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Umstrittene Regel: Handel und Steuerzahlerbund kritisieren Bonpflicht


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Umstrittene Regelung
Handel und Steuerzahlerbund kritisieren Bonpflicht


07.02.2020Lesedauer: 4 Min.
Die Kassenbonpflicht ist immer noch Streitthema in der Großen Koalition. Handel und Bund der Steuerzahler bleiben bei Ihrer Kritik an dem neuen Gesetz.Vergrößern des Bildes
Die Kassenbonpflicht ist immer noch Streitthema in der Großen Koalition. Handel und Bund der Steuerzahler bleiben bei Ihrer Kritik an dem neuen Gesetz. (Quelle: dpa)

Der Streit um die Bonpflicht in der großen Koalition dauert an. Eine Einigung zwischen Wirtschaftsminister Altmaier und Finanzminister Scholz scheint nicht in Sicht. Handel und Steuerzahlerbund bekräftigen jetzt ihre Kritik an dem Gesetz.

Die Aufregung über die jüngst eingeführte Bonpflicht für Händler und Gastronmen reißt nicht ab. In einem gemeinsamen Brief an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bekräftigen nun der Handelsverband Deutschland (HDE) und der Bund der Steuerzahler (BdSt) ihre Vorbehalte gegen die Gesetzesnovelle.

In dem Schreiben, das t-online.de vorliegt, rufen die Interessensverbände die Bundesregierung dazu auf, die so genannte "Belegausgabepflicht", kurz Bonpflicht, so zu ändern, dass Kunden nur auf eigenen Wunsch einen Kassenbon erhalten. Zur Begründung heißt es unter anderem: "Aus unserer Sicht bringt die verpflichtende Ausgabe des Kassenbons keinen zusätzliche Sicherheitsgewinn für die Besteuerung." Die Speicherung der Umsätze erfolge "völlig unabhängig von der Ausgabe des Kassenbons".

Damit stellen sich HDE und BdSt klar gegen Scholz, der die Bonpflicht zuletzt verteidigt hatte, indem er die Vorteile im Kampf gegen Umsatzsteuerbetrug betonte. Die Gesetzesänderung hatte der Bundestag bereits vor drei Jahren beschlossen. Ziel der neuen Regelung ist es, dass Händler und Gastronomen künftig keine Umsätze mehr am Fiskus vorbeischleusen können.

"Die Bonpflicht bringt nur Probleme"

Genau dieser Punkt aber ist hoch umstritten. Schon vor Inkrafttreten der Bonpflicht hatte der Handelsverband die Gesetzesnovelle kritisiert, weil die Erstellung eines Kassenbons und die Umsatzbuchung in der Kasse zwei getrennte Vorgänge seien.

Auch nach Einführung der Pflicht bleibt HDE-Präsident Josef Sanktjohanser bei dieser Aufassung. "Die Bonpflicht bringt keinen Mehrwert, sondern nur Probleme", sagte er t-online.de "Für kontrollierbare Steuerehrlichkeit an der Ladenkasse sorgt bereits der Einbau der technischen Sicherheitseinrichtung." Das Ausdrucken von Kassenbons dagegen belastet nur die Nerven der Kunden sowie der Händler und ist ein Rückschritt in Sachen Umweltschutz, so Sanktjohanser weiter. "Wir fordern daher die Streichung der Bonpflicht."

Reiner Holznagel, Präsident des Steuerzahlerbundes ist derselben Meinung . Er sieht in der Bonpflicht vor allem eine staatlich hervorgerufene Geldverschwendung, auf die der Bund der Steuerzahler auch künftig hinweisen werde. "Das Thema hat sich nicht erledigt", sagte er t-online.de. "Wenn die Politik darauf gehofft hatte, dass sich der Protest bald legt, wird sie jetzt eines Besseren belehrt." Kunden und Unternehmer beschwerten sich gleichermaßen über die Bonausgabe, erklärte Holznagel. "Sie ist weder ökologisch sinnvoll noch ökonomisch erforderlich!"

Altmaier plädiert für Ausnahmen

Innerhalb der Großen Koalition hatte sich zuletzt Wirtschaftsminister Altmaier gegen Scholz gestellt und Ausnahmen von der Bonpflicht gefordert, etwa für Bäckereien. Laut Wirtschaftsministerium seien diese auch möglich. "Die Praxis zeigt jedoch, dass das Bundesfinanzministerium bzw. die Finanzämter von diesen Ausnahmemöglichkeiten bislang keinen Gebrauch macht", sagte eine Sprecherin t-online.de.

Scholz und Altmaier selbst lehnten es auf Anfrage ab, sich zum Brief von HDE und BdSt zu äußern. Beide Ministerien verwiesen auf frühere Aussagen der Minister. Scholz betonte demnach, dass alle Händler genug Zeit gehabt hätten, um sich auf die Bonpflicht vorzubereiten. Zudem zeige sich in anderen Ländern wie Österreich, Italien oder Schweden, dass die Bonpflicht zu mehr Transparenz und damit zu einer größeren Wahrscheinlichkeit führe, Steuerhinterziehung zu entdecken.

Altmaier verwies auf eine jüngst gehaltene Rede, in der betonte, dass er die Bonpflicht nicht als Koalitionskonflikt betrachte. Dennoch fühlten sich viele Händler und Gastronomen unter Generalverdacht gestellt, wenn sie zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung die Bons ausdrucken müssen. Er plädiere deshalb dafür, dass das Finanzministerum eine Anweisung an die Finanzämter schickt, von den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmeregelungen auch Gebrauch zu machen.

Verbraucher sind geteilter Meinung

Auch die Mehrheit der Verbraucher in Deutschland lehnt die Bonpflicht nach ihrer Einführung ab. Wie eine aktuelle repräsentative Umfrage des Marktorschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ergab, sind 56 Prozent der Befragten gegen die Kassenbonpflicht. 32 Prozent sprechen sich dafür aus.

Hauptgrund dafür ist der ökologische Aspekt des Gesetzes. Verbraucher lehnen die Bonpflicht primär ab, weil durch die Quittungen zusätzlicher Abfall entsteht (86 Prozent). Viele Teilnehmer (64 Prozent) glauben zudem, dass die Belegausgabe keine Steuerhinterziehung im größeren Umfang verhindern kann.

Rund 40 Prozent der Bonpflicht-Kritiker gaben jeweils an, dass Händler wegen der Umstellung auf neue Kassen Kosten schultern müssten. Etwa genauso hoch war der Anteil derer, die die vielen Zettel im Portemonnaie nerven.

Unter den Befürwortern der Bonpflicht folgen viele der Argumentation der Bundesregierung: Fast drei Viertel (74 Prozent) meinen, das Erschweren von Steuerhinterziehung durch die Bonpflicht wiege schwerer als Nachteile der Vorschrift wie mehr Müll. Auch nutzt gut jeder Dritte (35 Prozent) Belege für die persönliche Haushaltsführung.

Frankreich hat die Bonpflicht kürzlich abgeschafft

Wie es mit der Bonpflicht weiter geht, ist offen. Einen neuen Termin für einen Koalitionsgipfel, in dem die Vorschrift thematisiert werden soll, gibt es dem Vernahmen nach noch nicht. Auch zeichnet sich noch kein konkreter Kompromiss ab.

Allerdings sorgten jüngst Nachrichten aus Frankreich für Aufsehen. Die Regierung von Präsident Emmanuel Macron hatte zuletzt nämlich Bonpflicht für Beträge bis zu 30 Euro abgeschafft. Nur auf Wunsch erhalten die Franzosen ab sofort bei niedrigeren Summen einen Bon. Altmaier nannte diesen Weg zuletzt "interessant".

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Nachrichtenagentur dpa
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