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Netzausbau: Warum dauert das so lange?


Fragen und Antworten
Netzausbau in Deutschland: Warum dauert das so lange?

dpa, Teresa Dapp

09.01.2018Lesedauer: 4 Min.
Eine Hochspannungsleitung bei Sehnde (Niedersachsen): Schleppender und teurer Netzausbau ist ein Lieblingsthema der Kritiker der Energiewende.Vergrößern des Bildes
Eine Hochspannungsleitung bei Sehnde (Niedersachsen): Schleppender und teurer Netzausbau ist ein Lieblingsthema der Kritiker der Energiewende. (Quelle: Symbolbild/Julian Stratenschulte/dpa-bilder)

Schleppender und teurer Netzausbau ist ein Lieblingsthema der Kritiker der Energiewende. Meist geht es dabei um die riesigen Stromtrassen quer durch Deutschland – zum Ärger von Stadtwerken und Anwohnern.

Wenn Deutschland ein Netzproblem hat, bedeutet das nicht nur, dass in der Pampa Handyempfang und schnelles Internet fehlen. Im Alltag weniger spürbar, aber ähnlich problematisch ist der schleppende Stromnetz-Ausbau. Zwar kommt hierzulande fast überall, wo Menschen wohnen, zu fast jeder Zeit Strom aus der Steckdose. Aber die Mega-Aufgabe Energiewende – also: weg vom Atomstrom und irgendwann auch weg von Kohle, Öl und Gas – stellt das Netz vor enorme Herausforderungen. Es geht dabei nicht nur um gewaltige Trassen von Nord nach Süd, sondern auch um jeden einzelnen Haushalt.

Wie weit ist der Netzausbau in Deutschland?

Meist ist damit der Ausbau der sogenannten Übertragungsnetze gemeint, die zum Beispiel Windstrom aus dem Norden in den Süden transportieren sollen. Es gab ein langes Gezerre in der Politik, bis man sich einigte, die "Stromautobahnen" möglichst unterirdisch zu verlegen – was sie teurer macht und die Bauzeit verlängert, aber bei Anwohnern besser ankommt. Die Bundesnetzagentur gibt über den Stand der Dinge Auskunft: Nach dem dritten Quartal 2017 waren von insgesamt 7.700 geplanten Leitungskilometern 900 gebaut – teils geht es dabei auch nur darum, Leitungen zu verstärken, nicht komplett neu zu verlegen. Im dritten Quartal wurden insgesamt 38 Kilometer gebaut.

Warum zieht sich der Bau so lange hin?

Die Übertragungsnetzbetreiber können nicht einfach loslegen. Sie schlagen Strecken vor, die dann sorgfältig geprüft werden – sie sollen möglichst kurz sein, um Geld zu sparen, sollen aber auch Mensch und Natur möglichst wenig beeinträchtigen. Bürger dürfen mitreden. Die Dialog- und Info-Veranstaltungen ziehen das Verfahren in die Länge, reduzieren aber – wenn es gut läuft – das Risiko von Klagen und Gerichtsverfahren, die noch viel länger dauern. Die sogenannten Antragskonferenzen für die Stromautobahnen Suedlink und Suedostlink wurden 2017 abgeschlossen. Das Planfeststellungsverfahren soll nun rund drei Jahre dauern, mit einer Genehmigung rechnen die Betreiber für 2021. Dann wird gebaut – ab 2025 soll Strom fließen.

Worüber gibt es Streit?

Bürgerinitiativen wollen aus unterschiedlichen Gründen verhindern, dass Trassen in ihrer Nachbarschaft oder durch Schutzgebiete laufen. Aber auch viele Bauern wehren sich. Sie fürchten um die Qualität ihrer Böden, wenn Kabel dort vergraben werden. Der Bauernverband fordert wiederkehrende Entschädigungen statt einmalige, da die Unternehmen ja auch fortwährend Gewinne mit den Leitungen machten.

Warum sind diese Netze überhaupt so wichtig?

Weil Windstrom aus dem Norden im industriereichen Süden bisher zu wenig ankommt. Der große Netzbetreiber Tennet musste 2017 nach eigenen Angaben fast eine Milliarde Euro für sogenannte Noteingriffe ins Netz zahlen, weil nicht genug Leitungskapazitäten frei waren. Solche Kosten landen am Ende beim Verbraucher. Wer Schuld ist an der Netzüberlastung, ist umstritten. Die einen sagen, die Erneuerbaren würden zu schnell ausgebaut – die anderen kritisieren, dass Strom aus konventionellen Kraftwerken die Netze verstopfe, weil sie nicht flexibel genug heruntergefahren würden, wenn viel Ökostrom fließe.

Und wenn es nicht schnell genug geht?

Dann kann es passieren, dass Deutschland in Strompreiszonen aufgeteilt werden muss. Das hat damit zu tun, dass die EU-Staaten ihre grenzüberschreitenden Leitungen nach und nach für den Stromhandel mit den Nachbarstaaten öffnen müssen. Um Netz-Engpässe zu vermeiden, können sie wählen, ob sie ihren Strommarkt in Regionen aufteilen – die dann unterschiedliche Strompreise hätten – oder die Netze ausbauen. Die Bundesregierung will Strompreiszonen vermeiden.

Sind die Übertragungsnetze das einzige Problem?

Nein, obwohl es meist um sie geht. "Die Übertragungsnetzbetreiber dominieren derzeit die Agenda. Wir brauchen aber eine enorme Investitionswelle gerade für die örtlichen Verteilnetze", sagt etwa Johannes Teyssen, der Chef des Energiekonzerns Eon. Diese müssten digitalisiert werden, um mehr Informationen zu bekommen und sie so besser steuern zu können. Auch Katherina Reiche, Geschäftsführerin des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU), kritisiert: "Verteilnetze werden in der öffentlichen und politischen Diskussion hoffnungslos unterschätzt."

Was kommt auf die Verteilnetze zu?

Irgendwann soll zum Beispiel jeder Autobesitzer elektrisch fahren und sein Auto auch laden können, ohne dass das Netz zusammenbricht, wenn nach Feierabend die halbe Straße das "Tankkabel" anschließt. Auch das gehört zur Energiewende. Und natürlich die Stromerzeugung etwa über Solaranlagen auf Dächern oder über Windräder. An die 1,7 Millionen Kilometer Verteilnetz in Deutschland sind dem VKU zufolge schon jetzt 1,6 Millionen Erneuerbare-Energie-Anlagen angeschlossen – fast alle, nur Windparks auf dem Meer nicht. Und es werden mehr. "Im Verteilnetz spielt die Energiewende und nirgendwo sonst", sagt Reiche.

Was fordern die Betreiber der Verteilnetze?

Klare Spielregeln und Unterstützung für Investitionen. Aber auch einen Überblick über technische Daten, um genaue Vorhersagen machen zu können. "Im Moment ist das so, dass Betreiber die technischen Daten nur noch zusammengefasst bekommen – der Gesetzgeber dachte, das reicht", kritisiert VKU-Chefin Reiche. Zudem müsse die Frage der Verantwortung geklärt werden. Aus Sicht der Kommunen sollten das die Stadtwerke sein, da sie sich vor Ort auskennen. Der VKU ist der Meinung, die Betreiber der großen Übertragungsnetze hätten zu viele Durchgriffsrechte. "Es käme auch niemand auf die Idee, dass der Bundesverkehrsminister von Berlin aus alle Ampeln reguliert, in der Hoffnung zu wissen, wie der Verkehr vor Ort läuft", sagt Reiche.


Quelle:
- Nachrichtenagentur dpa

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