Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Dürfen sie das? Tesla-Chefs kontrollieren krankgeschriebene Mitarbeiter
Ein Anruf vom Chef ist für viele Arbeitnehmer eine nicht immer angenehme Überraschung. Umso schlimmer, wenn er sogar an der Tür klingelt. Darf er das?
Infolge des hohen Krankenstandes sollen die Chefs des Tesla-Werks in Grünheide krankgeschriebenen Mitarbeitern Kontrollbesuche abgestattet haben. Wie das "Handelsblatt" berichtet, hatten Werksleiter André Thierig und Personalchef Erik Demmler auf einer Betriebsversammlung Zahlen, die einen Krankenstand von bis zu 17 Prozent aufzeigten, präsentiert. Infolgedessen habe Tesla begonnen, unangekündigte Besuche bei krankgemeldeten Mitarbeitern durchzuführen, so Demmler gemäß der Tonbandaufnahme.
Darf ein Chef das? Bernhard Kinold, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Mönchengladbach, erklärt t-online, was hier rechtens ist. Kinold: "Grundsätzlich ist ein Arbeitgeber berechtigt, erkrankte Mitarbeiter telefonisch zu kontaktieren oder einen Hausbesuch abzustatten. Das gilt jedenfalls, wenn 'Gute Besserung' gewünscht werden soll oder dringend Informationen von dem erkrankten Mitarbeiter benötigt werden." Der Mitarbeiter müsse einen Telefonanruf aber nicht annehmen, den Arbeitgeber auch nicht ins Haus lassen und auch keine Angaben zur Art der Erkrankung machen.
Chef darf sogar einen Detektiv einschalten
Besteht allerdings der konkrete Verdacht, dass eine Erkrankung nur vorgetäuscht ist, ist der Arbeitgeber laut Kinold sogar berechtigt, einen Detektiv einzuschalten. "Wird hierbei tatsächlich eine vorgetäuschte Erkrankung aufgedeckt, muss der Mitarbeiter unter Umständen sogar die Detektivkosten bezahlen", erklärt der Rechtsanwalt. Eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit kann zudem eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.
Im Fall von Tesla sei nicht aufgrund eines Generalverdachts gehandelt worden. Personalchef Demmler wird so zitiert: "Wir haben einfach 30 Mitarbeiter ausgewählt, die auffällig lange im Krankenstand waren oder viele Erstbescheinigungen vorgelegt haben. Die Ergebnisse der Besuche waren sehr unterschiedlich." Einige hätten ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen, andere mit der Polizei gedroht. Demmler sprach von einer "latenten Aggressivität", der er begegnet sei.
- Lesen Sie dazu auch: Abfindung bei Kündigung wegen Krankheit – das ist zu beachten
Besuch vom Chef? Was für den Laien vielleicht überraschend wirkt, ist laut Kinold tatsächlich notwendig. Bei einer Langzeiterkrankung oder häufigen Kurzerkrankungen klärt der Arbeitgeber mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. "Dies wäre ohne Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber nicht möglich", so der Anwalt.
- schriftliche Anfrage bei Bernhard Kinold, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht