"Finanzierungsschock" droht Expertengremium fordert späteren Renteneintritt
Der Rentenversicherung droht eine finanzielle Schieflage. Nun fordern die Berater von Wirtschaftsminister Altmaier eine umfassende Rentenreform.
Durch die Corona-Pandemie verschlechtert sich die finanzielle Lage der Rentenversicherung in Deutschland – jetzt mahnen die wissenschaftlichen Berater von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Reformen an. Der wissenschaftliche Beirat bei dem Ministerium legte am Montag ein Gutachten vor, das längeres Arbeiten im Alter und eine Begrenzung der Rentenerhöhungen vorsieht.
Wegen der bevorstehenden Verrentung der Menschen aus den sogenannten Babyboomer-Jahren steuere die Rente auf einen "Finanzierungsschock" zu, sagte der Beiratsvorsitzende Klaus Schmidt bei der Vorstellung des Gutachtens. "Die Pandemie hat dazu geführt, dass der Schock früher einsetzt und dass er stärker ausgeprägt sein wird."
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Schmidt äußerte sich kritisch zu den von der großen Koalition 2018 eingeführten Haltelinien. Sie legen fest, dass das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinkt und die Beiträge nicht über 20 Prozent steigen.
Bleibe es bei diesen Regelungen, müssten stark steigende Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse fließen. "Das ginge zulasten von Zukunftsinvestitionen zum Beispiel in Bildung, Infrastruktur und Klimaschutz und würde die Tragfähigkeit unseres Sozialsystems untergraben."
Recht auf Weiterbeschäftigung
Der Beirat hält die Kopplung des Renteneintrittsalters an die Entwicklung der Lebenserwartung für unumgänglich. "Das geschieht am besten durch eine dynamische Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung, sodass das Verhältnis der in Arbeit und in Rente verbrachten Lebenszeit konstant bleibt", sagte der Autor des Gutachtens, Axel Börsch-Supan.
Gemäß den derzeitigen Prognosen der Lebenserwartung werde mit einer solchen Regel 2042 ein Renteneintrittsalter von 68 Jahren erreicht, berechnete der Beirat. Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen wollen die Experten davon ausnehmen.
Umgekehrt gebe es aber schon jetzt viele Menschen, die gerne länger arbeiten wollen, dies aber etwa wegen tariflicher Regeln nicht dürften. Deshalb solle ein begrenztes Weiterbeschäftigungsrecht eingeräumt werden, solange nicht betriebliche Gründe dagegensprechen.
So soll Altersarmut eingedämmt werden
Über eine Erhöhung des Renteneintrittsalters hinaus hält der Beirat weitere Schritte für notwendig. Dafür beschreibt das Gremium zwei Wege: Der erste besteht darin, Bestandsrenten weniger stark zu erhöhen als neue Renten.
Als zweiten Weg schlagen die Experten ein Modell vor, das zu einer relativen Aufwertung geringer Renten gegenüber höheren führen soll – und daher die Gefahr von Altersarmut eindämmt.
"Beide Wege haben unterschiedliche Verteilungsimplikationen und unterschiedliche Vor- und Nachteile, die sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen", sagte Börsch-Supan.
- Nachrichtenagentur AFP