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Trinkgeld bei Kartenzahlung: Perfide Manipulation und sozialer Druck


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Trinkgeld-Funktion bei Kartenzahlung
Das grenzt an Nötigung


29.09.2024Lesedauer: 2 Min.
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Kartenzahlung inklusive Trinkgeld: Der Kunde wird vom Gerät unter Druck gesetzt. (Quelle: watson)

Wer in der Gastronomie mit Karte zahlt, muss sich immer öfter am Lesegerät für eine Prozentangabe entscheiden. Der Kunde wird so manipuliert und unter Druck gesetzt.

Beim Bäcker, an der Currywurstbude, im Biergarten oder Restaurant. Wenn es ans Bezahlen geht, findet gerade ein Paradigmenwechsel statt – ein Umbruch, der wohl nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

Mal hat man kein Bargeld dabei, mal akzeptieren die Geschäfte nur noch Kartenzahlung. Und bei der Kartenzahlung hat sich eine Gepflogenheit etabliert, die an Nötigung grenzt: die voreingestellte Trinkgeldfunktion.

Das ist sozialer Druck

Wer Trinkgeld gibt, tut dies freiwillig. Es ist eine Geste der Wertschätzung. Man war mit dem Service zufrieden. Das Lesegerät setzt aber ein Trinkgeld geradezu voraus. Der ganze Zahlungsvorgang wird erst abgeschlossen, wenn man beispielsweise zwischen 10, 15, 20 oder 25 Prozent Trinkgeld entschieden hat.

Das Feld "Kein Trinkgeld" ist auf dem Display meist klein unten versteckt. Der Gast wird also gedrängt, eine Entscheidung zu fällen, und die Freiwilligkeit wird ganz schnell zur erwarteten Zahlung. Erst recht, wenn im Biergarten beim Abkassieren schlecht gelaunt noch mit einem Auge aufs Gerät geschielt wird. Auf ein "Danke" wartet man hier ohnehin oft vergeblich. Es wird also geradezu sozialer Druck aufgebaut.

Perfide Manipulation

Dazu kommt: Technik manipuliert uns ohnehin allzu oft in unserem Leben – auch in diesem Fall. Vorausgesetzt, wir wollen tatsächlich Trinkgeld geben, suggeriert uns die Auswahl zwischen verschiedenen Prozentmöglichkeiten, 10 Prozent seien etwas knauserig.

 
 
 
 
 
 
 

Wer will schon am unteren Ende der Großzügigkeits-Skala landen, wenn die Alternativen durchgängig darüber liegen? Es wird schon einen Grund haben, dass da höhere Beträge voreingestellt sind, sagt uns das Unterbewusstsein. Also wählen wir häufiger einen mittleren Wert wie 15 Prozent, obwohl wir das gar nicht wollen. Ökonomen wie Professor Christian Traxler kritisieren diese perfide Manipulation noch höflich als "Anstupsen".

Wegfall der Kommunikation

Am Ende fehlt uns mehr Geld auf dem Konto. Aber auch der letzte Dialog, der doch zum Restaurant-, Café- oder Kneipenbesuch dazu gehört. Denn das früher übliche Aufrunden zu einem glatten Betrag mit dem Zusatz "Stimmt so" fällt weg. Und der Kellner oder die Kassiererin bekommt unter Umständen nicht mit, wie viel Trinkgeld gegeben wurde, kann also gar nicht angemessen reagieren. Es wird also nicht mehr unterschieden zwischen großzügigem Trinkgeld und gar keinem. Früher gab es zuweilen ein Getränk aufs Haus oder im negativen Fall das Höflichkeitsminimum "Schönen Abend noch".

Wir kommunizieren auch in diesem Lebensbereich nur noch per Tasten. Und vor allem nur noch mit einem anonymen Zahlungsdienstleister.

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
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