ARD-Spielfilm "Keine Zeit für Träume" "Das ist nur eine Phase": Eltern lehnen Psychopharmaka bei ADS ab
Die elfjährige Merle (Greta Bohacek), Tochter einer gutbürgerlichen, behütenden Patchworkfamilie, scheint Tagträumerin zu sein. Lange blickt das hoch intelligente Mädchen in Bäume und in den Himmel, freut sich über das Rieseln des Herbstlaubs. Doch auf dem Gymnasium weiß es nicht, wo sein Geodreieck liegt und kann sich nicht auf die Mathematikaufgaben konzentrieren. Dem umstrittenen Thema ADS widmet die ARD am 12. März um 20.15 Uhr den Film "Keine Zeit für Träume". Der Spielfilm leistet realitätsnahe Aufklärungsarbeit, ohne sich der öffentlichen Meinung anzubiedern.
"Nehmen Sie Merle von der Schule", empfiehlt der Klassenlehrer (Thomas Bading) den Eltern (Anne Kim Sarnau, Harald Schrott). Ein Arztbesuch bringt es dann an den Tag: "Merle hat ADS - das so genannte Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom", erläutert die Kinderpsychologin.
Was hinter der Krankheit ADS steckt
An der psychischen Störung sollen in Deutschland - oft ohne es zu wissen - geschätzte zwei Millionen Menschen leiden. Ihr Problem: Sie sind extrem aufmerksamkeitsfähig, können die ganzen Informationen aber nicht verarbeiten. Eine Gehirnunterversorgung mit Dopamin führt bei den Kindern dazu, dass Eindrücke nicht ausreichend gefiltert werden. Neue Gedanken werden dadurch nicht zurückgehalten, was dazu führt, dass begonnene Gedankengänge oft nicht zu Ende gedacht werden. Konzentrationsprobleme und die fehlende Fähigkeit Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, sind die logische Folge.
Eltern lehnen Psychopharmaka ab: "nur eine Phase"
Mit der Diagnose erhalten im Spielfilm "Keine Zeit für Träume" die Fernseheltern von der Ärztin die Empfehlung zur Behandlung: Ein Mix aus Medikamenten, Psychotherapie und Elternbetreuung sollte es sein. Doch Kathrin und Roman Falk, aufgeklärte, zeitgemäß informierte selbstständige Akademiker, stemmen sich gegen Psychopharmaka. Vater Roman leugnet ohnehin, dass seine Tochter krank ist - das sei "nur eine Phase".
So aktivieren beide Oma Hedy (Petra Kelling), teilen sich ihre berufliche Arbeit neu auf und nutzen jede freie Minute, um ihr Kind zu unterstützen. Doch das gewünschte Ergebnis tritt nicht ein, Merles schulische Leistungen werden nicht besser. Stattdessen kommt es bei den überforderten Eltern zu dramatischen Krisen. Bei alledem fühlt sich die pubertierende Tochter Lea (Stella Kunkat) vernachlässigt. Sie reagiert aggressiv und kommt eines Tages nicht mehr nach Hause.
Umgang mit ADS und ADHS steht in der Kritik
Tatsächlich ist die oft schnelle Verabreichung von Medikamenten bei ADS oder der verwandten Erkrankung ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) ein wesentlicher Kritikpunkt in der öffentlichen Diskussion. Viele Eltern fürchten, dass sich das Wesen ihrer Kinder durch die Psychopharmaka grundsätzlich verändert oder Suchtgefahr besteht. Forschungsergebnisse belegen allerdings, dass eine richtig dosierte Behandlung in der Regel zu keiner Abhängigkeit führt. Allerdings liegen hierzu auch keine Langzeitstudien vor.
Doch auch Experten vertreten die Ansicht, dass in zu vielen Fällen heutzutage ADS oder ADHS diagnostiziert wird: Zwar gebe es Leitlinien und Standards zur Diagnose, diese würden aber nicht von allen Ärzten ausreichend angewandt. Dadurch würden einige wirklich Betroffene gar nicht als ADS/ADHS-krank identifiziert, vor allem käme es aber zu vielen Falsch-Positiv-Diagnosen und damit falschen beziehungsweise unnötigen Medikationen.
Spielfilm verdammt Medikamentenverschreibung bei ADS nicht pauschal
Es ist das Verdienst des Spielfilms, ADS in den Mittelpunkt zu stellen und Aufklärung zu leisten - auch darüber, dass Medikamente für Kinder bei so einem psychischen Leiden nicht pauschal zu verdammen sind: Nicht jedes Kind mit Aufmerksamkeitsstörung benötigt Medikamente. Oft ist eine medikamentöse Behandlung jedoch wichtig für den Erfolg weiterer Therapiemaßnahmen wie Verhaltenstherapien und kann neben den Kernsymptomen vor allem die Lebensqualität deutlich verbessern.
Ursachen von ADS kommen zu kurz
Sehr deutlich demonstriert das Drehbuch die unterschiedlichen Sichtweisen der Ärzte, der Eltern, der Großmutter, des Lehrers, der Freundin und der Kinder. Ebenso wie die professionellen und privaten Konsequenzen ihres Insistierens auf Eigentherapie bei Kathrin und Roman.
Zu wenig werden leider die Gründe der Krankheit thematisiert. Wer sich näher mit den Ursachen von ADS und ADHS befassen möchte, findet hier weitere Informationen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.