"Instabilität und Ungewissheit" China dämpft Erwartung an eigenes Wachstum
China hat die Erwartungen für sein Wirtschaftswachstum für dieses Jahr leicht nach unten geschraubt. Zudem muss das Land mehr Schulden machen, wie Regierungschef Li Keqiang zum Auftakt der Plenarsitzung des Volkskongresses in Peking sagte.
In seinem Bericht drosselte Li Keqiang das Wachstumsziel für die zweitgrößte Volkswirtschaft in diesem Jahr auf "rund 6,5 Prozent". Wenn möglich, könne es auch mehr sein. Doch liegt das Ziel damit unter der Vorgabe im Vorjahr, als 6,5 bis 7 Prozent angestrebt worden waren. Erreicht wurden dann immerhin 6,7 Prozent Wachstum. Das war allerdings so wenig wie seit 26 Jahren nicht mehr. Die Inflation soll bei rund drei Prozent gehalten werden.
Gleichzeitig rechnet Li Keqiang damit, dass das Haushaltsdefizit des Landes im Vergleich zum Vorjahr um 200 Milliarden auf 2,38 Billionen Yuan (rund 324 Mrd Euro) zulegt.
Trend zu Protektionismus
Der Premier zeigte sich in seiner mehr als eineinhalbstündigen Rede besorgt über die globale Konjunktur. "Das Wachstum der Weltwirtschaft ist weiter schwach, und der Trend zur Umkehrung der Globalisierung und der Protektionismus wachsen."
Auf die Drohungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump mit Strafzöllen gegen China ging Li Keqiang nicht ein. Er sagte nur, es gebe Unwägbarkeiten über die Richtung einzelner Volkswirtschaften. "Die Faktoren, die Instabilität und Ungewissheit erzeugen, wachsen zusehends."
Der Premier versprach, die proaktive Haushaltspolitik fortsetzen zu wollen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Ausgaben der Zentralregierung sollen laut Haushaltsentwurf um 6,5 Prozent steigen. Das ist ein halber Prozentpunkt weniger als im Vorjahr.
Die Einnahmen sollen um fünf Prozent steigen. Das Defizit wird nach Angaben Li Keqiangs weiterhin drei Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen, was allgemein als kritische Schwelle angesehen wird.
Li Keqiang äußerte sich besorgt über die hohe Verschuldung von Unternehmen, die "schrittweise auf ein akzeptables Niveau gebracht" werden müsse. Seine Regierung wolle auch gegen systemische Finanzrisiken vorgehen, die "gegenwärtig insgesamt unter Kontrolle sind". "Wir müssen aber auf der Hut sein vor Risiken wie durch faules Vermögen, den Ausfall von Rückzahlungen, Schattenbanken und Onlinefinanzgeschäfte."
Besseren Marktzugang angekündigt
Seine Regierung will auch Überkapazitäten in der Stahl- und Kohleindustrie abbauen. So sollen die Produktionskapazitäten um rund 50 Millionen Tonnen Stahl reduziert werden. Auch sollen Anlagen zur Förderung von mindestens 150 Millionen Tonnen Kohle geschlossen werden. Der Bau von Kohlekraftwerken soll gestoppt und verschoben oder bestehende Kapazitäten beseitigt werden, um insgesamt 50 Millionen Kilowatt weniger Strom aus Kohle zu produzieren.
Nach vermehrten Klagen deutscher und anderer ausländischer Unternehmen über mangelnden Marktzugang in China versprach der Premier, das Investitionsumfeld verbessern und mehr Industriebereiche öffnen zu wollen. Er bekräftigte frühere Zusagen, dass ausländische Firmen mit chinesischen gleich behandelt werden sollen, wenn es um Lizenzen, öffentliche Ausschreibungen und Standards gehe. In Umfragen beklagen ausländische Unternehmen in China seit Jahren schon Diskriminierung gegenüber einheimischen Wettbewerbern.