"Massive Steigerungen" Preisabsprachen am Bau? NRW-Ministerin will Kartellamt einschalten
Dämmstoffe, Stahl, Holz: Auch auf dem Bau wird alles teurer. NRW-Ministerin Ina Scharrenbach vermutet, dass sich manche Firmen in der aktuellen Situation bereichern. Das Kartellamt sollte das "in den Blick nehmen".
Die nordrhein-westfälische Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) hat das Bundeskartellamt aufgefordert, die Preisentwicklung im Bausektor in den Fokus zu nehmen. "Wir erleben derzeit eine massive Preissteigerung im Bausektor, etwa bei einzelnen Bauprodukten wie Dämmstoffen und Baustahl", sagte Scharrenbach dem "Handelsblatt" am Montag.
"Da wäre es gut, wenn das Kartellamt das Ganze in den Blick nimmt. Ich habe den Eindruck, dass es an der ein oder anderen Stelle Versuche von Mitnahmeeffekten, aber auch Preisabsprachen gibt." Das Bundeskartellamt wollte die Aufforderung zunächst nicht kommentieren.
Preise für Holz und Stahl stiegen so stark wie noch nie
Nach Daten des Statistischen Bundesamts stiegen die Preise für einzelne Baustoffe wie Holz und Stahl im Jahresdurchschnitt 2021 so stark wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949. So kosteten Betonstahlprodukte laut "Handelsblatt" fast 53 Prozent mehr als im Vorjahr. 2022 seien die Preise weiter gestiegen.
Scharrenbach hatte bereits im Februar ein "Baukosten-Moratorium" gefordert. "Wir müssen ernsthaft darüber nachdenken, die geplanten Bauvorschriften und alles, was den Bau die kommenden Jahre verteuert, einem Realitätscheck zu unterziehen. In dieser Zeit müssen die Preistreiber neu sortiert werden", sagte sie t-online damals.
"Dramatische Lage" beim bezahlbaren Bauen
Der Ukraine-Krieg und die Lieferkettenprobleme infolge der Corona-Pandemie haben die Preise im Bausektor indes weiter getrieben. Auch der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) schlägt daher Alarm. Beim bezahlbaren Wohnen und Bauen herrsche eine "dramatische Lage".
Fast zwei Drittel (64 Prozent) der sozial orientierten Wohnungsunternehmen müssten Neubauprojekte zurückstellen, fast ein Viertel (24 Prozent) müsse geplante Bauten "komplett aufgeben", erklärte der GdW am Montag.
Die drastischen Preissteigerungen betreffen laut Umfrage des Verbandes bei den sozial orientierten Wohnungsunternehmen beim Neubau aktuell rund 58.000 Wohnungen. Auch Modernisierungen würden wegen der steigenden Preise verschoben oder aufgegeben – bei der altersgerechten und klimaschonenden Modernisierung seien es rund 92.000 Wohnungen und bei der Instandhaltung sogar mehr als 1,5 Millionen Wohnungen.
"Unter den katastrophalen Bedingungen können die sozial orientierten Wohnungsunternehmen derzeit nicht einmal ihre bereits begonnenen Projekte fertig stellen. Der bezahlbare Wohnungsbau, die Regierungsziele von 400.000 Wohnungen jährlich und die Klimaziele bei Gebäuden sind aus derzeitiger Sicht Makulatur, wenn sich nicht sehr schnell etwas ändert", sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko.
- Eigene Recherche
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP