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IW-Studie: Nimmt die Ungleichheit wegen Corona zu?


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Neue Studie
Wird die Ungleichheit in Deutschland wegen Corona gößer?


Aktualisiert am 10.12.2020Lesedauer: 3 Min.
Mitarbeiter der Berliner Tafel (Symbolbild): Millionen Deutsche waren auf dem Höhepunkt der Corona-Krise in Kurzarbeit.Vergrößern des Bildes
Mitarbeiter der Berliner Tafel (Symbolbild): Millionen Deutsche waren auf dem Höhepunkt der Corona-Krise in Kurzarbeit. (Quelle: snapshot/imago-images-bilder)

Klaffen die Einkommen wegen der Corona-Krise weiter auseinander? Eine neue Studie gibt Aufschluss darüber – und kommt zu einem überraschenden Ergebnis.

"Mehr als 6 Millionen Menschen sind in Kurzarbeit", "Die Arbeitslosigkeit nimmt wieder zu": Die Schlagzeilen über die Auswirkungen der Corona-Krise auf den deutschen Arbeitsmarkt dürften vielen Menschen noch präsent sein.

Die logisch erscheinende Schlussfolgerung müsste also sein: Die Lage auf dem Arbeitsmarkt war und ist schwierig, dementsprechend geht auch das Einkommen zurück – vor allem derjenigen, die ohnehin weniger verdienen. Die Folge also: Die Einkommen klaffen immer weiter auseinander.

Doch ist dem auch wirklich so? Wird die Ungleichheit durch Corona größer? Eine neue Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) gibt darüber Aufschluss – mit erstaunlichem Ergebnis.

Verfügbares Einkommen ist absolut kaum gesunken

Tatsächlich ist das sogenannte Markteinkommen durch die Corona-Krise zurückgegangen – um durchschnittlich 107 Euro pro Person und Monat. Zu den Markteinkommen zählen etwa die Einkommen von Angestellten und Selbstständigen, aber auch Einkommen aus der Geldanlage oder dem Nettomietvorteil. Das meint, dass man eine Immobilie, die man besitzt, nicht vermietet, sondern selbst bewohnt. Zahlungen aus der gesetzlichen Rente zählen hingegen hier nicht zu.

Die entscheidende Größe ist aber das sogenannte verfügbare Einkommen – also das Einkommen, das einem tatsächlich zur Verfügung steht und das man ausgeben kann. Hier zählen auch staatliche Transferleistungen mit hinein – und Steuern sowie Sozialabgaben werden abgezogen.

Anders als das Markteinkommen hat sich dieses Einkommen nur um 12 Euro verringert. Die Haushalte in den beiden niedrigsten Einkommenszehnteln haben in der Krise sogar etwas mehr Geld als im Vorjahr – 9 bzw. 11 Euro mehr im Monat.

Ungleichheit geht zurück

Auch das rechnerische Maß für Ungleichheit, der sogenannte Gini-Koeffizient, ist zurückgegangen. 2018 lag er bei 0,293 – 2020 bei 0,289. Je höher der Wert ist, desto ungleicher sind die Einkommen verteilt.

Doch woran liegt das? Das IW macht dafür drei Gründe aus:

  1. Anti-Krisen-Maßnahmen: Es gab einen einmaligen Kinderbonus, der Steuerfreibetrag für Alleinerziehende wurde erhöht und der Zugang zur Grundsicherung erleichtert. Zudem habe das Kurzarbeitergeld dazu beigetragen, dass die Ungleichheit nicht zunehme, so die Studienautoren.
  2. Sozialpolitische Änderungen: Schon zu Jahresbeginn, also vor der Corona-Krise, traten einige Änderungen in Kraft. So sind die Regelsätze für die Grundsicherung gestiegen. Alleinstehende Erwachsene, die auf Sozialhilfe oder Hartz IV angewiesen sind, erhalten im Jahr 2020 acht Euro mehr im Monat. Auch das Wohngeld und der Kinderzuschlag wurden erhöht. Beim Kinderzuschlag hat das Familienministerium die Zugangsvoraussetzungen angepasst – so sollen deutlich mehr Familien profitieren.
  3. Unterschiedliche Erwerbstätigkeit: In den unteren Einkommenszehnteln sind weniger Menschen erwerbstätig – in diesen Einkommensklassen gibt es etwa mehr Renten. Zudem sind Menschen auf staatliche Hilfsleistungen angewiesen – die bisweilen erhöht wurden. Auch die gesetzliche Rente stieg zum Juli. Die Menschen mit höherem Markteinkommen haben im Vergleich also mehr verloren.

"Ohne die staatlichen Maßnahmen hätten wir eine größere Ungleichheit als vor der Krise", folgert Studien-Co-Autor Maximilian Stockhausen. IW-Chef Michael Hüther ergänzt: "Es haben sich Effekte entwickelt, die erwünscht waren."

Es sei deshalb sinnvoll, dass die Regierung auch in den nächsten Monaten nicht nachlasse, Firmen und Bürger zu unterstützen. Diese sollten so passgenau wie möglich sein, um unnötige Schulden und Fehlanreize zu vermeiden.

IW-Chef: Steuererhöhungen wären schädlich

"Trotz der schnellen und umfangreichen Hilfen hat die Corona-Krise zu finanziellen Sorgen geführt." Außerdem sei der Lockdown light noch nicht mit eingerechnet – ebenso wenig wie ein möglicher harter Lockdown. "Es bleibt zu hoffen, dass 2021 im Zeichen der wirtschaftlichen Erholung steht", so Hüther.

Unnötig wäre jetzt eine Diskussion über Steuererhöhungen oder eine Vermögensabgabe. "Wir gehen mit Entlastungen ins neue Jahr", sagt Hüther mit Blick auf die weitgehende Abschaffung des Soli. "Die Wettbewerbsfähigkeit darf jetzt nicht durch Steuererhöhungen beschädigt werden."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • IW-Report 65/2020: Stabil durch die Krise? Verteilungsfolgen der Corona-Pandemie
  • IW-Pressemitteilung: "Staatseingriffe verhindern steigende Ungleichheit"
  • Videopressekonferenz mit Hüther sowie Studienautoren Neihues, Beznoska, Stockhausen
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