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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Passende Stammzellen Spender gesucht: "Helft uns und unserem Hugo"
Der kleine Hugo hat Leukämie. Wie Tausende andere Menschen in Deutschland braucht der Junge dringend eine Stammzellenspende. Hier erfahren Sie, wer helfen kann.
"Als Mutter fängt man sofort an, zu funktionieren", sagt Sarah Radszuweit zu Beginn des Gesprächs. Deshalb erzählt die 35-Jährige auch wenig über ihre Gefühle in den letzten Jahren. Stattdessen reiht sie Zahlen und Daten aneinander.
Sie fängt an mit dem 1. September 2017. Da hat die Ahrenshooperin erfahren, dass hinter den blauen Flecken, die ihr kleiner Sohn am Körper hatte, eine tückische Krankheit steckt. Der eineinhalbjährige Hugo hatte Akute Lymphatische Leukämie (ALL).
40.000 Erkrankte jährlich in Deutschland
Radszuweit erzählt, wie es nach einer harten Chemotherapie so aussah, als wäre Hugo geheilt. Bluttests zeigten keine Anzeichen von Krebs. "Wir hatten seit Dezember ein wunderschönes Leben", erklärt die Mutter.
Dann spricht sie vom 16. Juli 2019. Da stand fest, dass der Krebs zurück ist und in Hugos kleinem Körper schlimmer wütet als zuvor. "Alle waren geschockt", erklärt Radszuweit und wirkt dabei immer noch überrascht. Niemand, auch nicht die Ärzte, hätten damit gerechnet, dass der Krebs bei Hugo wiederkommt.
In Deutschland erhalten jährlich rund 40.000 Menschen die Diagnose Blutkrebs oder anderer Erkrankungen des blutbildenden Systems. Für viele von ihnen ist, wie für Hugo, eine Stammzellen- oder Knochenmarkspende die letzte Überlebenschance.
Knochenmark- oder Stammzellenspende: Was ist der Unterschied?
Es gibt zwei Spendeverfahren: die periphere Stammzellspende und die Knochenmarkspende. Bei einer Stammzellenspende wird dem Spender über fünf Tage der Wachstumsfaktor G-CSF verabreicht, der auch natürlich im Körper vorhanden ist. Dieses Medikament steigert die Anzahl der Stammzellen im peripheren Blut. Über ein spezielles Verfahren, das etwa drei bis vier Stunden dauert, werden die Zellen aus dem Blut extrahiert. In seltenen Fällen ist eine zweite Entnahme am Folgetag notwendig. Bei der Einnahme von G-CSF können im Vorfeld grippeähnliche Symptome auftreten.
In der Öffentlichkeit wird öfter von einer Knochenmarkspende gesprochen – obwohl das Verfahren nur in etwa zwanzig Prozent der Spenden angewandt wird. Dabei wird dem Spender unter Vollnarkose Knochenmark aus dem Beckenkamm entnommen. Der Spender trägt die Risiken, die bei jeder Vollnarkose auftreten können. Außerdem kann um die Entnahmestelle ein lokaler Wundschmerz auftreten, ähnlich einer Prellung.
Warum die Suche nach einem Spender so schwierig ist
Wird dem Patienten dann die Spende injiziert, startet sein Immunsystem quasi neu: Der Körper bildet im besten Fall wieder gesunde Blutzellen.
Essenziell ist aber, dass die Gewebemerkmale zwischen Spender und Empfänger möglichst genau übereinstimmen. Doch wie findet man einen Menschen, dessen Gewebemerkmale zu denen eines anderen passen?
Nicht immer in der Familie: Nur in etwa einem Drittel der Fälle eignen sich Verwandte als Spender. "Dass zwei Menschen dieselben Gewebemerkmale haben, ist sehr selten", sagt Emrah Kilic, Pressesprecher der DKMS (ehemals Deutschen Knochenmarkspenderdatei).
Woran eine Spende scheitert
Mit rund neun Millionen registrierten Spendern weltweit ist die DKMS eine der größten Dateien weltweit und neun von zehn Patienten in Deutschland finden einen passenden Spender. "Das heißt aber auch, dass jeder zehnte keinen Spender findet", warnt Kilic. "Genau für die suchen wir weiter."
Das ist trotz der Millionen Registrierten nicht einfach. So fallen Personen ab dem 61. Lebensjahr aus dem Register. Es passiert auch, dass passende Spender ablehnen. Doch das "kommt glücklicherweise eher selten vor", erklärt Kilic. "Das größere Problem ist die Erreichbarkeit." So würden manche registrierte Spender Adress- oder Namensänderungen nicht an die Datei kommunizieren – und seien dann für Patienten in Not nicht erreichbar.
Was bei der Registrierung passiert
Die Aquisition von neuen Spendern ist aus diesen Gründen für die Spenderdatei wichtig. Neben der Zusendung von Registrierungssets, die über die Website der DKMS bestellt werden können, aquiriert die DKMS Spender auch über Aktionen, bei denen sich Interessierte vor Ort registrieren lassen können.
Auch für Hugo fand eine solche Veranstaltung am 11. August statt. In Ahrenshoop konnten gesunde Menschen zwischen 17 und 55 einen Abstrich ihrer Wangenschleimhaut mit Wattestäbchen durchführen lassen, Gesundheitsfragen beantworten und eine Einverständniserklärung unterzeichnen.
Die gesammelten Proben wurden dann an ein Labor in Dresden gesandt. "Durch ein hochwissenschaftliches Verfahren analysiert unser Labor die Gewebemerkmale des Spenders", erklärt Kilic. Das Ergebnis der Analyse wird in der Spenderdatei gespeichert und mit neuen Anfragen abgeglichen.
Dabei wird zuerst in Deutschland nach Spendern gesucht, aber auch ausländische Datenbanken werden kontaktiert. Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass Registrierte mit ihrer Spende Menschen im Ausland helfen. "Wir haben schon in 53 Länder Stammzellen vermittelt", sagt Kilic.
Nicht jeder kann spenden
Trotz der Notwendigkeit von neuen Registrierungen: Nicht jeder kommt als Spender infrage. Neben dem Alter – eine Registrierung ist zwischen 17 und 55 Jahren möglich – sind auch bestimmte chronische Erkrankungen, wie Stoffwechselstörungen, ein Ausschlusskriterium, genauso wie zu niedriges oder hohes Gewicht und die Einnahme bestimmter Medikamente.
"Auch wenn man nicht als Spender infrage kommt, kann man die DKMS unterstützen", betont Kilic aber. So finanziert sich die Datei als gemeinnützige Organisation unter anderem über Geldspenden. Die Registrierung ist für die Spender gratis, koste die Organisation aber rund 35 Euro. "Wenn sich bei einer Aktion 1.000 Menschen registrieren lassen, sind wir bei Kosten von 35.000 Euro", rechnet Kilic vor.
"Damals war Leukämie ein Todesurteil"
Außerdem sei es wichtig, "dass man das Thema Stammzellenspende weiter trägt". Denn die Spendensituation sei in Deutschland vor allem deshalb so gut, weil das Thema in der Öffentlichkeit präsent sei. "Bevor es die DKMS gab, war die Situation ganz anders. 1991 waren gerade mal 3.000 Menschen registriert", erzählt Kilic, "Damals war Leukämie ein Todesurteil."
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Über diese Möglichkeit, dass kein Spender für Hugo gefunden wird, spricht Sarah Radszuweit nicht. "Es führt kein Weg an einer Spende vorbei", sagt sie knapp. Ganz am Ende des Gesprächs wird die junge Mutter aber kurz ruhiger. Sie wirkt müde. Jahre in Krankenhäusern, Chemotherapien und nun die Organisation des Aktionstags: "Es ist gerade ein bisschen viel für mich."
"Bitte helft uns. Helft uns und unserem Hugo – und allen Betroffenen", sagt Radszuweit dann aber und klingt wieder genauso gefasst wie anfangs. Hugos Mutter funktioniert weiter.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Interview Sarah Radszuweit
- Interview Emrah Kilic
- DKMS
- Eigene Recherche