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Welche Corona-Szenarien im Winter möglich sind


Wieder strengere Maßnahmen?
Fachleute rechnen mit neuer Corona-Welle im Winter

Von dpa
Aktualisiert am 31.10.2022Lesedauer: 3 Min.
Pflegepersonal auf einer Intensivstation (Symbolbild): In den Kliniken bereitet man sich bereits auf mögliche weitere Corona-Wellen im Winter vor.Vergrößern des Bildes
Personal auf einer Intensivstation (Symbolbild): Die Kliniken bereiten sich auf mögliche neue Corona-Wellen vor. (Quelle: xcitepress/imago-images-bilder)

Droht eine weitere heftige Corona-Welle durch neue Varianten? Wie gefährlich kann das werden? Was uns im Winter erwarten könnte, haben Forscher analysiert.

Bloß nicht zu viele Kontakte, Silvester ohne Party, Corona-Tristesse im Winter: Eine Wiederholung der Vorjahre stellt sich für die nächsten Monate in Deutschland sicher kaum jemand gerne vor. Und tatsächlich betrachten die meisten Forscher das Aufkommen einer neuen, gefährlicheren Corona-Variante momentan als einen Fall, auf den man zwar vorbereitet sein will, den sie aber nicht für besonders wahrscheinlich halten. Ein Ausblick auf die Wintermonate.

Bessere Immunität als in den Vorjahren

Immunität: Die Ausgangslage scheint weitaus besser zu sein als noch vor ein oder zwei Jahren. Fachleute erwarten in der Bevölkerung in Deutschland nun einen hohen Schutz vor schweren Verläufen. Der Großteil weist laut Untersuchungen Antikörper auf, die auf eine durchgemachte Corona-Infektion und/oder Impfung hindeuten.

Das heißt aber nicht, dass sich keiner mehr ansteckt. Der mit der Zeit wieder nachlassende Schutz vor einer Infektion ist für den Modellierer Kai Nagel (TU Berlin) ein wichtigerer Faktor für neue Wellen als die Saison.

Nicht die letzte Corona-Welle

Das Robert Koch-Institut (RKI) teilt den Pandemieverlauf rückwirkend in Wellen ein. Die sechste begann laut einem RKI-Papier im Juni, Ende bisher offen. "Ich gehe nicht davon aus, dass die jetzige – anscheinend leicht abflauende Welle – schon die letzte in diesem Herbst/Winter ist", sagt der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb.

Weitere Omikron-Varianten wahrscheinlich

Welche Erreger in nächster Zeit dominierend werden, scheint seit Kurzem etwas klarer zu sein: Die europäische Seuchenschutzbehörde ECDC rechnet mit steigenden Fallzahlen durch den Omikron-Abkömmling BQ.1 und dessen Sublinie BQ.1.1. Daneben beobachtet die Weltgesundheitsorganisation weitere Omikron-Sublinien.

Umgehung des Immunschutzes nicht ausgeschlossen

Szenarien: In Winter-Szenarien, die mehrere Gruppen von Modellierern kürzlich gemeinsam veröffentlichten, bleibt eine weitere Welle auch dann nicht aus, wenn sich keine neue Variante durchsetzt. Deutlicher fällt sie demnach aus, wenn eine neue, besser übertragbare Variante auftritt.

Nicht ausgeschlossen wird zudem ein pessimistisches Szenario, in dem eine neue Variante den bisherigen Immunschutz umgeht und wieder schwerere Verläufe hervorruft. Dann könnten die bisher erreichten Spitzenwerte der Krankenhausbelastung deutlich überschritten werden, hieß es. Für eine höhere Krankheitsschwere gibt es laut ECDC bei BQ.1 und BQ.1.1 aber bisher keine Hinweise.

Verhalten: Übergang in die "aufmerksame Routine"

Es müsse jetzt einen geordneten Übergang in so etwas wie eine "aufmerksame Routine" geben, meint Epidemiologe Zeeb: Bürgerinnen und Bürger sollten alles tun, was sinnvoll und machbar ist, um Corona möglichst unter Kontrolle zu halten.

Das heißt auch: Ältere und Risikopatienten sollten sich die empfohlenen Auffrischimpfungen geben lassen. "Hier spielt sich der besonders gefährliche Teil der Pandemie weiterhin ab, und steigende Sterbezahlen sollten wir wirklich in der Lage sein zu verhindern."

Für Kai Nagel sind Pläne für Weihnachten und Silvester eine Frage der persönlichen Risikoabwägung: "Man muss sich entscheiden, ob man die Gefahr einer Ansteckung, etwa bei einer größeren Familienfeier, eingehen will."

Gefährdete Gruppen: Mangelnder Schutz im Pflegebereich

Noch immer sehen Patientenschützer eklatante Mängel beim Schutz wirklich gefährdeter Gruppen. "Die Situation für Menschen, die sich in der stationären und ambulanten Altenpflege nicht selbst schützen können, ist nach wie vor verheerend", sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Bund und Länder unternähmen bei dem Thema präventiv nicht genug.

Brysch hält in der Altenpflege ein bundesweites Testregime für angebracht, um Virus-Einschleppungen durch Personal und Besucher zu vermeiden. Bei Ausbrüchen in Heimen brauche es externe Pflegeteams zur Unterstützung und Ausweichquartiere für Nicht-Infizierte. "Wir müssen bei der Pandemiebekämpfung nicht alles tun, sondern das Richtige."

Mögliche Maßnahmen

Momentan wird vor allem über eine Maskenpflicht in Innenräumen diskutiert. Sollte aber das oben genannte pessimistische Szenario oder eine Variation davon eintreten, wäre gemäß einer Simulation des Teams von Kai Nagel "eine starke Verhaltensänderung der Bevölkerung oder ein erneutes Einführen von strengeren Maßnahmen notwendig", um den Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu verhindern.

Um die Klinikbelastung zu begrenzen, wird in dem Fall Folgendes als erfolgversprechend genannt: Homeoffice-Quote von 50 Prozent, FFP2-Maskenpflicht für Arbeit in Innenräumen sowie um die Hälfte reduzierte Freizeitaktivitäten im öffentlichen und privaten Raum, also etwa von Restaurantbesuchen und privaten Treffen. Davon profitiert im Modell der Schul- und Uni-Betrieb, der nicht eingeschränkt werden müsste.

Krankenhäuser unter Druck

Schon nach dem bisherigen Fallzahlenanstieg sprach sich etwa die Universitätsklinik Charité in Berlin für stärkeren Infektionsschutz mit der Maskenpflicht in Innenräumen aus. Hajo Zeeb rechnet für den Winter damit, "dass unsere Versorgungseinrichtungen unter mehr oder weniger permanentem Druck stehen werden, auch mit eigenem erkranktem Personal".

Mediziner äußerten Schätzungen, wonach sich in ihren Häusern ein Viertel bis ein Drittel des Personals im Lauf von Herbst und Winter mit Corona anstecken dürfte.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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