Wann kommt mein Paket? 8 bis 20 Uhr: Warum der Zustellzeitraum so groß ist
Während der Marktführer DHL beim Paket-Tracking noch nicht so weit ist, konnte ein Unternehmen schon mehr Fortschritte bei der Prognose verzeichnen. Doch der geplante Durchbruch wird wohl erst in zehn Jahren stattfinden.
Der Paketboom geht weiter, die Deutschen bestellen immer mehr Kleidung oder Elektronik im Internet. Wer die Ware an der Haustür entgegen nehmen will, der muss Wartezeit einplanen – denn die Zustell-Zeitfenster sind noch immer recht groß. Das soll sich ändern.
Das Prinzip Hoffnung ist beim Paketbestellen allgegenwärtig. Die Hoffnung, dass die Sendung zuverlässig ankommt – und dass der Zusteller klingelt, wenn man selbst oder zumindest der Nachbar daheim ist. Hohe Investitionen der Paketbranche sollen nun dazu führen, dass Empfänger nicht bloß hoffen müssen, sondern genau wissen, wann der Paketbote da sein wird. Ob Deutsche Post DHL, DPD oder Hermes – sie alle wollen ihre Vorhersagen verbessern. Das lohnt sich für sie: Bei präziser Prognose steigt die Erstzustellquote, und die Mitarbeiter verlieren weniger Zeit bei der Zustellung.
Zeitfenster wird durch viele Variablen bestimmt
Stand heute setzt die Paketbranche in Deutschland auf mehr oder minder grobe Zeitfenster, die bei ein bis zwölf Stunden liegen. Warum eigentlich? Die Zusteller fahren doch jeden Tag ähnliche Routen – und die Datenauswertung samt Verkehrsprognose wird im Digitalzeitalter immer besser. So einfach ist das aber nicht, sagen Experten. "Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit mit vielen Variablen", erläutert der Frankfurter Logistik-Professor Kai-Oliver Schocke. "Gibt es Staus oder Umleitungen, findet der Fahrer einen Parkplatz, wo genau müssen wie viele Pakete abgegeben werden – und wie lange dauert es unter diesen Bedingungen bis zur nächsten Zustellung? – Solche Fragen können noch nicht zuverlässig und präzise beantwortet werden."
Christoph Stehmann vom Branchendienstleister Pitney Bowes sieht es ähnlich. Zwar wolle der Kunde endlich kleinere Zeitfenster haben, um nicht mehr so lange zu Hause warten zu müssen, und die Branche feile an Fortschritten. "Das Ei des Kolumbus hat aber noch niemand gefunden." Eine Möglichkeit sei mehr Transparenz – dass die Empfänger im Internet sehen können, wo der Zusteller gerade ist. "Klingt gut, kann aber sehr verwirrend sein", sagt Stehmann. Denn selbst wenn ein Zustellfahrzeug schon in der Nähe sei, könne es bis zum Klingeln an der Tür noch lange dauern – weil der Zusteller vorher noch Pakete in Nachbarhäusern abliefern muss oder Pause macht.
DPD als Vorreiter
Relativ weit vorne bei dem Thema ist die Deutschland-Tochter der französischen Post, DPD. Bei ihr bekommt der Endkunde zunächst eine Mail mit der Info, dass das Paket nun im Depot sei und dass es am nächsten Tag ausgeliefert werde – dies noch ohne Zeitfenster.
Am Zustelltag selbst wiederum gibt es eine weitere Mail – etwa um acht Uhr morgens, wenn der Zusteller seinen Transporter beladen hat und auf Basis der Pakete an Bord die beste Route bestimmt wurde. Dann wird dem Endkunden ein Zeitfenster von einer Stunde genannt, was im Laufe des Tages auf eine halbe Stunde sinkt. Stimmt die Prognose überhaupt – oder kommen die Paketboten doch später? Weniger als 10 Prozent der Pakete werden nach DPD-Angaben später zugestellt.
Mehrwert sind Prognose und Interaktion
Zudem können Empfänger im Internet auf einer Karte sehen, wo der DPD-Mitarbeiter gerade ist – nicht auf GPS-Basis, sondern anhand des Scans der letzten übergebenen Sendung. Diese Standort-Transparenz sei aber "eher eine Spielerei", räumt ein DPD-Sprecher ein. Denn allzu aussagekräftig sei der Standort nicht – schließlich sei dem Endkunden unklar, wie viele Stopps bis zu seiner Haustür noch anstehen.
"Der eigentliche Mehrwert sind die Prognose und die Interaktion", sagt er. Mit Interaktion gemeint ist die Möglichkeit, dass man bei DPD-Paketen bis zu 15 Minuten vor Übergabe noch eine Info an den Zusteller schickt, etwa dass man doch nicht zu Hause ist und dass er das Paket neben der Tür ablegen möge. Konkurrent UPS bietet ähnliche Optionen an und setzt auf ein Vier-Stunden-Zeitfenster.
DHL und Hermes möchten 2020 ein genaueres Zeitfenster nennen
Der Marktführer Deutsche Post DHL ist beim Thema Tracking – also der Paketverfolgung samt Zustellprognose – noch nicht so weit. Das Zeitfenster liegt noch bei zwei bis vier Stunden, eine Aktualisierung wie bei DPD gibt es bislang nicht, auch eine Live-Ortung und Interaktionsmöglichkeit mit dem Paketboten fehlen noch. Doch es soll besser werden. "Für 2020 haben wir uns vorgenommen, unseren Endkunden ein präziseres Zeitfenster zu kommunizieren", sagt ein DHL-Sprecher. Im ersten Schritt werde es ein 60- bis 90-minütiges Zeitfenster geben. Zudem werde die Idee weiterverfolgt, dass die Wartenden über die Zustellung 15 Minuten vorher informiert werden.
Bei Hermes gilt für Standardpakete der Zustellzeitraum 8 bis 20 Uhr – also den ganzen Tag. Allerdings arbeitet auch das Hamburger Unternehmen an Verbesserungen und setzt auf eine neue Software. Inzwischen gibt es bei der Hälfte der Hermes-Sendungen am Vortag eine Mail samt zwei bis vierstündigem Zustellfenster. Diese Kommunikation mit dem Kunden werde man 2020 "intensivieren", teilt Hermes mit. Die Zustellung werde transparenter und passgenauer.
Durchbruch erst in zehn Jahren zu erwarten
Trotz der Fortschritte: Am liebsten ist es der Paketbranche, wenn die Kunden auf Alternativen zur Haustürlieferung setzen, also Paketshops oder automatisierte Abholstationen. Denn so präzise das Zustellfenster auch sein mag – ob der Empfänger dann daheim ist, ist nicht sicher.
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Branchenexperte Stehmann hat beim Thema präzise Zustellung gedämpfte Erwartungen. Erst auf lange Sicht – wohl in etwa zehn Jahren – werde es hierbei den Durchbruch geben, wenn der Straßenverkehr durch automatisierte Autos planbarer sei und neue Zustellwege wie beispielsweise Drohnenflüge im Markt angekommen seien. Bei der Frage, wann der Paketbote kommt, setzt Logistik-Professor Schocke auf die eigene Erfahrung. "Wenn meine Familie etwas bestellt hat, kommt DHL immer um Viertel vor zwei bei uns vorbei." Der Bote sei verlässlich – auch ohne digitales Zustellfenster.
- Nachrichtenagentur dpa