Grund ist die Corona-Krise Experten warnen vor mehr Todesfällen durch Masern, Aids, TBC
Aufgrund der Corona-Pandemie gerät der Kampf gegen andere Krankheiten wie etwa Aids, Tuberkulose oder Masern ins Hintertreffen. Vor allem in Entwicklungsländern kann das schwerwiegende Folgen haben.
Der Kampf gegen das Coronavirus stellt alles andere in den Schatten. Dabei töten andere, schon länger bekannte Infektionskrankheiten alljährlich Millionen Menschen – vor allem in Entwicklungsländern.
Experten warnen, dass diese Todesfälle noch deutlich zunehmen werden, weil Behandlung und Impfungen gegen Krankheiten wie Masern und Aids durch die Corona-Pandemie ins Hintertreffen geraten.
Mancherorts wurde Routineversorgung ausgesetzt
"Alles konzentriert sich auf den Kampf gegen Covid", sagt Robin Nandy, der Leiter des Impfprogramms des UN-Kinderhilfswerks Unicef. "Die Gesundheitssysteme sind so belastet, dass mancherorts die Routineversorgung ausgesetzt wurde." Um Ansteckungen zu vermeiden, soll das Gesundheitspersonal möglichst wenig Kontakt mit Patienten haben, also auch nicht mehr impfen.
37 Länder haben laut Unicef ihre Impfkampagnen unterbrochen. 117 Millionen Kinder könnten deshalb an Masern erkranken. Eine Kinderkrankheit, die gerade in Gegenden mit schlechter Gesundheitsversorgung tödlich enden kann.
Schon vor der Pandemie starben täglich mehr als 2.500 Kinder an bakterieller Lungenentzündung. Würden sie behandelt, könnten Studien zufolge über 800.000 Todesfälle bei Kindern jedes Jahr verhindert werden.
In Nigeria sind Lungenentzündungen die hauptsächliche Todesursache bei Kleinkindern und es steht zu befürchten, dass durch die Corona-Pandemie noch mehr daran sterben. "Es kommen viele Kinder mit Atembeschwerden, aber sowohl die Diagnose als auch die Behandlung sind für uns problematisch", sagt Sanjana Bhardwaj, Unicef-Gesundheitsdirektorin in Nigeria.
Masern und Malaria sind im Kongo ein Problem
Die Demokratische Republik Kongo litt schon vor Covid-19 unter mehreren Epidemien. Seit Beginn des Masernausbruchs im vergangenen Jahr starben daran dort 6.000 Menschen. Außerdem gibt es jedes Jahr etwa 13.000 Malaria-Tote. Zumindest die Ebola-Epidemie schien überwunden, doch dann wurden im April neue Fälle gemeldet. "Covid-19 hat die Gefahren, die es immer schon gab, noch verstärkt", sagt Alex Mutanganyi von der Hilfsorganisation Save The Children.
Behandlung von Tuberkulose wird durch Corona-Pandemie erschwert
Auch die Behandlung von Tuberkulose (TBC) wird durch die Corona-Pandemie erschwert. Weltweit könnten bis zu 1,4 Millionen Menschen zusätzlich daran sterben, befürchtet die Initiative Stop TB. Tuberkulose ist mit etwa zehn Millionen Neuinfektionen und 1,5 Millionen Todesfällen pro Jahr die weltweit tödlichste Infektionskrankheit.
Dennoch wird deutlich weniger Geld in die Erforschung von TBC als von HIV oder Covid-19 investiert. Der einzige aktuelle TBC-Impfstoff ist mehr als 100 Jahre alt und wirkt nur bei sehr kleinen Kindern.
Ungleichgewicht bei den Forschungsgeldern
Die Entwicklung einer sicheren und universell einsetzbaren Impfung würde etwa 500 Millionen Dollar (461 Millionen Euro) kosten, sagt Lucica Ditiu von Stop TB. Zum Vergleich: In die Suche nach einer Impfung gegen das neuartige Coronavirus werden Milliarden Dollar investiert, etwa 70 mögliche Impfstoffe werden bereits an Menschen getestet.
"Wir beobachten mit Erstaunen, dass für eine 120 Tage alte Krankheit schon 100 Impfstoffkandidaten in der Pipeline sind", sagt Ditiu. Sie erklärt sich das Ungleichgewicht bei den Forschungsgeldern so: "Tuberkulose ist eine Krankheit der Armen."
In vielen Ländern haben auch chronisch Kranke Nachteile durch die Corona-Bekämpfung. Hunderte Millionen Menschen benötigen täglich Medikamente zum Beispiel gegen Diabetes oder Bluthochdruck. Die Allianz gegen nicht übertragbare Krankheiten rief Ende April die Regierungen auf, dafür zu sorgen, dass Betroffene trotz der Pandemie behandelt werden – zumal diese Krankheiten zu Komplikationen bei einer Sars-CoV-2-Infektion führen können.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Nachrichtenagentur AFP