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Die letzten Eindrücke vor dem Tod: Was passiert, wenn wir sterben?


Die letzten Eindrücke vor dem Tod
Das passiert mit uns, wenn wir sterben

t-online, uw

Aktualisiert am 29.04.2024Lesedauer: 4 Min.
Eine Frau sitzt am Sterbebett ihres Mannes: Manche Menschen berichten von Nahtoderfahrungen. Doch mit welchen Eindrücken gehen wir in den Tod?Vergrößern des Bildes
Manche Menschen berichten von Nahtod-Erfahrungen. Doch mit welchen Eindrücken gehen wir in den Tod? (Quelle: KatarzynaBialasiewicz/getty-images-bilder)
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Die Atmung setzt aus, das Herz hört auf zu schlagen. Was uns in diesen letzten Augenblicken durch den Kopf geht, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen.

Die Frage, was nach dem Tod passiert, beschäftigt die Menschheit schon immer. Eine ganze Reihe von Menschen, die bereits klinisch tot waren, aber wiederbelebt werden konnten, haben geschildert, welche Eindrücke sie in diesem kritischen Moment hatten. Auffallend ist, dass sich diese Nahtod-Erlebnisse stark ähneln. Demnach haben sich viele der Patienten leicht und schmerzfrei oder gar euphorisch gefühlt, einige hatten sogar das Gefühl, ihren Körper verlassen zu haben.

Andere berichten, sie seien durch einen Tunnel gegangen, an dessen Ende ein helles Licht zu sehen gewesen sei. Manche sahen Szenen aus ihrem Leben wie in einem Film vorbeirauschen.

Was passiert, wenn ein Mensch stirbt

Wissenschaftler der New York University Langone School of Medicine haben erforscht, was geschieht, nachdem der Tod eingetreten ist, und ob das Bewusstsein auch nach dem Tod noch weiterarbeitet. Sie untersuchten über ein Jahrzehnt lang Patienten aus Europa und den USA, die an einem plötzlichen Herzstillstand gestorben waren. Anders als beim Herzinfarkt hört das Herz dabei sofort auf zu schlagen.

Dr. Sam Parnia, der Leiter der Studie, erklärte im US-amerikanischen Wissenschaftsmagazin "LiveScience", dass der Prozess, in dem alle Reflexe absterben, wie etwa der Würgereflex oder der Pupillenreflex, jedoch noch Stunden andauern kann, nachdem das Herz aufgehört hat zu schlagen, ebenso wie Gehirnzellen nach und nach absterben.

Das bedeutet: Das Bewusstsein arbeitet noch, wenn wir eigentlich schon tot sind. Der Körper ist also gewissermaßen vor dem Geist tot. "Falls es vergebliche Rettungsmaßnahmen gegeben hat, kann das kleine bisschen Blut, das das Hirn erreicht hat, den Zelltod verlangsamen", sagt Parnia.

Sterben ist ein Prozess

Sterben ist deshalb kein abruptes Ende, sondern ein Prozess, in dem der Körper verschiedene Phasen durchläuft, berichten Neurobiologen und Hirnforscher. Wenn das Herz aufgehört hat zu schlagen, bricht die Blutversorgung der Organe zusammen. Damit erhalten die Körperzellen keinen Sauerstoff sowie keine Nährstoffe und Zuckermoleküle mehr. Die Organe beginnen, nacheinander abzusterben.

In diesem Prozess spielt das Gehirn eine ganz besondere Rolle: Unser Denkapparat benötigt – vereinfacht gesagt – große Mengen an Sauerstoff und Zuckermolekülen, um einwandfrei arbeiten zu können. Seine Stoffwechselaktivität ist pro Volumen rund zehnmal höher als die des gesamten übrigen Körpers und bei starker Hirnaktivität steigt der Bedarf an Sauerstoff und Zucker sogar noch weiter an.

Die Großhirnrinde als Sitz des Bewusstseins benötigt dabei den größten Anteil an Energie. Wenn das Herz kein Blut mehr durch den Körper pumpt und dadurch die Versorgung des Gehirns zusammenbricht, so ist die Großhirnrinde davon zuerst betroffen. Das kann zu Bewusstseinsveränderungen, Halluzinationen oder sensorischen Ausfällen und schließlich zur Bewusstlosigkeit führen.

Unterversorgung ruft Halluzinationen hervor

Die Folgen für die einzelnen Hirnareale auf der Großhirnrinde sind gravierend. So ist der Scheitellappen für die Verortung unseres Körpers im Raum sowie für das Erleben einer engen Verbindung von Ich und Körper zuständig. Bei einer Verletzung oder Störung dieser Großhirnregion gerät unsere Eigenwahrnehmung ins Wanken – es kann sich zum Beispiel ein Schwebegefühl oder sogar ein "Out-of-Body"-Eindruck einstellen.

Auch eine Unterversorgung des unteren und inneren Temporallappens kann zu irrealen Sinneseindrücken führen: Der Patient sieht plötzlich Bilder, hört Geräusche oder gar Musik oder fühlt sich euphorisch.

Nahtod-Erfahrungen sind neurologisch erklärbar

Auf der Großhirnrinde liegt auch unser Erinnerungsspeicher. Der Hippocampus ist für die Einspeicherung und den Abruf der Eindrücke zuständig – und er reagiert besonders empfindlich auf Sauerstoffmangel. Eine Fehlfunktion kann dazu führen, dass eine Unmenge Erinnerungsbilder freigesetzt wird. Diese Bilderflut kann dann als eine Art "Film des eigenen Lebens" wahrgenommen werden.

Durch den Sauerstoffmangel im Gehirn kann es darüber hinaus zu einer Enthemmung in der Signalübertragung kommen. Sinneseindrücke können nicht mehr richtig verarbeitet werden. Beispiel Sehen: Die unkontrollierten Signale der Sehzellen interpretiert das Gehirn als weißen Fleck, und da sich nach Ausfall der Augenbewegungen die Zellen zum Zentrum des Gesichtsfeldes hin konzentrieren, sieht man einen weißen Kreis, der zur Mitte immer heller wird. Die Wahrnehmung des Tunnels bei manchen Nahtodpatienten ließe sich so erklären.

Großhirnrinde stirbt rasch ab

Sam Parnia erklärt in "LiveScience", dass Patienten, die als tot galten und wiederbelebt wurden, genau in der Lage waren zu beschreiben, was um sie herum passiert war. "Sie beschreiben, wie Ärzte und Pfleger arbeiteten. Sie beschreiben vollständige Gespräche und sind sich über visuelle Dinge im Klaren, über die sie sonst nicht hätten Bescheid wissen können", führt er im Wissenschaftsmagazin aus.

Wie man die Erfahrungen von Nahtodpatienten interpretiert, bleibt jedem selbst überlassen. Das neurobiologische Wissen um die Fehlleistungen des Gehirns bei Sauerstoffunterversorgung zeigt jedoch, dass uns das Gehirn in den letzten Momenten unseres Lebens durchaus einen Streich spielen kann.

Dann erklären Ärzte einen Menschen für tot

Letztlich ist Sterben ein individueller Prozess, der Zeitrahmen ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Wenn aber schließlich das Herz seine Tätigkeit eingestellt hat, kommt der Tod ziemlich rasch. Die Sauerstoffreserven des Gehirns sind minimal. Schon nach wenigen Minuten kommt es zu irreparablen Schädigungen, und die Großhirnrinde beginnt abzusterben, so Hirnforscher. Dann erlischt das Bewusstsein.

Wenn dann auch die Atmung und die unbewussten Reflexe nach und nach ausfallen, was in einer letzten standardisierten Untersuchung überprüft werden muss, erklären die Ärzte den Menschen für tot.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • considerable.com: "There may be a scientific explanation for 'near-death experiences'" (englisch)
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