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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Woran es liegen kann Haarausfall: Diese Fehler sollten Sie vermeiden
Ein Haarbüschel hängt in den Borsten, die Haare sind dünn und matt. Die richtige Pflege kann den Haaren aber wieder zu ihrer gesunden Pracht verhelfen. Wir haben mit einem Experten gesprochen, der erklärt, wo die Ursachen liegen und welche Fehler Sie am besten nicht begehen.
Täglich verliert der Mensch bis zu hundert Haare. Kommt es scheinbar plötzlich zu einem höheren Verlust, fragen sich viele, welche Fehler sie beim Waschen oder Pflegen der Haare begangen haben. Dr. Andreas Finner rät dazu, folgende Fehler besser zu vermeiden, um Haarschäden und -verlust zu reduzieren. Er ist Hautarzt und Spezialist für Haarausfall und Haartransplantation in der Trichomedpraxis Berlin.
Diese Fehler sollten Sie vermeiden
- Vermeiden Sie eine einseitige Ernährung, um Mangelerscheinungen auszuschließen.
- Versuchen Sie, Schlafmangel und dauerhaften Stress zu reduzieren.
- Kaufen Sie besser keine aggressiven Shampoos mit vielen Silikonen.
- Bürsten Sie Ihre Haare nicht mit mit scharfen Zinken und engen Borsten.
- Vermeiden Sie aggressives Färben und Toupieren der Haare.
- Glätten und Föhnen Sie nicht mit extremer Hitze und ohne Schutzspray.
Wie die genannten Punkte den Haaren helfen können und wieso es immer die bessere Lösung ist, zuerst der Kernursache auf den Grund zu gehen, erklärt der Experte.
Haarausfall bei Männern und Frauen: Vier Typen und ihre Ursachen
Die Diagnose und Ursachenklärung geschieht in der Haarsprechstunde beim Hautarzt. Er findet heraus, ob es sich um einen diffusen, anlagebedingten (erblichen), kreisrunden oder vernarbten Haarausfall handelt. "Viele Menschen probieren zu lange irgendwelche wirkungslosen Mittelchen aus und verlieren Zeit. In der Zeit gehen noch mehr Haare aus oder werden dünner. Lieber sollte man sich rechtzeitig untersuchen lassen. Dann kann die Ursache direkt zielgerichtet behandelt werden“, so Finner.
- Bei diffusem Haarausfall ist die Ursache meist temporär bedingt und lässt sich vergleichsweise leicht behandeln. Nährstoffmangel durch zum Beispiel Crash-Diäten, Stress, Krankheiten oder Medikamenteneinnahme können den natürlichen Haarzyklus aus dem Gleichgewicht bringen. Seltener löst eine Shampooallergie eine Kopfhautentzündung und folglich Haarausfall aus.
- Bei anlagebedingtem (erblichem) Haarausfall bekommen Männer Geheimratsecken und Frauen, oft nach der Menopause, lichtes Haar. Die Blutgefäße, die Nährstoffe an die Haarfollikel abgeben, verkümmern. Die Haare sind unterversorgt und wachsen nicht mehr lang und kräftig weiter.
- Kreisrunder Haarausfall ist nach bisherigem Forschungsstand eine Autoimmunkrankheit, die die Behaarung als Fremdkörper identifiziert und angreift. Auch schwere psychische Schocks und Stress können möglicherweise infrage kommen. Vollends geklärt sind die Ursachen noch nicht.
- Eine seltene Art ist der vernarbte Haarausfall. Eine Entzündung der Kopfhaut, die durch Schilddrüsenerkrankung entstehen kann, zerstört die Haarfollikel komplett. Die Follikel vernarben, sodass dort ein Nachwachsen unmöglich ist.
Der Haarzyklus
Das Haar wächst normalerweise bis zu sechs Jahre lang. 85 Prozent der Haare sind gleichzeitig in dieser Phase. In der Übergangsphase trennt sich das Haar von der Wurzel. 15 Prozent der Haare befinden sich gleichzeitig in dieser Phase. Es werden keine Nährstoffe vom Haarfollikel aufgenommen, das Haar wächst nicht weiter. Ist das Haar endgültig von der Wurzel abgetrennt, aktiviert sich der Follikel erneut. Nährstoffe werden aufgenommen, bilden Hornzellen und ein neues Haar entsteht. Dieses schiebt das alte langsam nach oben, bis es ausfällt. Der Kreislauf beginnt von vorn. Ist der Zyklus gestört, begeben sich 30 bis 40 Prozent der Haare gleichzeitig in die Übergangs- und Ausfallphase.
Das Haar ensteht unter der Haut in einer Einbuchtung – dem Follikel. Darin sitzt auch die Haarpapille. Blutgefäße geben Nährstoffe an sie ab. Daraufhin werden die Hornzellen gebildet, die diese Nährstoffe aufnehmen. Die Zellen wandern nach oben und bilden dabei den Haarschaft, der aus der Haut heraus wächst. Ein neues Haar wird entsteht.
Das hilft bei Haarausfall
Hat man die Diagnose des diffusen Haarausfalls bekommen und die persönliche Ursache dafür gefunden, gilt es nun, das Haar wieder zu kräftigen. Das Waschen, Bürsten und Föhnen habe mit den Ursachen des Haarausfall nichts zu tun, könne aber einen bereits vorliegenden Ausfall verstärken oder zu Haarbruch führen, so Finner.
- Den Alltag umstrukturieren und Stress reduzieren: Schlafmangel, Diäten oder Alltags- und Beziehungsstress können den Haarzyklus aus dem Gleichgewicht bringen.
- Eine Ernährungsumstellung kann den Haaren helfen, wieder stark und lang zu werden. Denn das Haar wird von innen gestärkt und versorgt. Nährstoffe gelangen über die Blutgefäße bis zu jeder Haarwurzel."Besser ist es immer, dem Körper und somit den Haaren die fehlenden Vitamine und Nährstoffe durch eine ausgewogene Ernährung zuzuführen. Nahrungsergänzungsmittel sollten nie die eigentliche Ernährung ersetzen.", empfiehlt Finner. Ernähre man sich ausgewogen, sind viele der Präperate gar nicht mehr nötig. Zusammen mit einem Arzt kann ein Plan für die Umstellung entworfen werden.
Die wichtigsten Nährstoffe für das Haar
Damit Organe, Kreislauf, Immunsystem und auch Haare und Nägel funktionieren und wachsen können, braucht der Körper eine Versorgung mit wichtigen Nähr- und Mikronährstoffen. Für Haar, Nägel und Haut sind drei besonders wichtig:
- Proteine sind unverzichtbar. In ihnen steckt das Eiweißmolekül Keratin, Hauptbestandteil des Haars. Proteine finden sich beispielsweise in Jogurt, Hülsenfrüchten oder Hähnchenfleisch.
- Damit Keratin vom Körper aufgenommen und verarbeitet werden kann, benötigt er Biotin, auch bekannt unter dem Namen Vitamin B7. Dieses Vitamin ist in Milch, Eigelb und Vollkornprodukten zu finden.
- Der Mikronährstoff Eisen beteiligt sich am Strukturaufbau des Haars und sorgt für das Funktionieren der Talgdrüse. Diese sorgt für die Geschmeidigkeit der Haare und verhindert, dass die Kopfhaut austrocknet. Eisen steckt zum Beispiel in rotem Fleisch, aber auch in Eigelb, Getreide und Kernen.
Die richtige äußere Haarpflege gegen Haarbruch
Die richtige Bürste, das richtige Shampoo oder die richtige Frisur kann zwar nicht den Ausfall stoppen, da die Ursache aus dem Inneren des Körpers kommt. Sie können aber verhindern, dass die Haare vorzeitig abbrechen, spröde oder gewaltsam ausgerissen werden.
- Das richtige Shampoo: Es ist sinnvoll, Shampoos zu kaufen, die auf den Haartyp abgestimmt sind. Je nach dem, ob das Haar schnell fettend, eher trocken, lang oder fein ist, finden Sie Shampoos mit angepassten Inhaltsstoffen. Eine Spülung glättet zusätzlich die äußere Haarschicht, sodass das Haar nicht mehr aufgeraut ist und glänzt. Außerdem verhindert sie ein Verknoten der Haare, damit beim Durchkämmen nicht unnötig viele Haare ausgerissen werden. Bei Shampoo und Spülung lohnt sich ein Blick auf die Inhaltsstoffe. Oft beinhalten die Pflegeprodukte Silikone. Kurzfristig bringen diese das Haar zum Glänzen – auf Dauer aber legen sie sich um das Haar und erschweren es. Außerdem können durch die Ablagerung der Silikone auf Kopfhaut und am haar selbst keine anderen Pflegestoffe aufgenommen werden. Auch Kopfhautirritationen können eine Folge sein. Silikone erkennen Sie an den Endungen –icone und –iloxane. Je weiter vorne auf der Liste, desto mehr von ihnen ist enthalten.
- Das richtige Waschen: Waschen Sie Ihre Haare öfter in der Woche, lohnt sich ein eher milderes Shampoo, damit die Kopfhaut nicht austrocknet. Waschen Sie nur einmal die Woche die Haare, ist ein mildes Shampoo nicht ratsam, da es den Schmutz nicht ausreichend entfernt. Es sei ebenfalls wichtig, das Shampoo immer gut auszuwaschen, damit keine fettenden Rückstände bleiben und die Poren verstopfen, so Finner.
- Das richtige Styling: Die Bürste oder der Kamm sollte weite abgerundete Zinken haben. Wildschweinborsten würden zwar oft für eine Glättung der Haare empfohlen, seien aber langfristig kontraproduktiv. Durch die engen Borsten werde dem Haar die äußere Schuppenschicht abgerubbelt. Auf Dauer führt dies zu Haarbruch, da die Schutzhülle fehlt, erklärt Finner.
Gleiches gilt für das Trockenrubbeln oder Toupieren der Haare. Das Aneinanderreiben raut die Haare auf – sie werden spröde oder brüchig. Lufttrocknen ist die beste Alternative. Möchte man seine Haare aber doch schnell trocknen, sollte der Föhn auf einer geringen Hitzestufe stehen. Auch das Glätteisen sollten Sie schonend verwenden. Hitzeschutzsprays sind ratsam, damit die Schutzschicht des Haars erhalten bleibt. Achten Sie auch hier auf die Silikone. - Die richtige Pflege: Sanfte Kopfmassagen regen die Durchblutung an und sorgen so kurzfristig für eine bessere Nährstoffabgabe. Auch nachts können Sie vorsorgen: Ein Kissen mit Satinbezug und locker zusammengesteckte Haare verhindern, dass die Haare aufrauen und stumpf aussehen.
Möchten Sie Haarausfall zielgerichtet entgegenwirken, kann nur der Arzt eine eindeutige Diagnose stellen. Handelt es sich dann um einen diffusen Haarausfall, der durch bestimmte geänderte Lebensumstände entstanden ist, lässt sich an den entsprechenden Schrauben drehen. Der Haarzyklus kann dann wieder ins Gleichgewicht kommen.
Bei spröden, brüchigen Haaren hilft es, die Pflege genauer unter die Lupe zu nehmen. Wo wird dem Haar ungewollt doch mehr Schaden zugefügt, als nötig? Und bei beiden Problemen, dem diffusem Haarausfall und dem Haarbruch hilft es, mögliche Mangelerscheinungen auszugleichen, um die Grundversorgung der Haare von innen zu stärken.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Interviewpartner: Dr. Andreas Finner, Hautarzt und Spezialist für Haarausfall und Haartransplantation in der Trichomedpraxis Berlin
- Wie sind Haare aufgebaut und wie wachsen sie? Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 24. April 2019)