Land NRW hat nun strenge Maßnahmen ergriffen, um die weitere Ausbreitung zu stoppen.

Das RKI hält weitere Ansteckungswellen für wahrscheinlich. "Eine zweite Welle kann immer kommen und natürlich kann die auch in Deutschland kommen. Wir wissen ja inzwischen, wie wir das verhindern können. Das liegt in unserer Hand, in unserer Verantwortung, das können wir schaffen", sagte RKI-Chef Lothar Wieler am 23. Juni. Gar keine Fälle in Deutschland in nächster Zeit seien eher unwahrscheinlich.

Charité-Virologe Prof. Christian Drosten warnte schon im April ebenfalls vor einer neuen Welle, die Deutschland mit größerer Wucht treffen könnte als bisher. Inzwischen geht er davon aus, dass sich die Gefahr beherrschen lasse, wenn es keine "Superspreader"-Events gebe. Das könnten zum Beispiel Großveranstaltungen sein, die aktuell bundesweit weiter untersagt sind.

Welche Faktoren sprechen für eine zweite Welle?

Wissenschaftlern zufolge gibt es mehrere Faktoren, die den Ausbruch einer zweiten Welle beeinflussen könnten:

Lockerungen der Corona-Regeln: Durch die bundesweiten Lockerungen wird das Risiko von Neuinfektionen zunehmen. Aktuelle, lokale Ausbrüche in einer Kirche, einem Restaurant und auf Schlachtbetrieben haben gezeigt, wie schnell sich das Virus verbreiten kann. Mehren sich diese Corona-Hotspots, könnte eine zweite Viruswelle deutlich wahrscheinlicher werden. Schnellen die Infektionszahlen dann in der Folge in die Höhe, wird die Nachverfolgung der Kontaktpersonen schwieriger und dem Gesundheitssystem droht eine Überlastung.

Das Verhalten der Menschen ist laut dem RKI deshalb der wesentliche Faktor bei der Eindämmung des Coronavirus. Die Abstandsregeln sowie Hygienegebote seien nach wie vor am wichtigsten, um weitere Infektionsschübe zu vermeiden.

Beginn der Urlaubssaison: Auch der wieder startende Reiseverkehr könnte einen erneuten Anstieg von Corona-Neuinfektionen hervorrufen. Aktuell sähen die Infektionszahlen zwar gut aus, sagte der Arzt und Gesundheitsforscher Max Geraedts von der Universität Marburg der Deutschen Presse-Agentur dpa. Doch gerade die Reisezeit berge das Risiko, dass sich das Virus noch flächendeckender ausbreite als bislang schon, erklärte Geraedts – also auch an Orte, die bislang verhältnismäßig verschont geblieben sind.

Auch Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen erklärte: "Wenn man sich veranschaulicht, dass nur ein sehr geringer Bevölkerungsanteil bisher immun sein dürfte, so ist klar, dass das Virus sich schnell auch wieder ausbreiten kann, wenn die Bedingungen dafür stimmen."

Erfahrungen aus früheren Pandemien: Vergangene Pandemien und auch Epidemien zeigten einen wellenartigen Verlauf. Die Spanische Grippe etwa brach in insgesamt drei Wellen von 1918 bis 1920 weltweit über die Menschen herein. Das Influenza-Virus hatte sich leicht verändert und konnte so wieder mehr Menschen infizieren.

Ob dies auf das Coronavirus SARS-CoV-2 zutrifft, ist nicht gesichert. Denn wie eine Pandemie verläuft, hängt immer auch von der Dynamik des Erregers ab – und darüber ist bislang wenig bekannt.

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Wann könnte eine zweite Welle auf Deutschland zukommen?

Die meisten Experten stimmen überein, dass eine zweite Infektionswelle Europa und auch Deutschland erreichen könnte. Über den Zeitpunkt des Ausbruchs gibt es unterschiedliche Prognosen.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hält eine zweite Welle der Pandemie jederzeit für möglich, wenn die Länder die Beschränkungen zu rasch wieder lockern. Die europäischen Staaten sollten sich nach Ansicht der WHO bereits jetzt auf einen Anstieg von Infektionen mit SARS-CoV-2 einstellen.

Der Europa-Direktor der WHO, Dr. Hans Kluge, warnte am 27. Mai im britischen "Telegraph" vor einer zweiten tödlicheren Welle des Coronavirus, die voraussichtlich "in diesem Winter“ Europa treffen wird. Die Zahlen der Covid-19-Fälle in Ländern wie Großbritannien, Frankreich und Italien gingen zwar zurück, aber dies bedeute nicht, dass sich die Pandemie dem Ende nähere. Das Epizentrum des europäischen Ausbruchs liege nun im Osten. In Russland, Weißrussland und Kasachstan würden die Zahlen ansteigen.

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Kluge zeigte sich besonders besorgt über die Möglichkeit einer "Doppelwelle". In diesem Fall könnten sich eine zweite Covid-19-Welle und eine saisonale Welle der Grippe oder Masern gleichzeitig ausbreiten. Viele Kinder seien nicht gegen die Masern geimpft, warnte er. Die Länder müssten die Zeit nun nutzen, um ihr Gesundheitswesen zu stärken und zum Beispiel die Kapazitäten in Krankenhäusern auszubauen.

Das Robert Koch-Institut schloss bei einer Pressekonferenz am 7. Mai eine zweite Welle in Deutschland noch vor dem Herbst nicht aus. Auch Alexander Kekulé, Virologe und Infektionsepidemiologe an der Universitätsklinik Halle, prognostizierte im Gespräch mit dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland“ viele kleinere Ausbrüche im Herbst. Diese könnten sich auch zu einem weitreichenden Wiedererstarken der Epidemie vereinigen.

Nach seiner Überzeugung verhalte sich SARS-CoV-2 in dieser Hinsicht nicht anders als andere Corona- oder Influenzaviren, die sich in den kühleren Jahreszeiten deutlich stärker verbreiten.

Lässt sich eine zweite Welle verhindern?

Das RKI hält eine zweite oder gar dritte Infektionswelle in Deutschland mit dem Coronavirus nur unter Bedingungen für vermeidbar. "Wenn wir uns alle vernünftig verhalten und Infektionen vermeiden, dann haben wir eine Chance, auch eine zweite Welle zu vermeiden", sagte RKI-Vizepräsident Schaade bei einem Pressebriefing im Mai.

Das Virus sei nun einmal noch nicht ausgerottet. Und solange dies nicht der Fall sei, müssten sich die Menschen so verhalten, dass keine Infektionsketten entstehen. Nur dann könne es sein, dass die von vielen Experten und Wissenschaftlern befürchteten weiteren Wellen ausblieben. Die Menschen sollten sich trotz der neu beschlossenen Lockerungen weiter an Abstands- und Hygieneregeln halten.

Eine genaue Vorhersage, ob und wann eine zweite Infektionswelle auftreten könnte, lässt sich nach Experten schwer abschätzen. Dazu kenne man das Virus noch nicht gut genug. Die Pandemie könnte aber durch die Entwicklung von Medikamenten gegen Covid-19 oder eines Impfstoffes vorübergehen. Mehr zum aktuellen Stand der weltweiten Impfstoffprojekte lesen Sie hier.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Robert Koch-Institut
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