Bei russischem Einmarsch Ifo-Chef Fuest rechnet mit "Preisschock" bei Öl und Gas
Sollte Russland in die Ukraine einmarschieren, hätte das dramatische Folgen für deutsche Verbraucher. Ifo-Chef Fuest geht von einem "Preisschock" aus. Der würde die Inflation weiter treiben.
Ifo-Präsident Clemens Fuest erwartet im Falle eines russischen Einmarsches in der Ukraine einen Preisschock bei Öl und Gas. "Selbst wenn die Gaslieferungen nicht eingeschränkt würden, käme es zu einem Preisschock, jedenfalls vorübergehend", sagte der Chef des Münchner Instituts am Freitag. "Das träfe private Haushalte und Industrie in Deutschland gleichermaßen."
Bislang rechnet das Ifo-Institut mit einer Inflationsrate von vier Prozent im laufenden Jahr – es wäre die höchste seit 1993 und noch einmal deutlich mehr als 2021 mir 3,1 Prozent. "Sollte ein Krieg ausbrechen, könnte sie noch höher ausfallen", sagte Fuest.
- Aktueller Kurs: Wo steht der Ölpreis gerade?
Auch Gabor Vogel, Rohstoffexperte bei der DZ Bank, prognostiziert bei t-online einen Anstieg des Ölpreises auf 120 US-Dollar, "sollte es zu einer russischen Invasion kommen". Aktuell liegt dieser bei etwa 93 Dollar pro Fass (159 Liter).
Kommt es entgegen der Befürchtungen nicht zu einer weiteren Verschärfung, dürfte der Ölpreis zwar weiter erhöht bleiben, sagt er. Doch der drastische Aufschlag wäre in dem Fall vom Tisch. Was das für die Spritpreise bedeuten würde, lesen Sie hier.
Fuest: Lieferstopp ist unwahrscheinlich
Ifo-Chef Fuest verwies zudem auf die gegenseitige Abhängigkeit. Westeuropa brauche russisches Öl und Gas. Aber Russland sei auch auf das Geld angewiesen, das dafür bezahlt werde.
Ein Lieferstopp sei unwahrscheinlich, weil Russland auch künftig noch Gas nach Europa verkaufen wolle. Sonst würde die EU von woanders Gas beziehen, zum Beispiel Flüssiggas aus Schiffen.
Dafür Infrastruktur in Deutschland auszubauen, sei auf jeden Fall sinnvoll. Kurzfristig könnten jedoch Versorgungsengpässe eintreten.
Expertin: "Schaden für Russland ist größer"
Die russische Volkswirtschaft ist dem Ifo zufolge jenseits des Energiemarktes für sich genommen nicht so bedeutsam: Das Bruttoinlandsprodukt entspreche gerade einmal der kombinierten Wirtschaftsleistung von Belgien und den Niederlanden.
Außerdem seien die ökonomischen Beziehungen schon wegen bestehender Sanktionen eingeschränkt. "Die wegen der Besetzung der Krim verhängten Sanktionen verringern die deutsche Wirtschaftsleistung pro Jahr um rund fünf Milliarden Euro", sagte Lisandra Flach, die beim Ifo-Institut das Zentrum für Außenwirtschaft leitet. Das seien 0,16 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts.
"Der Schaden für Russland ist größer: Er beträgt 1,2 Prozent der russischen Wirtschaftsleistung", sagte Flach. "Würden weitere Sanktionen verhängt, könnten diese die deutsche Wirtschaft zusätzlich belasten, aber die russische Wirtschaft noch deutlich stärker."
- Nachrichtenagentur Reuters