Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Fallende Börsenkurse Der Mini-Crash bietet Sparern eine große Chance
Inflationsangst, gestörte Lieferketten, hohe Rohstoffpreise: Braut sich an der Börse was zusammen? Warum eine Korrektur gar nicht so schlimm ist, sondern sogar eine Chance.
Die Schlagzeilen der letzten Tage machten nur wenig gute Laune. Und auch die Pressemitteilungen aus den Banken und Fondsgesellschaften, die täglich in meinem Postfach landen, verheißen nichts Gutes. Die Experten machen sich ernsthafte Sorgen um die Konjunktur. Extrem hohe Rohstoffpreise nicht nur für Energie lassen die Inflation in die Höhe schnellen, manch einer erwartet ob der gestörten Lieferketten sogar immer mehr leere Regale im Handel. Und dann ist da noch die Angst vor steigenden Zinsen.
Das alles kann für die Börse eigentlich nichts Gutes bedeuten. Oder vielleicht doch?
Nun sind ja all diese Themen nicht neu und lasten schon seit einigen Wochen auf den Kursen. Auch wenn es in den vergangenen Tagen wieder etwas aufwärts ging, hat es doch bereits einen Rücksetzer gegeben.
An der Börse ruckelt es momentan etwas
Der war allerdings sehr viel kleiner als die großen Überschriften, die über dem einen oder anderen Börsenbericht prangten. "Dax im Sinkflug" oder "Kursrutsch an der Wall Street" war mitunter zu lesen. Das war schon mächtig übertrieben, auch wenn es stimmt, dass der September ein eher schlechter Börsenmonat war und es derzeit etwas ruckelt an den Weltbörsen.
- Aktueller Kurs: Wo steht der Dax gerade?
Tatsächlich ist jedoch alles halb so wild: Der Dax hat seit Anfang September gerade mal knapp vier Prozent verloren. Der amerikanische S&P 500 ein bisschen weniger.
Das ist kein Kursrutsch und kein Sinkflug. Das ist allerhöchstens eine Mini-Korrektur. Und seit Jahresbeginn liegen beide Indizes weiter satt im Plus: Die deutschen Standardwerte haben 11 Prozent zugelegt, der breite amerikanische Aktienmarkt sogar um 16 Prozent. So viel zunächst zu all der Schwarzmalerei und den negativen Medienberichten, die eine Korrektur am Aktienmarkt geradezu herbeibeten.
Es spricht noch immer viel für Aktien
Und doch bleibt die Frage: Kommt es zu einem echten Kurs-Rücksetzer oder nicht? Wie stark fällt er aus? Wie lange wird er dauern?
Die Börsenexpertin
Jessica Schwarzer ist Finanzjournalistin, Bestsellerautorin und langjährige Beobachterin des weltweiten Börsengeschehens. Die deutsche Aktienkultur ist ihr eine Herzensangelegenheit. Zuletzt ist ihr jüngstes Buch "Warum wirklich jeder entspannt reich werden kann" erschienen. Bei t-online schreibt sie alle zwei Wochen über Investments und Finanztrends, die eine breit gestreute Basis-Geldanlage ergänzen. Sie erreichen sie auf LinkedIn, Twitter, Facebook und Instagram.
So gerne ich Ihnen diese Fragen beantworten würde, die oft bemühte Glaskugel besitze ich leider auch nicht. In Zeiten von Null- und Minuszinsen spricht aber noch immer sehr, sehr viel für Aktien. Zumal sich die Wirtschaft sicher weiter erholen wird, die Lieferketten sich "entstören" sollten und die Rohstoffpreise sich über kurz oder lang wieder etwas stabilisieren werden.
Ehe es langfristig weiter aufwärts geht, kann der Herbst an der Börse angesichts der aktuellen Gemengelage trotzdem noch einmal ungemütlich werden. Ein Minus von 10 Prozent wäre dabei übrigens eine ganz normale Korrektur, selbst ein Rückgang von 20 Prozent ist nach einer so langen Aufwärtsphase keine Besonderheit und wenn überhaupt nur ein Mini-Crash. Zur Erinnerung: Von einem richtigen Crash redet man erst ab einem Kurseinbruch von 25 Prozent und mehr. Insofern: keine Panik!
Mini-Crashs lassen sich leicht aussitzen
Das gilt übrigens umso mehr, wenn Sie sehr langfristig investieren, so ich wie es auch tue. In diesem Fall können Sie Korrekturen, Mini-Crashs und echte Crashs ganz entspannt aussitzen.
Oder – und das könnte sich auch jetzt anbieten – Sie nutzen Rücksetzer, um günstig nachzukaufen. Gehen Sie auf Schnäppchenjagd, sammeln Sie qualitativ Hochwertiges mit Rabatt ein. So mache ich es!
Seit einigen Jahren habe ich die sehr klare Regel, dass ich bei Abwärtsbewegungen um 20 Prozent und mehr beherzt nachkaufe. Manchmal sogar schon früher. Natürlich mache ich das nur dann, wenn Geld auf dem Investmentkonto liegt. Meinen Notgroschen würde ich dafür niemals anrühren.
Zeit für eine Schnäppchenjagd im ETF-Depot
Bin ich aber liquide, investiere ich in die Positionen meines Depots, die besonders stark zurückgekommen sind. Im Grunde ist das ein außerplanmäßiges Rebalancing.
Mein Depot besteht dabei aus sieben Bausteinen, beispielsweise Qualitätsaktien, Dividendentitel oder Nebenwerte, die eine festgelegte Gewichtung zwischen 10 und 20 Prozent haben. Diese Bausteine decke ich über acht ETFs ab.
Im Laufe des Jahres schwanken die Kurse, in einer Korrektur sogar auch mal heftiger, und die gewünschte Gewichtung gerät in ein Ungleichgewicht. Dieses Ungleichgewicht korrigiere ich bei meinem jährlichen Rebalancing zwischen Weihnachten und Neujahr – wenn möglich über Zukäufe. Wenn ich nun außerplanmäßig auf Schnäppchenjagd gehe, schaue ich, welche ETFs am stärksten verloren haben, welcher Baustein zu klein geworden ist, und kaufe hier zusätzliche Fondsanteile.
China-Aktien sind momentan besonders günstig
Zuletzt war das übrigens ein ETF auf dem MSCI Emerging Markets. Da es an Chinas Börse unlängst nicht gut lief, war der Index, in dem chinesische Aktien einen Anteil von knapp 40 Prozent haben, stärker gefallen.
Auch vergangenes Jahr, im Corona-Crash, habe ich übrigens mutig nachgekauft, auch wenn sich das erst mal gar nicht gut angefühlt hat. Zu kaufen, wenn alle anderen nur noch raus aus Aktien wollen, kostet ein wenig Überwindung. Den Tiefpunkt habe ich dabei zwar leider nicht erwischt, aber wer schafft das schon. Von der Erholung der Märkte habe ich im Anschluss dennoch kräftig profitiert.
Ob es bald wieder Schnäppchenkurse gibt, wird sich zeigen. In den kommenden Tagen und Wochen öffnen die Unternehmen ihre Bücher. Mal sehen, wie stark sich die wirtschaftlichen Probleme auf ihre Geschäfte auswirken.
Stunde der Wahrheit für das dritte Quartal
Bisher können die Unternehmen die Preise an ihre Kunden weitergeben, deshalb waren die Quartalszahlen sehr gut und übertrafen die Markterwartungen. Analysten erwarten, dass die Zahlen für das dritte Quartal in den USA genauso gut laufen werden, wie im zweiten Quartal. Spannend wird aber vor allem, wie die Prognosen der Unternehmen ausfallen.
Denn an der Börse wird die Zukunft gehandelt. Gut möglich, dass wir die eine oder andere negative Überraschung erleben und Investoren darauf verschnupft reagieren. Ich selbst bin vorbereitet: Mein Anlagekonto ist bereits aufgefüllt.
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