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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Weltweiter Anstieg Ärzte warnen vor Welle von Lungenentzündungen
Ein Erreger für eine schwerwiegende Atemwegserkrankung greift um sich. Er löst eine sogenannte atypische Lungenentzündung aus. Was steckt dahinter?
Ungewöhnlich oft wird in letzter Zeit eine schwerwiegende Lungenerkrankung diagnostiziert – vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Die Lungenentzündung wird durch Mykoplasmen verursacht. Was bedeutet das?
Was sind Mykoplasmen?
Es handelt sich um sehr kleine Bakterien, sie lösen Atemwegs- und Harnwegsinfektionen sowie Infektionen des Genitaltrakts aus. Das Besondere und Fatale an ihnen ist: Sie besitzen keine Zellwand.
Was macht sie so tückisch?
Gegen diese Art der bakteriellen Entzündungen werden standardmäßig sogenannte Breitbandantibiotika verordnet.
Was ist ein Breitbandantibioitikum?
Breitbandantibiotika wirken gegen verschiedene Bakterien. Sie werden häufig dann eingesetzt, wenn der Erreger einer Infektion nicht genau bekannt ist, um eine schnelle Behandlung zu ermöglichen. Sie dringen aber über die Zellwand in die betroffene Zelle ein. Daher sind sie hier unwirksam.
Die Bakterien befallen nun die Lungenzellen. Dort vermehren sie sich nicht schnell, sondern langsam. Symptome treten daher – wenn überhaupt – erst eine bis drei Wochen nach der Infektion auf.
Wer ist betroffen und wie gefährlich sind die Bakterien?
Derzeit treten die Lungenentzündungen vor allem bei Kindern und Jugendlichen auf. Wie häufig die Krankheit tatsächlich ist, lässt sich nicht beurteilen, da die Erkrankung bislang nicht meldepflichtig ist.
Was bekannt ist: Die Infektion verläuft in der Regel milder als etwa bei einer Ansteckung mit typischen Erregern – etwa Pneumokokken – und kann auch symptomlos bleiben. Pneumokokken gelten als die häufigsten Erreger für Lungenentzündungen.
In der "Apotheken Umschau" gibt Dr. Nicole Töpfner von der Kinderinfektiologie Dresden Entwarnung: "Dass ein Kind deshalb im Krankenhaus stationär aufgenommen werden muss, ist eher selten."
Wie kommt es zu dem weltweiten Anstieg?
Klar ist: Die Anti-Corona-Maßnahmen in der Pandemie haben auch viele andere Atemwegsinfektionen verhindert. Daher gibt es einen Nachholeffekt. Das heißt: Was durch Masken und andere Maßnahmen verhindert wurde, kommt nun möglicherweise geballt, vor allem bei Kindern, die ihr Immunsystem noch trainieren müssen.
Zudem treten Mykoplasmen-Pneumonien in Zyklen auf: Etwa alle drei bis sieben Jahre kommen sie laut dem Biologen Roger Dumke vom Robert Koch-Institut wieder. "Es ist zu vermuten, dass dieser Rhythmus mit den Untertypen zu tun hat: Wenn sich ein anderer Untertyp entwickelt, dann muss sich das menschliche Immunsystem erst daran gewöhnen – entsprechend kommt es eine gewisse Zeit häufiger zu diesen Pneumonien", so Dumke in der "Apotheken Umschau".
Wie häufig bei den Atemwegserkrankungen können Mykoplasmen vor allem für alte Menschen und/oder solche mit geschwächtem Immunsystem sehr gefährlich sein. Bislang betrifft die aktuelle Welle jedoch vor allem Kinder.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Studie: "Mycoplasma pneumoniae: delayed re-emergence after COVID-19 pandemic restriction" (Lancet, Februar 2024, englisch)
- BR: "Ärzte in Sorge: Gefährliche Lungenentzündung durch Mykoplasmen" (20.09.2024)
- Apotheken Umschau: "Weltweiter Anstieg: Immer mehr Kinder mit Lungenentzündungen durch Mykoplasmen" (24.09.2024)