Virologe warnt vor Lockerungen Drosten: "Wenn das in Schulen passiert, darf man sie nicht öffnen"
In immer mehr Bundesländern sollen schrittweise die Schulen wieder öffnen. Für Virologe Christian Drosten weiter ein großes Risiko – eine Studie aus Frankreich liefere besorgniserregende Ergebnisse.
Im Zuge der Lockerungen der Coronavirus-Maßnahmen werden auch die Schulen in einigen Bundesländern wieder schrittweise geöffnet. Auch Kitas sollen wieder zugänglich sein. Schritte, die Virologe Christian Drosten in seinem NDR-Podcast nun deutlich kritisiert – und vor Leichtsinn warnt. Auslöser: Die Vorveröffentlichung einer Studie aus Nordfrankreich. "Das sind Zahlen, wenn das in Schulen passiert, dann darf man Schulen nicht öffnen. Da infizieren sich ja wirklich im Mittel über 40 Prozent", sagt der Wissenschaftler der Berliner Charité.
Darin wird der Corona-Ausbruch an einer Schule dokumentiert, als diese noch geöffnet waren. 660 Personen wurden dabei auf Antikörper getestet, darunter Lehrer, Schüler, Eltern und Geschwister. "Etwa fünf Wochen lief an dieser Schule ein sich langsam hochschaukelnder Ausbruch", erklärt Drosten. "Den hat man nicht so richtig bemerkt. Es vergingen fünf Wochen vom Ausbruch bis zur Schulschließung, weil dann Ferien begannen."
Die Folge: 38,3 Prozent der Schüler infizierten sich, 43,4 Prozent der Lehrer und sogar 60 Prozent der sonstigen Mitarbeiter.
Drosten: Fraglich, ob Studie repräsentativ ist
Allerdings schränkt Drosten bei aller Vorsicht auch ein: Die Studie an der französischen Schule tauge nicht als Musterfall für die Situation in Deutschland: "Eine Sache, die man dazu sagen muss: Es ist so eine Art Gymnasium. Es ist keine Schule für kleine Kinder. Der Schwerpunkt der Altersgruppen liegt zwischen 15 und 18 Jahren ungefähr." Und weiter: "Es haben sich von den 1262 Schülern nur 326 gemeldet, um an der Studie teilzunehmen. Nur 37 Prozent waren in der Studie drin."
Ob das dann eine repräsentative Stichprobe ist, sei fraglich. "Ein Einflussfaktor ist: das sind Freiwillige. Und bei Freiwilligen hat man unterschiedliche Phänomene." Ein Phänomen seien Teilnehmer, die sich freiwillig melden, um zu überprüfen, ob Symptome, die sie bei sich selbst beobachtet haben, tatsächlich durch das Coronavirus entstanden. "Das würde tendenziell mehr Fälle in die Studie reinbringen, als in der Grundgesamtheit sind", erklärt Drosten.
Situation in Deutschland anders
Das zweite Phänomen, was gegen das erste Phänomen sprechen könnte: "In der ganzen Gemeinde wurde damals schon intensiv getestet. Also ganz kurz nach dem Schulschluss. Und viele der Betroffenen hatten sowieso schon ein Ergebnis über ihre Infektion erhalten. Und jemand, der das schon wusste, der wird bei einer freiwilligen Blutabnahme sagen, dass es ihn nicht interessiert, weil er bereits weiß, dass er schon infiziert war."
Drosten sieht die Situation in Deutschland aber auch im Vorteil: Schüler würden Masken tragen und Abstand halten, die Klassen wären ohnehin ausgedünnt, auch die Pausen wären anders gestaltet. Und: Die Stundenpläne würden derart gestaltet, dass nicht jedes Kind jeden Tag in die Schule müsste.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.