Drohende Haselnuss-Knappheit Lira-Krise in der Türkei könnte Nutella-Produktion zusetzen
Nutella-Fans müssen sich womöglich auf Schlimmes einstellen: Der begehrte Brotaufstrich könnte knapp werden, fürchten Experten. Hintergrund ist die Währungskrise in der Türkei, die die Haselnuss-Industrie trifft.
Wegen der Währungskrise in der Türkei könnte es zu Haselnuss-Engpässen kommen. Das würde vor allem den großen Süßwarenkonzern Ferrero mit dem bekannten Brotaufstrich Nutella treffen. Das Unternehmen bezieht rund ein Drittel der Haselnuss-Exporte aus der Türkei.
Weil die Lira in den vergangenen Monaten deutlich abgewertet wurde, verteuerte sich die Produktion von Haselnüssen drastisch, schreibt das "Wall Street Journal". Die Lira hatte im laufenden Jahr mehr als die Hälfte ihres Werts verloren. Vor allem seit November ging es steil nach unten.
- Aktueller Kurs: Wo steht die Lira gerade?
Die Kosten für Düngemittel, Saatgut oder Pestizide aus dem Ausland sollen daher deutlich gestiegen sein. Daher lieferten die Bauern aktuell weniger Haselnüsse, was zu Engpässen führen könne, heißt es in dem Bericht.
Türkische Haselnuss-Industrie beschäftigt vier Millionen Menschen
"Die Welt steht am Rande einer Haselnuss-Knappheit", sagte Turgan Zülfikar, der türkische Firmen beim Eintritt in den US-Markt berät, dem "Wall Street Journal". "Wenn Sie ein Nutella-Fan sind, sollten Sie sich besser beim nächsten Einkauf eindecken."
Die Türkei ist mit einem Anteil von 70 Prozent der weltgrößte Lieferant von Haselnüssen. Die ansässige Industrie beschäftigt rund vier Millionen Menschen.
Ferrero hat bereits versucht, weniger abhängig von der Türkei zu werden und die Haselnuss-Produktion nach Italien zu verlagern. Doch bislang liegt das Land weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz hinter der Türkei. Von Ferrero gab es auf Anfrage von t-online bislang keine Einschätzung zu den möglichen Auswirkungen der drohenden Haselnuss-Engpässe.
Erdoğan will Zinssenkungen – trotz Rekordinflation
Zuletzt erholte sich die türkische Lira etwas. Auslöser waren Regierungsmaßnahmen gegen eine weitere Abwertung, die Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan ankündigte. Demnach will die Regierung unter anderem Einlagen in Lira gegen Verluste aus Wechselkursschwankungen absichern.
Den Grund für die Währungskrise und starke Teuerung sehen Experten indes in der Geldpolitik der Zentralbank. Diese hat ihren Leitzins seit September von 19 auf jetzt 14 Prozent gesenkt, obwohl Ökonomen eine deutliche Anhebung für die richtige Antwort halten. Erdoğan will damit Exporte, Kredite und Wachstum vor der Wahl im Jahr 2023 ankurbeln. Er gilt als Zinsfeind: Trotz hoher Inflation übt er Druck auf die Zentralbank aus und fordert Zinssenkungen.
Für einen US-Dollar waren zuletzt 13,21 Lira fällig, ein Euro wurde zu 15,01 Lira gehandelt. Vor dem Regierungspaket war der Dollar-Lira-Kurs bis auf 18,41 Lira gestiegen, für einen Euro mussten bis zu 20,74 Lira gezahlt werden. Aus Sicht der Lira waren das jeweils Rekord-Tiefstände.
- Eigene Recherche
- Anfrage an Ferrero
- Wall Street Journal: "Turkey’s Currency Crisis Slams the Nutella Global Supply Chain"
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters