Steigende Zinsen Dax rauscht in die Tiefe – dickes Minus zum Wochenende
Die Börsen reagieren empfindlich auf die angekündigte Zinswende in der Eurozone und die unerwartet hohe US-Inflation. Derweil sinken die Preise für Rohöl.
Der Dax startet mit einem deutlichen Abschlag ins Wochenende. Am Freitagabend schloss der deutsche Leitindex mit einem Minus von 3,1 Prozent bei 13.761 Punkten. Einen größeren Tagesverlust hatte der Index zuletzt Anfang März kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine verzeichnet.
- Aktueller Kurs: Wo steht der Dax gerade?
Hauptgrund für den heftigen Kursrutsch waren am Freitag die US-Inflationsdaten. Die Teuerung in den USA lag nach Angaben der Statistikbehörden im Mai bei 8,6 Prozent und damit deutlich über der erwarteten Inflationsrate von 8,3 Prozent.
Anleger sorgen sich daher vor noch schnelleren geldpolitischen Straffungsmaßnahmen der Notenbanken, worunter risikoreichere Anlageklassen wie Aktien leiden könnten. Experten warnen zudem vor sinkenden Unternehmensgewinnen, einer sich weiter eintrübenden Konsumlaune und letztlich einem Abrutschen der Wirtschaft in eine Rezession.
Zuvor hatte bereits am Donnerstag die Europäische Zentralbank (EZB) für dicke Luft in Frankfurt gesorgt: Obwohl der Schritt an den Finanzmärkten erwartet worden war, verkauften viele Anleger und Investoren angesichts der für Juli geplanten Zinswende ihre Papiere.
Ölpreise geben deutlich nach
Für den Dax war es der vierte Verlusttag in Folge, sodass auch die Wochenbilanz mit minus 4,8 Prozent sehr schwach ausfällt. In seinen jüngst geknackten Abwärtstrend seit Jahresanfang könnte der deutsche Leitindex nun wieder zurückkehren.
Der MDax der mittelgroßen Börsentitel büßte am Freitag 2,97 Prozent auf 28.768 Punkte ein. Der Eurostoxx sackte um 3,3 Prozent auf 3596 Punkte ab. Der US-Standardwerteindex Dow Jones gab bis zum Abend um 2,5 Prozent nach.
Ein Ende fand am Freitag auch die Ölpreis-Rally, die zuletzt ein wesentlicher Treiber der Preise war. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 1,3 Prozent auf 121,39 US-Dollar je Barrel (159 Liter).
Corona-Massentests in Shanghai
Die für das Wochenende angekündigten Corona-Massentests in Shanghai und neue Lockdowns in Teilen der chinesischen Wirtschaftsmetropole machten Anleger nervös, sagt Analyst Jeffrey Halley vom Brokerhaus Oanda. Sie fürchteten einen Rückgang der Nachfrage.
Aus dem gleichen Grund gingen die Industriemetalle auf Talfahrt. Kupfer fiel um 1,6 Prozent auf 9.463 Dollar je Tonne und Aluminium um drei Prozent auf 2.681 Dollar. Bei der "Antikrisen-Währung" Gold griffen Anleger dagegen zu. Das Edelmetall verteuerte sich um 0,8 Prozent auf 1.862 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).
Besonders belastet waren am Aktienmarkt vor dem Wochenende die Titel von Banken. Banken profitieren eigentlich von höheren Zinsen, es nützt ihnen aber wenig, wenn sich gleichzeitig die Wirtschaft deutlich abkühlt.
Banken leiden trotz steigender Zinsen
Die Papiere der Deutsche Bank verloren am Dax-Ende 5,9 Prozent. Die Anteile der Commerzbank gaben unter den schwächsten Werten im MDax um 5,6 Prozent nach.
Vor dem Hintergrund der Zinswende in der Eurozone waren auch Immobilienwerte schwach. Vonovia büßte 3,3 Prozent ein, im MDax verlor TAG Immobilien 6,3 Prozent. Instone rutschte inklusive Dividendenabschlag im SDax sogar um 13 Prozent ab.
Knorr-Bremse kam mit minus 0,8 Prozent noch relativ glimpflich davon. Eine frische Kaufempfehlung der Citigroup stützte die Aktie des Herstellers von Bremssystemen. Sie sei ein "gefallener Engel", der wieder zum werthaltigen Investment werden dürfte, schrieb Analyst Vivek Midha.
Euro unter Druck
Der Euro geriet stark unter Druck und notierte zuletzt bei 1,0514 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,0578 (Donnerstag: 1,0743) Dollar festgesetzt, der Dollar damit 0,9454 (0,9308) Euro gekostet.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 1,24 Prozent am Vortag auf 1,31 Prozent. Der Rentenindex Rex gab um 0,36 Prozent auf 133,07 Punkte nach. Der Bund-Future sank zum Xetra-Schluss um 0,62 Prozent auf 146,88 Punkte.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa-AFX und Reuters