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HomeGesundheitYael Adler: Gesundheit!

Geschmackssinn im Alter: Warum Männer mehr Salz wollen


Genuss-Geheimnis
Auf den Geschmack kommt es an

MeinungEine Kolumne von Dr. med. Yael Adler

06.07.2024Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Pasta: Aufgewärmte Nudeln können auch gut schmecken.Vergrößern des Bildes
Für die Sinne: Geruchs- und Geschmacksempfinden sorgen für Genuss beim Essen. (Quelle: Drazen Zigic/getty-images-bilder)

Mit den Jahren nimmt nicht nur unsere Sehkraft ab, sondern auch die Geschmackswahrnehmung. Warum vor allem Männer im Alter mehr Salz benutzen und was das Schmecken beeinflusst.

Geschmackliche oder gustatorische (von lateinisch gustare – kosten, schmecken) Wahrnehmung bringt die Empfindung von fünf Geschmacksrichtungen auf den Punkt: süß, sauer, salzig, bitter und umami. Umami ist ein Begriff, der aus dem Japanischen stammt, in etwa mit "herzhaft-würzig" übersetzt werden kann und sich eher auf die Intensität des Geschmacksempfindens bezieht. Die Richtung "scharf", die manchmal auch mit ins Spiel kommt, ist allerdings keine Geschmackskategorie, es handelt sich hierbei eher um ein Schmerzsignal unserer Nerven, die ja auch Temperatur- und Tastempfindungen weitermelden. Jeder, der beim Würzen mal zu viel Chili beigesteuert hat, kann es bestätigen.

Yael Adler
(Quelle: Markus Höhn)

Zur Person

Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Seit 2007 praktiziert sie in ihrer eigenen Praxis in Berlin. Ihr Talent, komplexe medizinische Sachverhalte anschaulich und unterhaltsam zu vermitteln, stellt sie seit Jahren in Vorträgen, Veranstaltungsmoderationen und den Medien unter Beweis. Über Prävention und Therapien spricht sie regelmäßig in ihrem Podcast "Ist das noch gesund?". Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die leidenschaftliche Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen.

Verantwortlich dafür, dass wir verschiedene Geschmacksrichtungen wahrnehmen, sind die Geschmacksknospen oder Schmeckknospen. Das sind zwiebelförmige Strukturen in unserer Mundschleimhaut, die aus bis zu fünfzig Sinneszellen bestehen, die ihrerseits wiederum mit vielen Geschmacksnerven verbunden sind.

Das Dumme ist nur, dass sie im Laufe unseres Lebens stetig abnehmen: Kann sich ein Säugling noch an rund 10.000 Geschmacksknospen freuen, verringert sich deren Zahl im Erwachsenenalter um die Hälfte und kann sogar bis auf 900 absinken.

Senioren lieben Süßes und Salziges

Untersuchungen zeigen, dass mit zunehmendem Alter vor allem die Empfindung für salzigen Geschmack nachlässt und dass davon besonders Männer betroffen sind. Sie benötigen eine doppelt so hohe Konzentration an Salz in wässriger Lösung beim Herausschmecken im Vergleich zu gleichaltrigen Frauen. Keine gute Nachricht, wenn man sich mit zunehmendem Alter auf salzarme Kost konzentrieren will. Junge Erwachsene nehmen den Salzgeschmack hingegen schon bei etwa einem Drittel der Menge wahr, was sie leider nicht daran hindert, durchaus raue Mengen zu konsumieren und sich anderweitig ungesund zu ernähren.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit reduziert sich aber auch das Geschmacksempfinden für saure und bittere Speisekomponenten. Dies könnte erklären, warum Senioren so gerne zu süßen und salzigen Speisen greifen. Hier liegt der Grund ebenfalls darin, dass der Alterungsprozess nicht nur die Geschmacksempfangsstellen vor Ort mindert, sondern auch die Weiterleitung der Information und/oder deren Verarbeitung im Gehirn reduziert ist.

Auch Blutdruckmedikamente können den Geschmackssinn beeinträchtigen. Und weil die Geschmacksknospen für die oben genannten Geschmacksrichtungen sich auf der Zunge befinden, wirken schlecht sitzende Zahnprothesen und mangelnde Zahngesundheit zusätzlich als Spielverderber.

Die Nase isst mit

Geschmack ist aber letztlich viel mehr als nur das, was bei den Knospen auf der Zunge wahrgenommen wird, nämlich ein ganzes Bündel an Sinneseindrücken, bei denen auch der Geruch und damit unser Riechorgan zum Einsatz kommt. Ein leckeres Essen oder einen guten Wein "schmecken" wir zunächst mit der Nase. Da duftet ein Braten (für Veganer ersatzweise ein gebratenes Tofuschnitzel), der uns das Wasser schon im Mund zusammenlaufen lässt, noch ehe wir einen Bissen davon probiert haben. Und dass auch das Auge mitisst, darf inzwischen als sprichwörtlich bekannt gelten.

Die Riechschleimhaut unserer Nase besteht aus verschiedenen Zelltypen, die rund 10.000 verschiedene Gerüche wahrnehmen, unterscheiden und auch nach langer Zeit noch erinnern können. Jeder von uns kennt bestimmte Gerüche, die wohlig an die Kindheit erinnern oder sofort eine abwehrende Ekelreaktion hervorrufen. Kein Wunder, denn Gerüche sind direkt mit dem emotionalen Zentrum unseres Gehirns verbunden. Ist unser Geruchssinn beeinträchtigt, etwa weil wir einen dicken Schnupfen oder Covid haben, leidet auch der Geschmackssinn.

Im Alter kommt hinzu, dass sich die Riechzellen langsamer erneuern. Das Nachlassen sowohl des Riech- als auch des Geschmackssinns führt dazu, dass die Betroffenen Essen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt genießen können: Alles schmeckt plötzlich fad oder irgendwie anders, selbst das Lieblingsessen. Gerade in höherem Alter kann das fatale Folgen haben. Lustlos auf dem Teller herumstochernde Senioren müssen also nicht immer ein Signal für miese Speisen aus der Küche sein …

Lieber selber kochen

Grund genug, sich darüber Gedanken zu machen, wie die eigene Geschmackssensibilität pfleglich bewahrt werden kann: Achten Sie also in jeder Lebensphase auf eine Vielfalt der Lebensmittel, die Sie zu sich nehmen, damit es nicht zu einer zu einseitigen oder zu salzhaltigen Kost kommt, was nicht gesundheitsförderlich wäre.

Auch wenn Sie mittlerweile feste Koch- und Genussgewohnheiten haben, bleiben Sie offen und experimentieren Sie weiter mit Gewürzen! Vielleicht entdecken Sie auf diese Weise ein Pulver oder Kraut, das Ihren Geschmackszwiebelchen (wieder) Freudentränen in die Knospen treibt. Wichtiges Thema: Kochen Sie nach Möglichkeit selbst. Sie behalten den Überblick über die Zutaten, und Fett und Zucker laufen nicht als blinde Passagiere mit. Ist Ihr Essen dann doch einmal verwürzt und wenig schmackhaft, wissen Sie selbst am besten, woran es gelegen hat. Das sinnliche Erleben von selbst Gekochtem kann helfen, sich dem Geschmacksverlust im Alter tapfer entgegenzustemmen.

Langsames Kauen hilft

Lässt Ihr Appetit dann aber doch irgendwann nach, können andere Sinneseindrücke Anreize zum Essen schaffen. So banal es klingt: Manchmal helfen ein besonders knackiges Brötchen, ein einladend angerichteter Teller oder auch leise Musik beim Essen.

Nach wie vor gilt: Handy und Fernseher sollten beim Essen ausgeschaltet sein; sie lenken die Aufmerksamkeit weg vom Teller und der Nahrungsaufnahme. Übrigens lassen einen die eigenen Knuspergeräusche das Essen besser wahrnehmen und sorgen für ein schnelleres Sättigungsgefühl – genau wie das seit Langem empfohlene langsame und bedächtige Kauen. Gerade bei Übergewicht können dies hilfreiche kleine Maßnahmen sein.

Bleiben Sie weiterhin geschmacksorientiert und kommen Sie gesund durch die Zeit!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
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