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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Faktencheck Die sieben größten Bitcoin-Mythen: Was stimmt wirklich?
Um Bitcoin ranken sich viele Geschichten, die oft nicht auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden. Hier ein Faktencheck zu den sieben gängigsten Mythen.
Wie kann eine digitale Währung, die weder physisch existiert noch einen "inneren Wert" zu haben scheint, als revolutionär und unverzichtbar gelten? Bitcoin polarisiert wie kaum ein anderes Finanzthema: Während Kritiker es als spekulatives Spielzeug abtun, feiern Befürworter es als die Zukunft des Geldes und den Schlüssel zu einem gerechten Finanzsystem.
Doch was steckt hinter der Faszination einer Währung, die so volatil ist, dass sie ganze Vermögen in wenigen Stunden verdoppeln oder vernichten kann? Ist Bitcoin wirklich die Antwort auf die Probleme des Fiat-Geldsystems, oder doch nur ein Mythos? Hier ist der Faktencheck zu den sieben größten Bitcoin-Mythen.
Mythos Nr. 1: Es gibt unendlich viele Bitcoins
Faktencheck: Falsch. Das Bitcoin-Protokoll schreibt vor, dass die Gesamtzahl aller Bitcoins, die jemals existieren können, auf 21 Millionen begrenzt ist – es wird also nicht unendlich viele Bitcoins geben. Aufgrund von Rundungen im Protokoll dürfte die tatsächliche Anzahl etwas unter 21 Millionen liegen, nämlich bei 20.999.999,97690000 Bitcoins. Die endgültige Anzahl soll im Jahr 2140 erreicht werden.
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Laut der Krypto-Handelsplattform coinbase.com ist es unmöglich, dass es jemals mehr Bitcoins geben wird. Einer der Gründe dafür ist, dass der Erfinder Satoshi Nakamoto verhindern wollte, dass eine unendliche Menge produziert werden kann. Die genaue Zahl von 21 Millionen ergibt sich aus den technischen Parametern des Bitcoin-Netzwerks.
Mythos Nr. 2: Bitcoin hat keinen echten Wert
Faktencheck: Die Frage, ob Bitcoin einen "echten" Wert hat, ist stark umstritten und hängt davon ab, wie man den Begriff "Wert" definiert. Einer der zentralen Kritikpunkte an Bitcoin war und ist die Behauptung, die digitale Währung sei keine funktionsfähige Währung, kein Teil eines Unternehmens und habe damit auch keinen "inneren" Wert. Der Wert von Bitcoin werde allein durch Angebot und Nachfrage sowie durch Stimmungen an den Märkten bestimmt.
Bitcoin
95.534,33 EUR+122,69%- Hoch
- 101.118,59
- Zwischenwert Hoch / Mittel
- 84.921,01
- Mittel
- 68.723,42
- Zwischenwert Mittel / Tief
- 52.525,84
- Tief
- 36.328,26
Hier liegt ein grundlegendes Missverständnis vor, erklären Marc Friedrich und Florian Kössler, Autoren des Sachbuchs "Die größte Revolution aller Zeiten – Warum unser Geld stirbt und wie Sie davon profitieren" und ausgewiesene Finanzexperten rund um die Themen Bitcoin, Zyklen und Geldgeschichte.
Bitcoin müsse sich erst als Wertaufbewahrungsmittel etablieren, bevor es als Zahlungsmittel breite Anwendung finden könne, erklären die Autoren in ihrem Buch. Diese Reihenfolge sei historisch begründet. Gold beispielsweise sei über Jahrhunderte ein Wertspeicher gewesen, bevor es als "Medium of Exchange" (zu Deutsch: Tauschmittel) genutzt wurde.
Die bewusst gewählte Begrenzung auf 21 Millionen Bitcoins solle den Wert von Bitcoin langfristig sichern. Diese künstliche Begrenzung mache Bitcoin ähnlich wie Gold zu einem knappen Gut und soll inflationären Tendenzen entgegenwirken.
Mythos Nr. 3: Bitcoin ist kein Wertspeicher wie Gold
Faktencheck: Das stimmt nicht. Kritiker argumentieren, dass Bitcoin vor allem wegen seiner extremen Volatilität kein verlässliches Wertaufbewahrungsmittel wie Gold sei. Im Gegensatz zu Gold, das seit Jahrtausenden als stabiles Wertaufbewahrungsmittel gilt, unterliege Bitcoin starken Preisschwankungen, was eine Investition für viele Anleger unattraktiv mache.
Zudem fehle Bitcoin eine fundamentale Wertbasis, wie sie Gold durch industrielle Anwendungen in der Elektrotechnik, der Luft- und Raumfahrt oder der Zahnmedizin besitze. Gold ist aus der Schmuckherstellung nicht wegzudenken. Für Kritiker ist Bitcoin nichts anderes als ein spekulatives Anlageinstrument und kein stabiles Wertaufbewahrungsmittel.
Diesem Mythos widersprechen die Finanz- und Bitcoin-Experten Friedrich und Kössler. Den Autoren zufolge ist unser Fiat-Geld wie Dollar, Euro oder Yen längst kein verlässlicher Wertspeicher mehr. Stattdessen besitzen Zentralbanken und Staaten das absolute Monopol der Geldschöpfung und missbrauchten dieses immer wieder, indem sie beispielsweise neues Geld druckten und damit die Inflation anheizten.
Ein Blick auf den Euro verdeutlicht die Problematik der aktuellen Geldpolitik. Seit seiner Einführung habe der Euro laut Statistischem Bundesamt fast 40 Prozent seiner Kaufkraft verloren. Gegenüber Gold liege der Verlust bei über 90 Prozent und gegenüber Bitcoin habe der Euro praktisch keinen Wert mehr.
Bitcoin hingegen bewahre die gespeicherte Lebenszeit und Energie jedes einzelnen vor der Entwertung durch Inflation, so Friedrich und Kössler. Bitcoin werde parallel zum bestehenden Geldsystem aufgebaut und gebe den Menschen die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob sie Teil des Fiat-Systems bleiben oder in ein transparentes und faires System wechseln wollen.
Bitcoin gebe den Menschen die Kontrolle über ihr Geld zurück und entmachte autoritäre Regime und Banken. Dass Bitcoin ein reines Spekulationsobjekt sei, greife zu kurz. Jede neue Technologie durchlaufe eine Phase der Spekulation – sei es das Internet, KI oder eben Bitcoin, so die Experten.
Mythos Nr. 4: Bitcoin ist Betrug
Faktencheck: Falsch. Der Vorwurf, Bitcoin sei Betrug, sei haltlos, sagen Friedrich und Kössler und begründen dies damit, dass Bitcoin keine betrügerische Erfindung sei, sondern eine dezentrale digitale Währung. Betrug würde voraussetzen, dass es eine zentrale Instanz gebe, die andere bewusst täuscht, um sich selbst zu bereichern.
Bitcoin sei jedoch "Open Source”, gehöre niemandem und werde von niemandem zentral kontrolliert. Es gebe keine "Gründer", die davon profitierten. Die Regeln seien transparent und die Entwicklung werde gemeinsam von einer globalen Community vorangetrieben, so die Autoren.
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Betrug gehe oft von unregulierten Plattformen oder unseriösen Anbietern aus. Der größte Bitcoin-Betrug ereignete sich 2022 auf einer der weltweit größten Handelsplattformen FTX, als Kundengelder in Milliardenhöhe veruntreut wurden. Als verunsicherte Kunden versuchten, ihre Einlagen abzuziehen, schlitterte FTX in die Insolvenz. Gründer Sam Bankman-Fried trat als CEO zurück und wurde später wegen Betrugs und Verschwörung angeklagt und zu 25 Jahren Haft verurteilt.
Immer wieder kommt es auch zu Betrugsfällen durch Hackergruppen, die versuchen, schlecht gesicherte Krypto-Handelsplattformen oder Kundenkonten zu hacken und deren Bitcoins zu stehlen, wie in diesem Fall: Nordkoreanische Hacker konnten im Dezember 2024 von der japanischen Kryptobörse DMM 4.502,9 Bitcoins im damaligen Wert von 308 Millionen Dollar erbeuten.
Laut Ermittlern der US-Bundespolizei FBI handelte es sich dabei um "nordkoreanische Cyber-Akteure", die vermutlich Teil der vom nordkoreanischen Staat gesteuerten Hackergruppe Lazarus sind. Den Ermittlungen zufolge handelte es sich bei dem Angriff um eine gezielte "Social-Engineering-Attacke", bei der Mitarbeiter des Unternehmens beispielsweise als Stellenangebote getarnte Schaddateien per E-Mail zum Download erhalten.
Mythos Nr. 5: Mit Bitcoin kann man keine echten Dinge kaufen
Faktencheck: Es stimmt nicht, dass Menschen mit Bitcoins vor allem auf Wertsteigerung und Gewinn spekulieren. Zahlreiche Unternehmen akzeptieren Bitcoin als Zahlungsmittel. Mit Bitcoin kann man heute eine Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen kaufen, wie zum Beispiel Lebensmittel, Flugtickets oder Hotelreservierungen.
Reisebuchungsplattformen wie Destinia und Travala bieten die Möglichkeit, einen Urlaub mithilfe von Bitcoin zu buchen. Auch in einigen Restaurants in Regionen wie San Francisco, New York oder Austin gibt es bereits Restaurants, in denen Kunden mit Bitcoin bezahlen können. In Teilen der USA können Bitcoins sogar als Sicherheit für Hypotheken, Kredite oder den Hauskauf dienen. Der Finanzdienstleister Paypal ermöglicht beispielsweise seinen US-Kunden, Bitcoins zu kaufen und damit zu bezahlen.
Bitcoin habe sich in den letzten 14 Jahren von einem Nischenprojekt zu einer weltweit akzeptierten Technologie entwickelt, so Friedrich und Kössler. Institutionelle Investoren, Unternehmen und sogar Nationalstaaten wie El Salvador setzen zunehmend auf Bitcoin. Dieser "Netzwerkeffekt" (Metcalfesches Gesetz) führe dazu, dass die Akzeptanz und damit auch der langfristige Wert von Bitcoin steige.
Mythos Nr. 6: Bitcoin verbraucht mehr Strom als ganze Länder
Faktencheck: Das ist wahr. Der jährliche Energieverbrauch des Bitcoin-Netzwerks wird regelmäßig geschätzt, zum Beispiel durch den Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index (CBECI). Für das Jahr 2023 wird der Stromverbrauch von Bitcoin auf etwa 100 bis 150 Terawattstunden (TWh) geschätzt. Das entspricht in etwa dem Energieverbrauch eines mittelgroßen Landes wie Argentinien oder Schweden.
Grund für den Stromverbrauch ist der sogenannte Proof-of-Work. Sogenannte Bitcoin-Miner lösen komplexe mathematische Probleme, um der Blockchain neue Blöcke hinzuzufügen. Dieser Prozess ist besonders energieintensiv. Auch die Sicherung des dezentralen Netzwerks verbraucht viel Energie. Hinzu kommt, dass die Förderung vorwiegend in den Ländern stattfindet, in denen die Energie billig ist und vor allem aus fossilen Rohstoffen gewonnen wird.
Ein Vergleich mit dem globalen Finanzsystem ist schwierig, aber es lohnt sich, genauer hinzuschauen. Studien legen nahe, dass das traditionelle Bankensystem (inklusive Filialen, IT-Infrastruktur, Zahlungsabwicklung) etwa 250 bis 300 TWh pro Jahr verbraucht – mehr als doppelt so viel wie das Bitcoin-Netzwerk. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass das globale Finanzsystem deutlich mehr Transaktionen abwickelt und eine breitere Funktionalität bietet als Bitcoin.
Mythos Nr. 7: Bitcoin ist ein sicherer Weg, um reich zu werden
Faktencheck: Falsch. Laut dem Crypto Wealth Report 2024 von Henley & Partners gibt es weltweit 85.400 Bitcoin-Millionäre. Das ist ein Anstieg um 111 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese Personen besitzen Bitcoins im Wert von mehr als einer Million US-Dollar.
Es ist also nicht ausgeschlossen, dass Bitcoin-Käufer mit Bitcoin reich werden können, aber es gibt keine Garantie für Reichtum. Bitcoin ist äußerst volatil und Investitionen können sowohl zu hohen Gewinnen als auch zu Verlusten führen. Lesen Sie hier, wie Sie Bitcoin-Gewinne versteuern müssen.
Die Bedeutung von Bitcoin ist jedoch komplexer und geht weit über die bloße Möglichkeit, mit Bitcoin reich zu werden, hinaus. Sein wahrer Wert liegt in seiner Rolle als revolutionäre Technologie, die die Art und Weise, wie Menschen Geld und Werte verstehen, verändern könnte. Wer nur auf schnellen Reichtum hofft, läuft möglicherweise Gefahr, die größeren sozialen und technologischen Auswirkungen von Bitcoin zu übersehen.
- focus.de: "Unabhängig von Staaten und Banken: Warum Bitcoin unsere einzige Chance darstellt"
- handelsblatt.com: "Wo Bitcoin kaufen? So kaufen Anleger 2024 bei seriösen Börsen Bitcoin & Co."
- blocktrainer.de: "Warum 21 Millionen Bitcoin?"
- cointelegraph.com: "Bitcoin (BTC) macht erneut Millionäre: 111 % mehr Millionäre im Vergleich zum Vorjahr"