t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeWirtschaft & FinanzenAktuellesWirtschaft

Iran-USA-Konflikt: Ist die Weltwirtschaft in Gefahr?


Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.

Die Unsicherheit wächst
Was bedeutet die Nahost-Krise für deutsche Konsumenten?

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 08.01.2020Lesedauer: 4 Min.
Nahost-Konflikt: Gewollte Zwischenfälle, Anschläge und Morde bergen die kaum kalkulierbare Gefahr, dass am Ende doch ein offener Krieg ausbricht.Vergrößern des Bildes
Nahost-Konflikt: Gewollte Zwischenfälle, Anschläge und Morde bergen die kaum kalkulierbare Gefahr, dass am Ende doch ein offener Krieg ausbricht. (Quelle: Pacific Press Agency/imago-images-bilder)
News folgen

Die Spannungen im Nahen Osten nehmen zu. Auswirkungen des Konflikts sind weltweit zu spüren. Doch nicht jeder ist gleichermaßen betroffen. Die einen können sich entspannen, die anderen sollten sich auf alles gefasst machen.

Öl, Gold und sichere Staatsanleihen zu Höchstpreisen, Aktien im Tauchgang: Das kommt Ihnen bekannt vor? Sie haben recht. Ähnlich wie in dieser Woche entwickelten sich die Märkte im September, als die größte Ölraffinerie Saudi-Arabiens von Bomben getroffen wurde. Ein paar Tage später war der Spuk vorbei, die Aktien kletterten fröhlich dem Jahresende entgegen, und an der Tankstelle bröckelten die Preise. Doch diesmal ist die Lage anders. Die weltweite Unsicherheit über Krieg und Frieden im Nahen Osten wächst. Auf die Militäraktion des Iran gegen zwei amerikanische Militärbasen im Irak in der Nacht zum Mittwoch wird es heute mittag eine Antwort des amerikanischen Präsidenten geben.

Wird Benzin und Heizöl beeinflusst?

Für den Ölpreis lässt sich die Sache vergleichsweise kurz machen: Der Westen ist nicht mehr so abhängig vom Öl wie früher, er bezieht seinen Treibstoff nur zu einem Bruchteil aus der jetzigen Krisenregion. Saudi-Arabien könnte seine Förderkapazitäten außerdem wieder ausweiten, wenn das Öl knapp werden sollte. Schon während der vergangenen Kriege im Nahen Osten hatte das dazu geführt, dass der Preisauftrieb im Vergleich zu den großen Ölkrisen des 20. Jahrhunderts moderat blieb.

Zudem werden in diesem Jahr einige neue Fördergebiete außerhalb des Nahen Ostens die Produktion aufnehmen. Selbst wenn die wichtige Schifffahrtsstraße von Hormus durch einen offenen Konflikt zwischen den USA und dem Iran blockiert würde, wären nur zehn Prozent des weltweiten Öltransports direkt betroffen. Dazu kommt die Stagnation der Weltwirtschaft, die den Ölverbrauch auch 2020 kaum wachsen lässt – und einem Preisauftrieb über 70 Dollar pro Fass hinaus enge Grenzen setzt.

Der bisher milde Winter in Europa hat den Verbrauch an Heizöl in erfreulichen Grenzen gehalten. Ein neuer Ölpreisschock ist kaum zu befürchten. Wer will, kann also die gestiegenen Diesel- und Benzinpreise an den Tankstellen als Übung für das kommende Jahr begreifen: Denn dann wird die CO2-Steuer für einen ähnlichen Preisauftrieb sorgen und für viele den Anfang vom Abschied vom Verbrennungsmotor einläuten.

Auswirkungen auf die Finanzmärkte

Auf den Finanzmärkten dürfte das Jahr 2020 zumindest ein Wechselbad werden. Im Spätherbst will der amerikanische Präsident Donald Trump wiedergewählt werden, der innenpolitisch gerade mit einem Amtsenthebungsverfahren blockiert ist. Für ihn ist der Nahe Osten ein politisches Betätigungsfeld mit großen Verlockungen. Es erlaubt ihm die Pose des starken Präsidenten, Beschützers und entschlossenen Kriegsherren. Er wird versuchen, die amerikanische Notenbank zu weiteren Zinssenkungen zu treiben, um die Binnenkonjunktur zu stützen. Das hilft der eigenen Öl- und Gasindustrie.

Die Sache mit den Versuchungen passt leider auch auf den Iran. Hat es dort im vergangenen Jahr noch Massendemonstrationen gegen das Mullah-Regime gegeben, so ist von Protest und Aufruhr nun nichts mehr zu spüren. In der Stunde der Krise stellt sich das Volk offenbar wieder hinter sein Regime.

Wen ein Krieg in die Krise treiben würde

Die USA und der Iran können kein Interesse an einem offenen Krieg haben. Doch beide Seiten sind im Augenblick auch nicht besonders motiviert, die Spannungen beizulegen. Weitere gewollte Zwischenfälle, Anschläge und Morde bergen die kaum kalkulierbare Gefahr, dass am Ende doch ein offener Krieg ausbricht. Für die Weltwirtschaft bedeutet das vermutlich weniger Handel, weniger Investitionen, weniger Konsum – und möglicherweise den Rückfall in die Rezession. Luftfahrt- und Logistikunternehmen sind besonders betroffen: Ihnen machen sowohl steigende Treibstoffpreise als auch die Gefahr von Anschlägen zu schaffen. Auch Exportunternehmen werden die Krise schnell zu spüren bekommen. Wer bestellt schon neue Maschinen und Anlagen, wenn die Welt brennt?

Im Gegensatz zum Westen wird außerdem China besonders unter einer Krise im Nahen Osten leiden. China bezieht nämlich den Löwenanteil seines Öls aus den Ländern rund um die Straße von Hormus. Wird der Nachschub teurer, schwieriger oder bleibt er gar vorübergehend aus, trifft das die größte Volkswirtschaft der Welt im Mark. Chinas Wirtschaftswachstum würde noch schwächer als zuletzt schon, das Land würde eine höhere Ölrechnung durch weniger Bestellungen zum Beispiel bei deutschen Auto- und Maschinenbauunternehmen kompensieren. Zuletzt hatten sich die Perspektiven für die deutsche Industrie wieder aufgehellt – ein dauerhafter Konflikt zwischen den USA und dem Iran könnte die Hoffnung auf eine konjunkturelle Wende in diesem Jahr zunichte machen.

Unsicherheiten aufseiten der Anleger

Für Aktien wird es also kompliziert. Schon zu Wochenbeginn signalisierten die steigenden Preise beispielsweise für Gold, den Schweizer Franken und deutsche Staatsanleihen, dass die Anleger Sicherheit suchen. Nach dem spektakulär guten Börsenjahr 2019 war zwar erwartet worden, dass 2020 holpriger wird. Doch deutlicher als zu Beginn dieses Jahres hätte kaum werden können, wie hoch das politische Risiko an Börsen ist. Solange die Unberechenbaren die Politik im Iran und in den USA bestimmen, werden Anleger damit leben müssen.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Gemeinsam mit t-online.de und der Leibniz-Gemeinschaft produziert sie den Podcast .

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website