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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Vom Mythos kann man nicht leben Warum diese Kultmarke in der Krise steckt

Die Autokrise erfasst derzeit viele Hersteller. Bei Aston Martin hält sie schon länger an. Was ist mit der Kultmarke, bekannt aus den James-Bond-Filmen, geschehen?
Es ist wieder Rennzirkus: Am 14. März startet die Formel 1 in die neue Saison. So unvernünftig das PS-Gekreisel ist – ich bin ein Fan. Wenngleich nicht von Aston Martin als Rennstall. Die Kultmarke konnte in der vergangenen Saison mithalten: Am Ende wurde es Platz fünf in der Konstrukteurswertung; am Steuer der ehemalige Weltmeister Fernando Alonso. Doch von den Führenden war man weit entfernt. Die zweite Saisonhälfte war eher ein Desaster. Und als solches könnte man auch den aktuellen Geschäftsverlauf von Aston Martin bezeichnen.
Bei der britischen Sport- und Luxuswagenmarke holpert es schon länger gewaltig. Selbst Rettungsversuche von Mercedes ab 2020 halfen der James-Bond-Marke nicht zurück zu alter Stärke – Mercedes baute die Aktionärsbeteiligung aus und lieferte Technologie für Elektromobilität. Im Herbst 2024 hatte Aston Martin die Prognosen für das Gesamtjahr reduziert: Statt 7.000 würde das Unternehmen auf Jahressicht nur 6.000 Autos verkaufen. Vor allem die Nachfrage aus China war ordentlich zurückgegangen – das vergrößerte den Verlust, der am Ende 289 Millionen Pfund betrug.

Zur Person
Antje Erhard arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin und TV-Moderatorin. Ihr Weg führte sie von der Nachrichtenagentur dpa-AFX u. a. zum ZDF. Derzeit arbeitet sie für die ARD-Finanzredaktion in Frankfurt und berichtet täglich, was in der Welt der Börse und Wirtschaft passiert.
Ein Drittel Börsenwert an einem Tag futsch
Die Aktie – ohnehin nicht gerade auf der Überholspur – verlor an jenem Tag ein Drittel ihres Wertes und fiel auf gut 1 Pfund Sterling. Inzwischen steht sie noch tiefer, bei 84 Pence, umgerechnet etwa ein Euro. Für Anleger ist das bitter: Wer zum Börsengang 2018 eingestiegen war, hat fast sein komplettes Geld verloren: 97 Prozent. Inzwischen ist das Unternehmen weniger als eine Milliarde wert. Die Schulden sind höher als der Börsenwert. Mehrere Kapitalspritzen haben keine Rettung gebracht.
Der Niedergang muss irgendwann 2017 oder 2018 begonnen haben. Damals war Aston Martin noch profitabel. Doch dann bekam das Unternehmen gleich eine ganze Reihe an Schwierigkeiten: hohe Investitionen, schleppende Verkäufe, technische Probleme, Gewinnwarnungen, Lieferengpässe, Chefwechsel und Kapitalerhöhungen. Dazu die Pandemie. Im Corona-Jahr 2020 war im Hinblick auf den Absatz ein vorläufiger Tiefpunkt erreicht: 3.394 verkaufte Autos. Das ist zu wenig, um zu überleben.
Mercedes und Geely können Aston nicht retten
2020 war kein Geringerer als Mercedes-Benz angetreten, um Aston Martin zu retten. Die Stuttgarter waren schon früher an den Briten beteiligt, mit 20 Prozent wurden sie größter Einzelaktionär. Später pumpte Chinas Autohersteller Geely Millionen in den angeschlagenen Konkurrenten. Geely ist unter anderem auch an der Volvo-Schwester Polestar beteiligt. Lesen Sie, warum es auch dort kriselt. Für Aston Martin stellte sich durch die Beteiligungen der Erfolg früherer Zeiten nicht ein.
Dann kündigte Aston Martin die Trendwende an: 2024/25 sollten 10.000 Fahrzeuge verkauft werden. Die Hoffnungen ruhten wie bei vielen Herstellern auf SUV statt Sportwagen. Heute wissen wir: Das war viel zu hoch gegriffen. Nach all den Enttäuschungen der Vergangenheit und dem nach wie vor schleppenden Absatz darf der in Aussicht gestellte operative Gewinn hinterfragt werden. Aston Martin will fünf Prozent seiner Stellen streichen. Aber ob das ausreicht? Der Aktienmarkt hat die Antwort gegeben. Man muss sie nur sehen wollen.
Warum Formel 1?
Da fragt sich, warum Aston Martin noch in der teuren Formel 1 fährt, statt die Millionen in Forschung und Entwicklung zu stecken? Die Antwort: Weil es um mehr als Motorsport geht. Aston Martin möchte sich hier als starke Marke positionieren, als Technologieführer im Hochleistungsbereich. Wie die anderen Rennställe auch. Viele Entwicklungen aus dem Rennsport finden sich später in Serienfahrzeugen wieder. Für eine Marke wie Aston Martin, die sich auf Performance, Dynamik, Leistung und Design fokussiert, ist das ein wertvoller Transfer.
Die Formel Eins erreicht pro Saison Hunderte Millionen Fans. Das ist eine unschätzbare Werbeplattform für die Rennställe: Mediale Präsenz, tolle Wagen, ein besonderes Flair, Storytelling aus einer besonderen Welt – das macht viel Eindruck auf Fans und womöglich künftige Kunden. Es ist ganz klar Teil der Strategie von Lawrence Stroll, einem der Eigentümer von Aston Martin. Den Start seines Elektroautos hat Aston Martin erneut verschoben. Möge es kein böses Omen für die Zukunft sein.
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