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SAP-Aktie steigt und steigt: Muss SAP bald den Dax verlassen?


Aktie steigt um 60 Prozent
Verlässt SAP den Dax? Opfer des eigenen Erfolgs

  • Antje Erhard
MeinungEine Kolumne von Antje Erhard

Aktualisiert am 04.11.2024 - 08:48 UhrLesedauer: 4 Min.
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SAP: Muss das Software-Unternehmen den Dax verlassen? (Quelle: dpa, t-online.de/reuters)

Allein in diesem Jahr haben SAP-Aktien rund 60 Prozent an Wert gewonnen. Damit haben sie ein hohes Gewicht im Dax, ein zu hohes nach den Regularien der Deutschen Börse. Was bedeutet das für das Unternehmen und seine Aktionäre?

Erfolg, der Grenzen kennt: Nach den Regularien der Deutschen Börse soll keine Aktie im Deutschen Aktienindex Dax gemessen am Börsenwert mehr als 15 Prozent Gewicht haben. Bei dieser Schwelle liegt die sogenannte Kappungsgrenze. Erst in diesem Frühjahr war sie angehoben worden, von 10 auf 15 Prozent. Weil vor allem ein Titel immer wieder oben anstieß: SAP.

Allein in diesem Jahr legte die Aktie des Softwareherstellers aus Walldorf in Baden-Württemberg fast 60 Prozent zu – und stieg zuletzt bis auf knapp 216 Euro. An der Börse ist das Unternehmen 242 Milliarden Euro wert und damit das mit Abstand teuerste im Dax. Wird SAP Opfer des eigenen Erfolgs? Zieht sich das Unternehmen womöglich aus dem deutschen Leitindex zurück, damit der Börsenkurs weiter steigen kann?

Sind 15 Prozent Gewicht zu viel?

Eine Aktie bekommt dann immer mehr Gewicht in einem Index, wenn sie stärker steigt als der Index oder weniger stark fällt. Bei SAP ist ersteres der Fall: Die Aktie schlägt den Dax um Längen. SAP-Aktien sind in diesem Jahr rund 70 Prozent gestiegen, der Dax um rund 16. SAP-Anteile sind also immer wertvoller geworden und haben damit ein immer größeres Gewicht im Dax bekommen. Mehr als die vorgegebenen 15 Prozent.

Mit diesem Deckel dachte die Deutsche Börse als Index-Betreiber, genug Luft nach oben gelassen zu haben. International sind 15 Prozent Einzelgewicht pro Aktie durchaus gängig: So viel dürfen auch Aktien zum Beispiel in Frankreich auf die Börsenwaage bringen, in der Schweiz 20 Prozent, in den USA im S&P 500 gibt es keinen Deckel. Und genau dort zeigt sich das Problem: Zehn Prozent der Unternehmen etwa im S&P 500 bestimmen nahezu die Marktentwicklung.

Das verzerre das Ergebnis, monieren Fondsmanager. Doch an der Börse in Deutschland ist SAP sozusagen nun Opfer des eigenen Erfolges: Die Aktie steigt und steigt. Hat sie mehr als 15 Prozent Gewicht im Dax, muss sie zurückgestutzt werden. Das heißt: Fonds, die einen Index wie den Dax ganz genau nachbauen, müssen in dem Fall SAP-Aktien verkaufen, ob sie wollen oder nicht, um die Balance im Index zu gewährleisten.

Publikumsfonds dürfen in Europa ohnehin maximal zehn Prozent des Vermögens in ein einzelnes Investment stecken. Doch die Aktien liefen in diesem Jahr bis dato überdurchschnittlich gut. Und Verkauf bedeutet: Der Kurs sinkt.

Antje Erhard
(Quelle: Rüdiger Jürgensen)

Zur Person

Antje Erhard arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin und TV-Moderatorin. Ihr Weg führte sie von der Nachrichtenagentur dpa-AFX u. a. zum ZDF. Derzeit arbeitet sie für die ARD-Finanzredaktion in Frankfurt und berichtet täglich, was in der Welt der Börse und Wirtschaft passiert.

Verlässt SAP den Dax?

Das ist nicht im Sinne des Unternehmens und seiner Aktionäre. Aber was nun? Eine weitere Anhebung der sogenannten Kappungsgrenze von 15 auf 20 Prozent oder mehr ist keine Lösung. Schließlich soll man Geldanlagen breit streuen. Wenn dann eine Aktie 20 Prozent in einem Index an Gewicht haben dürfte, wäre diese breite Streuung von vornherein nicht mehr gewährleistet. Siehe USA.

Eine andere Möglichkeit: SAP könnte darüber nachdenken, den Dax zu verlassen. Denn Fonds, die den Dax akkurat abbilden, müssen nun die gut laufenden SAP-Aktien verkaufen. Ein Vorbild gibt es dazu: Linde. Der Industriegase-Hersteller hatte das gleiche Problem wie der Software-Produzent: Die Aktie lief zu gut, nahm immer mehr Gewicht im Dax ein. Im Februar 2023 zog Linde die Reißleine, verließ den Leitindex und ist fortan in New York notiert.

Seitdem hat die Aktie weitere 30 Prozent an Wert gewonnen. Schließlich wird sie nicht mehr nach den Regeln der Deutschen Börse alle drei Monate zurückgestutzt. Nun ist es ja aber nicht so, dass SAP ein Schnäppchen wäre. Die Aktie wird mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 30 bewertet. Das ist vergleichsweise teuer – auch im internationalen Maßstab üppig gestiegener Technologie-Aktien. Natürlich könnte es sein, dass der Aktienkurs von SAP wieder nachgibt. Dann löst sich das Problem Kappungsgrenze von allein – zumindest zeitweise.

Alle drei Monate auf die Waage

Vierteljährlich an jedem dritten Freitag im März, Juni, September und Dezember werden die Gewichte der einzelnen Aktien im Dax überprüft: Bei mehr als 15 Prozent Gewicht wird die Aktie am folgenden Handelstag auf 15 Prozent zurückgesetzt. Am 20. Dezember könnte die Börse diese Entscheidung fällen, die dann am 23. Dezember wirksam wäre. Ein Ausstieg aus dem Index ist also auch in Zukunft nicht ausgeschlossen.

Dazu muss nicht einmal die Hauptversammlung abstimmen. Und dann ist eine Notierung an einer anderen Börse in der Welt möglich. Aktiv gemanagte Fonds dürfen in Europa nur maximal zehn Prozent des Kapitals in eine einzelne Aktie investieren. Unternehmen, deren Aktien mehr als zehn Prozent eines Index ausmachen, dürfen sie nicht folgen.

Bei ETFs ist die Sache schließlich auch anders: Anders als aktiv gemanagte Fonds können sie bis zu 35 Prozent in eine einzige Aktie investieren. Gut für die Performance. Solange es läuft. Schlecht, wenn die Stimmung und damit die Kursrichtung drehen. Denn: Das Gewichtsproblem von SAP im Dax kann immer wiederkommen.

Eine Lösung Richtung Wall Street mit einer Notierung auf dem New Yorker Kurszettel ist also denkbar. Wäre aber für den deutschen Aktienmarkt verheerend. Was kann eine Lösung sein? Vielleicht ein europäischer Index mit vielen Titeln für eine breite Streuung, mit ausschließlich großen Unternehmen wie SAP oder auch Linde.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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