Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Neue Corona-Regeln Das wird sich rächen
Die Bundesregierung hat ihr Corona-Konzept für den Herbst beschlossen. Doch wer glaubt, die Bürger damit bei der Stange zu halten, dürfte enttäuscht werden.
Kaum jemand mag sich noch mit Corona beschäftigen. Allerdings ist das dem Virus egal. Und das sollte der Politik, und vor allem dem Bundesgesundheitsminister, jederzeit bewusst sein. Weiterhin gilt, was seit Beginn der Pandemie galt: Es braucht eine klare Kommunikation. Dazu, welche Szenarien uns erwarten könnten, welche Reaktion bei den unterschiedlichen Szenarien sinnvoll ist, wo die Grenzen der Vorhersagbarkeit sind.
Natürlich kennt nicht jeder alle Sub-Subtypen der x-ten Variante – und nicht jeder versteht, warum sich bestimmte neue Virus-Mutanten durchsetzen. Die Erklärung ist trotzdem wichtig, weil sie unseren Alltag mitbestimmt: Neue Varianten behaupten sich dann, wenn es ihnen gelingt, unsere mühsam errungene wichtigste Schutzmaßnahme – die Impfung – erfolgreich zu unterlaufen. Schützen die Impfstoffe nicht mehr gut vor Ansteckung und Weitergabe des Virus, werden andere Schutzmaßnahmen wie die Maske wieder umso wichtiger.
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Menschen tun das, was der Staat vorschreibt, wenn es sinnvoll ist
Menschen tun das, was der Staat ihnen vorschreibt. Und vorgegebene Regeln werden aufgestellt, weil sie für den Einzelnen sowie für das Funktionieren der Gemeinschaft sinnvoll sind. Beispiel Autofahren: Die Regeln geben vor, dass wir bei Grün über die Ampel fahren, einen Sicherheitsgurt anlegen und nicht vor Feuerwehrzufahrten parken. Das ist für die individuelle Sicherheit und für einen einigermaßen sicheren und funktionierenden Verkehrsfluss wichtig.
An diesem Exempel zeigt sich: Der Staat hat eine besondere Verantwortung. Die Regierung muss lenken, Eventualitäten einkalkulieren, möglichst klar kommunizieren, warum bestimmte Regeln und Vorgaben uns allen dienen.
Beim Thema Corona allerdings erleben wir ein heilloses Kommunikationschaos. Gesundheitsminister Karl Lauterbach verstrickt sich in selbst für Fachleute nicht mehr nachvollziehbare Aussagen, die er teilweise einige Tage später wieder revidiert.
Was die Regierung vorlegt, wird von den Bürgern nicht verstanden
Dieses Verhalten spiegelt sich auch in Lauterbachs Corona-Konzept für den Herbst. Natürlich ist jede versuchte Vorhersage für die nächsten Monate ein Blick in die Glaskugel. Niemand kann sicher wissen, welche Corona-Variante uns als Nächstes heimsucht, wie gefährlich sie wird, wie schnell die Impfstoffe darauf angepasst werden können. Im besten Fall bleibt uns die Omikron-Variante BA.5 erhalten. Sie lässt sich von allen bisherigen Corona-Varianten mit unserem erreichten Immunstatus am besten aushalten. Doch dass es im Herbst und Winter bei dieser Variante bleibt, ist eben nicht sicher.
Bei allen Unwägbarkeiten wird doch eines deutlich: Was die Regierung jetzt vorlegt, wird von den Bürgern nicht verstanden. Das Regelchaos bleibt. Es wurden keine Grenzwerte etwa für die Inzidenz oder die Bettenauslastung in den Kliniken festgelegt, ab denen bestimmte Corona-Maßnahmen in Kraft treten. Der Herbstplan ist schlicht ein Minimalkonsens mit der kleinsten (!) Regierungspartei – der FDP. Sie appelliert gern an die Eigenverantwortung. Allerdings: Nach dieser Logik bräuchten wir auch keine Ampeln im Straßenverkehr.
Und der Bund gibt die Verantwortung an die Länder ab: Jeder kann individuell Maßnahmen ergreifen, wenn er sie für nötig hält. Doch ab wann sind mehr Einschränkungen nötig? Das bleibt Auslegungssache.
Der Flickenteppich kehrt zurück
Den drohenden Flickenteppich an unterschiedlichen Regeln haben wir schon in den absurdesten Ausprägungen erlebt: Während ein Bundesland die Baumärkte offen hält, müssen sie bei den Nachbarn schließen. Dieses Schwarzer-Peter-Spiel könnte im Herbst wiederkehren, etwa beim Thema Maskenpflicht in Geschäften und Gastronomie. Das Virus aber kennt keine Bundesländergrenzen. Und die Bürger steigen bei dieser Argumentation aus – und ignorieren im schlimmsten Fall trotzig sämtliche Regeln.
Nicht gerade ein Ansporn sind auch Regierungsflüge nach Kanada, bei denen an Board keine Maske getragen wird. "Die da oben halten sich ja auch nicht dran", heißt es dann schnell. Dass alle im Flugzeug vorab einen PCR-Test gemacht hatten, kommt erst nachträglich heraus und erreicht Teile der Bevölkerung gar nicht mehr.
Dass immer mehr Menschen beim Thema Corona aussteigen – einem Krankheitserreger, der für viele immer noch den Tod bedeuten kann – ist ein schlimmes Szenario. Doch genau das fördert das nun beschlossene Konzept für den Herbst.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.