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Lockdown in China und Ukraine-Krieg: Deutsche Autobauer in der Dauerkrise


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Deutsche Autobauer
"China verschärft die Probleme für die deutsche Autoindustrie"


03.05.2022Lesedauer: 4 Min.
Fährt einen strikten Null-Covid-Kurs: Chinas Staatschef Xi Jinping.Vergrößern des Bildes
Fährt einen strikten Null-Covid-Kurs: Chinas Staatschef Xi Jinping. (Quelle: Ju Peng/imago-images-bilder)
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Halbleitermangel, Engpässe bei Kabelbäumen und nun erneute Lockdowns an chinesischen Häfen: Die deutsche Automobilindustrie kommt aus dem Krisenmodus kaum heraus. Doch einige Hersteller haben besser vorgesorgt als andere.

Die Corona-Regeln in Deutschland sind weitestgehend aufgehoben, Biergärten und Clubs wieder gut gefüllt. Doch bei den Automobilherstellern kommen die Öffnungen nicht recht an. Immer wieder stehen die Bänder still.

Der Grund: Teil-Lockdowns in China sorgen für Probleme in den Lieferketten – und damit bei deutschen Autoriesen. So wiesen am Mittwoch die jüngsten Quartalszahlen von Volkswagen zwar einen Gewinn aus, dennoch sprach Vorstandschef Herbert Diess von "beispiellosen Herausforderungen". Die kennt auch Jürgen Matthes. Er leitet das Kompetenzfeld Internationale Wirtschaftsordnung und Konjunktur am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft.

"Die deutsche Wirtschaft hat aktuell mit verschiedenen Lieferkettenproblemen zu kämpfen und ist durch ihren hohen Industrieanteil stärker betroffen als andere weniger industriebasierte europäische Länder wie etwa Frankreich", sagt er. Wichtigster und besonders betroffener Industriezweig ist dabei die Automobilindustrie.

Ökonom: Angaben zu Auswirkungen variieren stark

Die Branche ist aktuell stark verunsichert. "Die Auswirkungen der Lockdowns in China sind schwer abzuschätzen, denn die Angaben darüber, in welchem Umfang die Hafenkapazitäten vor Ort tatsächlich eingeschränkt sind, variieren stark", so Matthes.

China verfolgt eine strikte Null-Covid-Strategie und verhängt immer wieder weitreichende Lockdowns. Zuletzt traf es die Metropole Shanghai, die mittlerweile seit mehreren Wochen abgeriegelt ist. Davon war auch der weltweit größte Hafen betroffen, der zu Shanghai gehört.

Mittlerweile gibt es zwar Proteste gegen die Maßnahmen – gleichzeitig aber wächst die Angst, dass es noch weitere Städte wie etwa Peking treffen könnte. Dann wären mehr als 21 Millionen Einwohner der chinesischen Hauptstadt betroffen.

"Die Container-Knappheit wird verschärft"

Laut Experte Matthes gebe zwar Ausweichmöglichkeiten auf andere chinesische Häfen, aber einen Rückstau könne auch das nicht gänzlich verhindern. Durch die Situation am Hafen von Shanghai entstünden eine Reihe von weiteren Problemen.

"So wird etwa die Container-Knappheit verschärft, wenn so viele Schiffe im Stau stehen", sagt Matthes. Eine besondere Herausforderung sei dabei auch, dass die Omikron-Variante des Coronavirus schwerer durch Lockdowns einzudämmen sei. Damit stelle sich die Lage anders dar als in den vergangenen zwei Jahren. Die chinesischen Impfstoffe helfen ob ihrer geringen Wirkung indes kaum.

Der Verband der Automobilindustrie (VdA) rechnet derweil damit, dass viele Auswirkungen erst später in Deutschland ankommen. "Die Probleme werden zeitversetzt bei uns spürbar, weil die Schiffe aus China bis zu neun Wochen unterwegs sind", so ein Verbandssprecher zu t-online. "Natürlich versuchen wir in der Planung darauf zu reagieren." Sollten die Lockdowns länger anhalten, würde sich die Versorgungssituation deutlich verschlechtern, heißt es weiter.

Unternehmen unterschiedlich stark betroffen

Erste Auswirkungen der jetzigen Lockdowns haben hiesigen Firmen in den vergangenen Wochen bereits gespürt. Konzernen wie VW , die auch in China fertigen, müssen ihre Bänder in Fernost immer wieder anhalten. Auch in Deutschland machen sich fehlende Lieferungen bemerkbar.

Für den Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer lässt sich in der aktuellen Krise auch ein deutlicher Unterschied zwischen den einzelnen Konzernen erkennen. "Der Teil-Lockdown in China verschärft die Lieferprobleme für die deutsche Automobilindustrie. Erneut zeigt sich, wie wichtig eine gute Einkaufsstrategie ist", sagt er t-online.

So hätten sich Tesla und auch BMW gut aufgestellt, kämen bislang ohne größere Produktionsschwierigkeiten durch den weltweiten Chipmangel. VW und Mercedes-Benz hingegen hätten deutlich mehr zu kämpfen. Das würde sich an stehenden Bändern und vermehrter Kurzarbeit in den Werken bemerkbar machen, so der Experte weiter (t-online berichtete).

Dudenhöffer: Kosten werden weiter steigen

Neben Halbleitern kam es im März kurzzeitig zu Lieferproblemen mit Kabelbäumen. Grund hierfür war der russische Einmarsch in die Ukraine, dem Hauptproduktionsort für Kabelbäume (mehr dazu lesen Sie hier).

Doch die Branche reagierte schnell: Sie verlegte ihre Werke und an manchen Orten in der Ukraine wurde die Produktion zwischenzeitlich wieder aufgenommen.

Doch Experte Dudenhöffer rechnet mit langfristigen Folgen des Krieges; Folgen, die viele Autovorstände bislang weniger bedenken mussten. "Die Welt hat sich mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verändert", sagt er. "Ich rechne damit, dass die Kosten für Cybersicherheit deutlich steigen werden – auch im Automobilbereich."

Und das käme bei den ohnehin schon deutlich gestiegenen Kosten noch obendrauf. Durch den Kriegsausbruch ist die Inflation noch weiter gestiegen, vor allem die hohen Energiepreise treiben die Teuerungsrate nach oben.

Im April lag sie in Deutschland bei 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Viele Menschen können sich dementsprechend deutlich weniger leisten, sparen womöglich auch beim Autokauf. "Parallel zur Angebotskrise bauen sich Nachfragehemmungen auf. 2022 könnte damit wirtschaftlich schlechter ausfallen als 2021", sagt Dudenhöffer daher.

Große Sorgen vor Energieengpässen

Die Lieferkettenprobleme sind das eine, noch mehr Angst haben die Autobauer aber vor Energieengpässen. "Die größte Sorge für die deutsche Industrie ist aktuell die Energiefrage. Die Sorge vor einem Gasembargo rückt die Lieferprobleme aus Schanghai in den Hintergrund", betont Ökonom Matthes.

Das Szenario eines Ölembargos bezeichnete Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach einem Treffen der EU-Energieminister zu Beginn der Woche als "sehr wahrscheinlich". Es galt am Montag zunächst als sicher, dass ein Boykott nicht sofort, sondern mit einer Übergangsfrist beschlossen wird.

Zudem soll die Sanktion in einem Stufenprinzip in Kraft treten. Nach Informationen der Zeitung "Handelsblatt" möchte die EU zuerst auf Benzin und Diesel aus Russland verzichten und bis zum Ende des Jahres auf Rohöl. Ein Gasembargo könnte folgen oder Russland könnte seinerseits die Gaslieferungen unterbrechen. Für die Autobranche bleibt es rau.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Ferdinand Dudenhöffer
  • Gespräch mit Jürgen Matthes (IW)
  • Statement VdA
  • MDR: "Unmut über wochenlangen harten Lockdown in Shanghai wächst"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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