Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Was dahintersteckt, was hilft Wie Sie dem Haarausfall den Kampf ansagen
Haarausfall – ein großer Teil der Bevölkerung ist davon betroffen. Wie Sie vorbeugen können und was dagegen hilft, weiß unsere Kolumnistin.
Wir setzen sie der prallen Sonne aus, dramatischen Wolkenbrüchen, oder wir lassen sie unter einem drückenden Hut oder einer schwitzigen Mütze schön vor sich hin köcheln. Dabei sind sie ziemlich empfindlich und reagieren eingeschnappt auf alle möglichen Faktoren: unsere Haare. Schon Zigarettenrauchen kann zu Haarwurzelschäden, Haarausfall und Entzündungen führen. Immerhin dampfen uns da mehr als 5.000 giftige Chemikalien und Schwermetalle und das radioaktive Polonium entgegen. Das wachstumsfördernde Hormon Östrogen wird blockiert, und die Durchblutung der Haarwurzel gebremst.
Die Ursachen für Haarausfall sind vielfältig
70 Prozent der Männer und 40 Prozent der Frauen sind vorübergehend oder dauerhaft von Haarausfall betroffen. Bei Frauen verändert sich ab der Menopause die Hormonzusammensetzung: Es kann kurz zur Vorherrschaft männlicher Hormone kommen, wenn sich die weiblichen Hormone langsam verabschiedet haben. Dann schrumpfen manchmal die Haarfollikel, das Haar wird feiner, weniger dicht und lebt kürzer. Männer werden durch die Wirkung des Testosterons beziehungsweise seiner zehnfach stärkeren Version Dihydrotestosteron an den Haarwurzeln vom Haarausfall ereilt. Sie bilden Geheimratsecken, die Tonsur oder auch eine Festplatte – die Glatze.
Zur Person
Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Seit 2007 praktiziert sie in ihrer eigenen Praxis in Berlin. Ihr Talent, komplexe medizinische Sachverhalte anschaulich und unterhaltsam zu vermitteln, stellt sie seit Jahren in Vorträgen, Veranstaltungsmoderationen und den Medien unter Beweis. Über Prävention und Therapien spricht sie regelmäßig in ihrem Podcast "Ist das noch gesund?". Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die leidenschaftliche Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen.
Medikamente, die manche Menschen im Laufe des Lebens einnehmen müssen, wie das Gichtmittel Allopurinol, einige Blutdrucksenker, Fettsenker oder Blutverdünner oder eine nicht immer passende Hormontherapie, dünnen das Haar ebenfalls aus. Auch straffe Zopffrisuren und ein strenger Dutt malträtieren die Haarfollikel. Stress, Infektionen, Operationen und Fieber führen zeitversetzt nach zwei bis drei Monaten ebenfalls zu vorübergehendem Haarausfall.
Bei den Männern wird es mit steigendem Alter obenrum kahl, während der Bart sich imposant verstärkt – früher ein Vorteil für erfahrene, vielleicht nicht mehr ganz junge Krieger: Keiner konnte sie mehr am Schopf packen, ihr Kinn aber wirkte dafür gefährlich dominant. Frauen neigen oft bereits ab 40 durch neue Empfangsstellen (Rezeptoren) für Testosteron (auch wenn es nur kleine Mengen sind) an den Haarwurzeln zum Damenbart, insbesondere am Kinn. Frauen in den besten Jahren haben daher die Pinzette immer in der Handtasche.
Gegen graues Haar hilft kein Mittelchen – außer Färben
Stress erreicht über die Nervenfasern auch Haarwurzeln und pigmentbildende Zellen. Das Haar ergraut, weil in den Haarwurzeln zu viel des Bleichmittels H2O2 gebildet wird. Ergrauendes Haar ist nicht mehr in der Lage, das Wasserstoffperoxid rechtzeitig abzubauen. Das attackiert das Melanin (Pigmente) produzierende Enzym. Die Melaninproduktion nimmt ab, das Haar verliert Farbe. Statt Farbpartikeln lagern sich im Haar Luftbläschen ein, und es erscheint optisch weiß.
Vollständig ist die Ursache des Ergrauens nicht geklärt. Ein vorzeitiges Ergrauen kann als Erbkrankheit auftreten oder bei der Alterungsstörung Progerie auftreten. Ein Zusammenhang mit Allergieveranlagung und Autoimmunkrankheiten ist beschrieben. Aber auch oxidativer Stress in der Haarwurzel durch normale Stoffwechselvorgänge kann eine Rolle spielen – verstärkt durch UV- Strahlen, Umweltverschmutzung, seelischen Stress oder Entzündungen.
Eine Therapie gegen solche Misslichkeiten gibt es bisher nicht. Also färben oder geschehen lassen.
Haarwuchsmittel: Diese Optionen haben Sie
Minoxidil (5 Prozent)- Lösung oder -Schaum (Frauen tragen es einmal, Männer zweimal täglich auf) verlängert die Wachstumsphase des Haares und verbessert die Haarwurzeldurchblutung, muss aber mindestens ein Jahr lang angewandt werden – je nach Diagnose auch dauerhaft. Nach den ersten acht Wochen kann es gefühlt zu mehr Haarausfall kommen, da die alten Haare von den neuen in der Tiefe des Haarkanals nachwachsenden erst mal heraus geschubst werden. Nach drei bis vier Monaten sieht man dann endlich die neuen Haare hervorstehen.
Eine Melatonin-Lösung zum Auftragen hat antientzündliche Effekte, fängt freie Radikale im Bereich der Haarwurzel ab und verjüngt sie. Östrogenlösungen hingegen haben einen eher schwächeren Effekt, hemmen aber die Umwandlung von Testosteron in das zehnfach stärkere Dihydrotestosteron ein wenig. Eine leider kostspielige, schmerzhafte und manchmal wirksame Prozedur: das Einspritzen von Wachstumsfaktoren aus in der Zentrifuge geschleudertem Eigenblut in die Kopfhaut (PRP, blutplättchenreiches Plasma).
Zwei weitere Mittel: Finasterid und Dutasterid. Sie wurden ursprünglich nicht gegen Haarausfall erfunden, sondern sollen eigentlich bewirken, dass die Prostata schrumpft. Manche Männer nutzen es in niedriger Dosis dauerhaft als Tablette für mehr Haarwuchs und vertragen es gut. Es gibt jedoch Risiken für Libidoverlust, Erektionsstörungen, Brustwachstum, kognitive Störungen oder Depressionen. Auch nach dem Absetzen klingt das nicht immer ab. Neuerdings gibt es auch Finasterid-Haarwasser in alkoholischer Lösung mit Rückfettern gegen Austrocknung, manchmal gemischt mit Minoxidil und Koffein. Jedoch sind auch hier Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen. Für Frauen ist das fruchtschädigend, daher – wenn überhaupt – erst ab der Menopause einsetzbar.
Die Antibabypille oder eine Tablette mit antiandrogen (antimännlich) wirkendem Gelbkörperhormon kann Frauen helfen, ihren Überschuss an männlichen Hormonen oder ihre Überempfindlichkeit darauf zu neutralisieren. Dazu gehören: Drospirenon, Dienogest, Chlormadinon-Acetat, Cyproteron-Acetat, Nomegestrol-Acetat und Spironolacton, eigentlich eine Entwässerungstablette.
Eine Haartransplantation ist für viele Männer eine interessante Option, viele fliegen dazu extra in die Türkei: Der Haarkranz am Hinterkopf ist weniger testosteronsensibel und kann daher zur Ernte von Haarbüscheln dienen, die man samt ihrer Wurzeln in die kahlen Flächen in kleine Haut-Bohrlöcher einsetzt wie Setzlinge.
So halten Sie Ihre Haare fit
Haare freuen sich über eine gut funktionierende Schilddrüse, einen vollen Eisenspeicher und viele Mikronährstoffe, die sie stärken – inklusive Eiweiß und schwefelhaltige Aminosäuren, L-Methionin und L-Cystein. Lassen Sie Ihr Blut checken oder nutzen Sie Haarwuchs unterstützende Zusätze über eine begrenzte Zeit in Kurform mit später niedriger Erhaltungsdosis (gerne mit dem Arzt bereden): Silizium, Zink, Selen, Omega-3-Fettsäuren, Eisen, B-Vitamine inklusive Biotin, (Pro-)Vitamin A, C, Vitamin D3, Vitamin E.
Hungrige Haarwurzeln besser zu versorgen, hilft sogar bei erblich bedingtem Haarausfall. Es ist auch durchaus sinnvoll, den Spiegel der Sexualhormone prüfen zu lassen, außerdem die des Stresshormons Cortisol und des Hirnanhangsdrüsen-Hormons Prolaktin. Eine Dysbalance dieser Hormone im Laufe des Lebens oder ein altersbedingter Abfall des Östrogens dünnen die Haarpracht aus.
Die Aminosäure Arginin kann die Haarwurzeldurchblutung verbessern, da sie gefäßerweiternd wirkt. Damit kann man sich das schwächer wirkende Koffein-Shampoo sparen. Verzichten Sie auf kosmetische Mittel, lassen Sie besser zügig ärztlich prüfen, ob der Haarausfall vernarbend ist oder nicht, autoimmun, infektiös, vererbt oder diffus …
Warten Sie nicht zu lang und handeln Sie, wenn es haarig wird, denn Zeit ist Haar … Kommen Sie gesund durch die Zeit!
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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