Kredit mit Versicherung? Restschuldpolicen machen Darlehen teuer

Stuttgart (dpa/tmn) - Die Zinsen sind niedrig. Gut ist das für alle, die sich Geld leihen, denn sie zahlen in der Regel wenig dafür. Laut der unabhängigen Finanzberatung FMH werden derzeit für Ratenkredite mit einer Laufzeit von 60 Monaten im Durchschnitt 3,92 Prozent Zinsen fällig (Stand: 9.3.21).
Wer sich 10.000 Euro leiht, zahlt in fünf Jahren bei diesem Zinssatz etwa 1030 Euro an Zinsen. Manche Kunden müssen allerdings tiefer in die Tasche greifen. "Zu uns kommen immer wieder Verbraucher in die Beratung, die ihre Schulden einfach nicht mehr los werden", sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Nicht selten war dabei der erste Kredit nur einer von vielen in einer langen Reihe.
Restschuldpolice treibt Kosten in die Höhe
Das beobachtet auch die Verbraucherzentrale Sachsen immer wieder, die seit einiger Zeitjeden Monat einen neuen Fallauf ihre Homepage stellt. Was sich dort liest, klingt in der Tat erstaunlich: So wurde in einem Fall aus einer anfänglichen Kreditsumme von rund 9100 Euro nach vier Umschuldungen ein Darlehen über rund 53.000 Euro.
Ein häufiges Problem: Zusammen mit den Krediten werden oft Restschuldversicherung verkauft. "Solche Restschuldpolicen treiben die Kosten für das Darlehen in die Höhe", sagt Nauhauser.
Verbraucher sehen das oft nicht, wie ein anderes Beispiel der Verbraucherzentrale Sachsen zeigt. Ein Kreditnehmer nahm ein Darlehen in Höhe von fast 46.200 Euro auf. Darin enthalten war eine kreditfinanzierte Restschuldversicherung über 6000 Euro. Der effektive Jahreszins wurde mit 13,04 Prozent angegeben.
Nicht enthalten in diesem hohen Zinssatz sind die Kosten für die Versicherung. Werden die hälftigen Kosten der Restschuldversicherung in den Effektivzins eingerechnet, wie die Rechtsprechung es zulässt, liegt dieser schon bei 17,83 Prozent pro Jahr.
Nicht alle Kosten werden ausgewiesen
Doch warum tauchen die Kosten nicht im effektiven Jahreszins auf? "Die Geldinstitute nutzen hier eine gesetzliche Lücke aus", erklärt Nauhauser. Zwar muss laut derPreisabgabeverordnungder Effektivzins die Gesamtkosten für ein Darlehen enthalten. Das gilt aber nicht unbedingt für frei vereinbarte Vertragsbestandteile. "In den Vertragsunterlagen taucht die Restschuldversicherung meist als freiwillig abgeschlossen auf."
Doch wie können Bankkunden vermeiden, in diese Falle zu tappen? Am besten gar nicht erst eine Restschuldversicherung abschließen. Die Kosten für die Police stehen in der Regel in keinem Verhältnis zu deren Leistungen, erklärtdie Verbraucherzentrale Hamburgauf ihrer Homepage. Typische Risiken wie Arbeitslosigkeit seien oft nicht ausreichend abgesichert, Klauseln in den Geschäftsbedingungen enthielten mitunter Ausschlüsse.
Daten bei Bank abfragen
Wer doch einen Kredit abgeschlossen hat, obwohl der eigentlich zu teuer war, hat noch eine andere Möglichkeit, erklärt Niels Nauhauser. "Lassen Sie sich von ihrer Bank offenlegen, welche Daten über Sie gespeichert sind." Darauf hat jeder Kunde einengesetzlichen Anspruch. Der Grund: "So können Sie herausfinden, ob die Bank bei der Bonitätsprüfung Fehler gemacht hat."
Laut Gesetzmuss ein Kreditinstitut vor dem Abschluss des Verbraucherdarlehens die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers prüfen. So soll vermieden werden, dass Kunden in eine Schuldenfalle geraten, erklärt dieStuttgarter Verbraucherzentrale. Oft werden Daten aber nicht richtig erhoben, weiß Nauhauser aus Erfahrung. So werde mitunter das Einkommen nicht richtig erfasst oder weitere Verbindlichkeiten nicht berücksichtigt.
Verstößt ein Kreditinstitut gegen die Pflicht zu einer Prüfung, und kann man das auch nachweisen, ermäßigt sich der Darlehenszins auf einen Zinssatz, den die Banken für Ausleihungen untereinander verlangen. "Steht im Vertrag ein Sollzins von sieben Prozent, würde sich dieser derzeit auf rund null Prozent reduzieren", erklärt Nauhauser. "Und zwar rückwirkend seit Vertragsabschluss."