Arbeitsrecht Betriebsbedingte Kündigung: Wer muss zuerst gehen?
Betriebsbedingte Kündigungen im Unternehmen sorgen unter Arbeitnehmern für viele Ängste. Aber: Wahllose Kündigungen stehen Arbeitgebern nicht zu.
Eine schwierige wirtschaftliche Situation, Standortschließungen oder die Einführung neuer Produktionsmethoden: Gibt es keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sind betriebsbedingte Kündigungen die Folge. Doch wer muss dann eigentlich zuerst gehen?
Arbeitgeber in der Pflicht
"Bei betriebsbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber eine sogenannte soziale Auswahl vornehmen", sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Das heißt: Der Arbeitgeber muss zuerst denjenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kündigen, die am wenigsten schutzbedürftig sind. Entscheidende Kriterien dafür sind die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine mögliche vorhandene Schwerbehinderung. Lesen Sie hier, welche Kündigungsfristen für langjährige Mitarbeiter gelten.
"Der Arbeitgeber muss sich unter Berücksichtigung der Kriterien ein eigenes System erschaffen, nach welchem er die Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer vornimmt", so Bredereck. Wer nach diesem festgelegten System dann etwa am wenigsten Punkte für Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Co. erreicht, erhält die betriebsbedingte Kündigung zuerst.
Dabei hat der Arbeitgeber aber einen Spielraum – und darf in einem gewissen Umfang auch von den Vorgaben abweichen, so Bredereck. "Bestimmte Arbeitnehmer, zum Beispiel unverzichtbare Leistungsträger", können von der Sozialauswahl ausgenommen werden.
Gut zu wissen
Eine gerichtliche Überprüfung der Kündigung findet nur statt, wenn der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erhebt.
Keine Garantie im hohen Alter
Ein hohes Alter schützt Arbeitnehmer nicht zwingend vor der betriebsbedingten Kündigung. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass sich die Möglichkeit, Altersrente zu beziehen, sogar nachteilig für die betroffenen Arbeitnehmer auswirken kann (Az.: 6 AZR 32/22).
Generell gilt aber: Je kreativer der Arbeitgeber bei der Auswahl zu seinen Gunsten vorgeht, umso größer ist sein Risiko vor Gericht, wenn die Betroffenen Klage einlegen, so Bredereck. "Dort muss er beweisen, warum Ausnahmen bei der Sozialauswahl im Einzelfall gerechtfertigt waren."
- Nachrichtenagentur dpa