Wegen Umbaus Deutsche Bank erwartet fünften Jahresverlust in Folge
Der Strategieschwenk sollte für die Deutsche Bank ein Wendepunkt sein. Ob das funktioniert, bleibt abzuwarten. Bankanalysten erwarten jedenfalls einen Jahresverlust von über fünf Milliarden Euro.
Deutsche-Bank-Anleger brauchen kommende Woche wieder Nerven wie Drahtseile: Während der US-Rivale JP Morgan Rekordgewinne scheffelt, ächzt das größte deutsche Geldhaus wegen des teuren Konzernumbaus unter einem milliardengroßen Verlustberg.
Doch viel mehr als den fünften Jahresverlust in Folge wird die Anleger am Donnerstag bei der Bilanzpräsentation in Frankfurt interessieren, wie die Geschäfte in den einzelnen Sparten gelaufen sind und wie Vorstandschef Christian Sewing die Aussichten für seine Bank im Jahr des 150-jährigen Jubiläums einschätzt.
Renditenprognosen sind "ambitionierter"
Der 49-Jährige hat ein hartes Stück Arbeit vor sich, denn die Skepsis bei Analysten ist groß. "Es ist nicht zu erkennen, dass der Strategieschwenk ein Wendepunkt für die Bank ist", sagt Experte Amit Goel von Barclays. "Die Bank wird Schwierigkeiten haben, ihre Ertragsziele zu erreichen." Sewing selbst hat die Renditeprognosen beim Investorentag kurz vor Weihnachten als "ambitionierter" bezeichnet. Die Ertragsziele wurden schon kurz nach der Verkündung der neuen Strategie im Sommer eingedampft. Bis 2022 rechnet der Vorstand nun mit Gesamterträgen von rund 24,5 Milliarden Euro.
Die Ergebnisse der großen US-Institute lassen nach Meinung von Experten darauf schließen, dass die Deutsche Bank zumindest beim Handel mit festverzinslichen Wertpapieren Fortschritte gemacht hat. "Es ist davon auszugehen, dass der Anleihehandel auch bei der Deutschen Bank im vierten Quartal gut gelaufen ist. Alles andere wäre eine massive Enttäuschung", ist sich Analyst Philipp Häßler vom Brokerhaus Pareto Securities sicher.
Jedoch verliere die Deutsche Bank im Anleihehandel – wie viele ihrer europäischen Rivalinnen – Marktanteile, räumt Goel ein. Die Erholung von Oktober bis Dezember liege vor allem daran, dass das Vergleichsquartal 2018 in der ganzen Branche sehr schwach ausgefallen sei.
Privatkundengeschäft läuft schleppend
Vom Datenanbieter Refinitiv befragte Analysten rechnen mit einem Jahresverlust von knapp über fünf Milliarden Euro. Analyst Goel von Barclays erwartet sogar ein Minus von 5,4 Milliarden Euro. Solch konkrete Prognosen traut sich jedoch kaum ein Analyst zu, obwohl sich der Neunmonatsverlust bereits auf 4,1 Milliarden Euro summierte. "Die Frage ist, wie viel der Umbaukosten noch in die Bilanz des vergangenen Jahres gepackt wurden", sagt Analyst Andreas Pläsier von Warburg Research.
Sewing taxierte die Kosten für den größten Umbau in der Firmengeschichte auf 7,4 Milliarden Euro. Weltweit fallen 18.000 Stellen weg, der Aktienhandel wird dichtgemacht und der Anleihehandel – einst das Aushängeschild der Bank – wird geschrumpft. Künftig will sich die Bank stärker auf Firmen- und Privatkunden fokussieren.
Aktien der Deutschen Bank steigen wieder
Doch in dem klassischen Bankgeschäft kämpft die Deutsche Bank mit sinkenden Margen und den ultraniedrigen Zinsen. In der Privatkundensparte werden die Erträge in den kommenden Jahren stagnieren. Für die Unternehmensbank prognostiziert der Vorstand zwar ein Ertragswachstum um drei Prozent pro Jahr, allerdings trübt sich das Geschäft auch ein. Einer Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) zufolge fragten Firmen im vierten Quartal bei Banken der Euro-Zone erstmals seit sechs Jahren weniger Darlehen nach. Auch im laufenden Quartal werde der Abwärtstrend anhalten.
Ungeachtet der unklaren Aussichten haben die Deutsche-Bank-Aktien in den vergangenen Wochen eine Aufholjagd hingelegt. Seit Anfang Januar stiegen sie um gut acht Prozent auf 7,52 Euro. Im selben Zeitraum verlor der europäische Bankenindex zwei Prozent. Börsianer warnen vor zu viel Euphorie. "Die Aktien hatten Rückenwind durch ermutigende Aussagen von Sewing und den Zahlen der US-Banken", sagt Chefanalyst Stefan de Schutter vom Brokerhaus Alpha Trading. "Nach der Bilanzvorlage der Deutschen Bank entscheidet es sich, ob es wieder bergab geht."
- Nachrichtenagentur Reuters