"Ehrlicher Kassensturz nötig" Bundesrechnungshof sieht Staatsfinanzen in kritischem Zustand
Die Bundesbehörde bemängelt, dass die Regierung keinen langfristigen Plan für ihren Haushalt hat. Geld solle künftig nur für die wichtigsten Aufgaben ausgegeben werden und besser bei den wirklich Bedürftigen ankommen.
Der Bundesrechnungshof blickt mit großer Sorge auf die Lage des Staatshaushalts. "Die Bundesfinanzen befinden sich in einer kritischen Situation", heißt es in einem Bericht der Behörde, der am Mittwoch dem Bundestag übersandt wurde. Es bedürfe "eines ehrlichen Kassensturzes, wirksamer Strukturreformen und einer entschlossenen Prioritätensetzung". Nur mit einem "resilienten Bundeshaushalt" könnten Zukunftsaufgaben wie Klimaschutz und Digitalisierung "aus eigener Kraft, nachhaltig und generationengerecht" gemeistert werden.
Der Bundesrechnungshof monierte in seiner Bestandsaufnahme, dass in den wirtschaftlich guten Jahren 2014 bis 2019 zwar Haushaltsüberschüsse angesammelt wurden – "eine aktive Stabilisierungsstrategie mit nachhaltigen Maßnahmen zur Verbesserung der Haushaltsstruktur" sei jedoch weitgehend unterblieben. "Weniger als zwei Jahre Corona-Pandemie haben ausgereicht, die Bundesfinanzen empfindlich zu schwächen."
Bundesrechnungshof: Große Zukunftsaufgaben endlich angehen
"Jetzt gilt es, möglichst schnell das Ruder herumzuwerfen", mahnte der Bundesrechnungshof. "Bloßes Zuwarten auf bessere wirtschaftliche Verhältnisse wird nicht reichen, um den Bundeshaushalt resilient zu machen, die anstehenden großen Zukunftsaufgaben endlich anzugehen und gleichzeitig die nachfolgenden Generationen vor einer überbordenden Schuldenlast zu bewahren."
Konkret verlangte der Bundesrechnungshof von der nächsten Bundesregierung, dass sie mutig sein und sich auf die drängendsten, dem Bund vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben konzentrieren solle. Nötig sei auch ein Ausgabenmoratorium, das sicherstellt, dass neue Maßnahmen nur dann finanziert werden, wenn dafür eine andere Maßnahme gestrichen wird.
Kampf gegen Steuerbetrug soll mehr Einnahmen bringen
Daneben müssten soziale Transferleistungen zielgenauer "auf die wirklich Bedürftigen und Schwachen" ausgerichtet werden. Um die Einnahmenseite zu verbessern, riet der Bundesrechnungshof, Steuerbetrug stärker zu bekämpfen. Wichtig sei zudem, steuerliche Subventionen und Vergünstigungen daraufhin zu überprüfen, ob sie überhaupt ausreichend wirksam sind oder dem Klima schaden.
Sehr deutlich stellte sich die Bonner Behörde gegen eine Abschaffung der Schuldenbremse. "Die Versuchung einer weiteren, von den Begrenzungen durch die Schuldenregel befreiten Verschuldung ist dabei nicht das Mittel der Wahl, um die jetzt anstehenden Aufgaben zu lösen", erklärte sie.
Kritik an Finanzierungsideen von SPD, Grünen und FDP
Rechnungshofpräsident Kay Scheller betonte, die Schuldenbremse habe sich in der Corona-Krise bewährt und milliardenschwere Hilfen ermöglicht. "Eine Aufweichung oder gar Abschaffung der Schuldenregel wäre der falsche Weg und eine Kapitulation vor den Problemen, ohne Lösungen überhaupt diskutiert zu haben."
Lösungen lägen "nicht in intransparenten Nebenhaushalten wie Fonds, Zweckgesellschaften oder anderen Konstruktionen, sondern in einem beherzten und klaren Konsolidierungskurs", erklärte Scheller. "Dazu sehe ich keine Alternative."
- Nachrichtenagentur AFP