Schlafentzug als Gesundheitsrisiko Wie lange hält ein Mensch ohne Schlaf durch?
Während des Schlafs regenerieren sich Gehirn und Körper. Doch wie lange kann ein Mensch tatsächlich ohne Schlaf auskommen – und welche Folgen hat das?
Viele Menschen haben schon einmal eine Nacht durchgemacht – ob für eine wichtige Klausur, ein berufliches Projekt oder auf einer Party. Doch Schlafentzug kann Gehirn und Körper erheblich durcheinanderbringen, wie zahlreiche Studien und Beobachtungen belegen.
Was passiert bei Schlafentzug?
Schlaf ist für den Körper und die Psyche essenziell. Er dient der Regeneration und dem Energietanken. Wird diese Ruhephase hinauszögert, reagiert der Körper entsprechend mit verschiedenen Symptomen der Erschöpfung.
24 Stunden ohne Schlaf
Schon nachdem man eine Nacht durchgemacht haben, können signifikante Veränderungen beobachtet werden. Das Gehirn hat Schwierigkeiten, wichtige von unwichtigen Reizen zu unterscheiden. Das Langzeitgedächtnis verschlechtert sich und die Aufmerksamkeitsspanne wird kürzer. Viele Menschen werden unter Schlafmangel auch risikobereiter.
Zusätzlich leidet das Immunsystem. Es arbeitet bei der Abwehr von Krankheiten weniger effizient. Und auch die Lust auf kalorienreiches Essen, beispielsweise Fast Food, steigt – ein Effekt des aktivierten Belohnungszentrums im übermüdeten Gehirn.
Wichtig
Während im 19. Jahrhundert etliche Studien zum Schlafentzug durchgeführt wurden, gibt es seitdem nur noch wenige wissenschaftliche Untersuchungen. Das liegt daran, dass es unethisch ist, Menschen zu bitten, über längere Zeit keinen Schlaf zu bekommen, oder Experimente durchzuführen, bei denen Menschen sehr lange wach gehalten werden.
48 Stunden ohne Schlaf
Verlängert sich der Schlafentzug auf zwei Tage, verschärfen sich die Symptome beträchtlich. Der Körper schaltet auf Stress: Herzschlag und Blutdruck steigen. Sprachliche Klarheit geht verloren – Betroffene machen Satzbaufehler oder vergessen Wörter komplett.
Hinzu kommt der sogenannte Sekundenschlaf: Das Gehirn zwingt sich kurze Pausen auf, oft nur Sekundenbruchteile lang, die uns unbewusst einschlafen lassen. Diese Phasen können besonders gefährlich sein – etwa am Steuer eines Autos oder in anderen kritischen Situationen.
72 Stunden ohne Schlaf
Drei Tage ohne Schlaf gehen noch weiter an die Substanz. Betroffene fühlen sich benommen und können Halluzinationen erleben. Auch Angstzustände, Paranoia und depressive Verstimmungen sind möglich.
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Kann man an Schlafmangel sterben?
Nach wenigen Nächten ohne Schlaf sollte einem gesunden Menschen nichts passieren. Wer allerdings dauerhaft unter Schlafentzug leidet, riskiert gesundheitliche Schäden – und auch einen früheren Tod.
Mediziner gehen davon aus, dass nach mehreren Tagen komplett ohne Schlaf sehr wahrscheinlich der Tod eintritt. Darauf weist auch eine seltene Erbkrankheit hin: Bei der fatalen familiären Insomnie (FFI) wird das Schlafzentrum im Gehirn zerstört. Betroffene erleiden schwere Verwirrungszustände, fallen dann ins Koma und versterben meist innerhalb eines Jahres.
Rekord im Wachbleiben
Die längste dokumentierte Wachphase hat der Brite Tony Wright mit elf Tagen und zwei Nächten überstanden. Ein Rekord, den das Guinnessbuch jedoch nicht anerkennt – aufgrund gesundheitlicher Risiken solcher Versuche.
Positive Effekte von kontrolliertem Schlafentzug
Doch es gibt auch Erkenntnisse zur positiven Nutzung von kontrolliertem Schlafentzug: Bei depressiven Patienten kann eine schlaflose Nacht kurzfristig stimmungsaufhellend wirken. Warum dies so ist, bleibt bisher noch unklar – vermutlich hängt es mit einer verbesserten Vernetzung bestimmter Nervenzellen zusammen.
Generell gilt aber: Schlafentzug sollte keinesfalls leichtfertig in Kauf genommen werden. Er birgt erhebliche Risiken sowohl für die Psyche als auch den Körper. Extreme Schlaflosigkeit kann sogar zum Tod führen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- pmc.ncbi.nlm.nih.gov: "Effect of sleep deprivation on the human metabolome" (englisch)
- sleepfoundation.org: "How Long Can You Go Without Sleep?" (englisch)
- fz-juelich.de: "Schlafentzug lässt das Gehirn alt aussehen"
- msdmanuals.com: "Letale Insomnie"
- pharmazeutische-zeitung.de: "Wachtherapie für gute Stimmung"