Börsen News Aktien Frankfurt Schluss: Furcht vor Entzug des billigen Geldes belastet
FRANKFURT (dpa-AFX) - Am deutschen Aktienmarkt hat sich am Donnerstag Nervosität breitgemacht. Anleger nahmen nach dem Rekordhoch des Dax vom vergangenen Freitag verstärkt Gewinne mit. Investoren haben Sorgen wegen einer womöglich noch in diesem Jahr anstehenden geldpolitischen Straffung durch die US-Notenbank Fed. Auch wächst die Verunsicherung angesichts der grassierenden Delta-Variante des Coronavirus, die fortgesetzte Lieferengpässe im weltweiten Handel zur Folge hat.
Der Dax büßte 1,25 Prozent auf 15 765,81 Punkte ein. Er fiel vorübergehend auf das Niveau von Anfang August zurück - dem Zeitpunkt vor der Rally, die den Leitindex vergangenen Freitag erstmals über 16 000 Punkte getrieben hatte. Der MDax , der am Vortag noch auf ein Rekordhoch über 36 000 Punkte geklettert war, gab nun um 1,12 Prozent auf 35 608,90 Zähler nach.
"Die US-Notenbank ist einem geldpolitischen Kurswechsel näher als bislang erwartet", kommentierte Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets das am Vorabend veröffentlichte Protokoll der jüngsten Fed-Sitzung. "Noch sind die Geldschleusen zwar weit geöffnet, aber sollte sich der US-Arbeitsmarkt weiter erholen, dürften die konjunkturstützenden Anleihekäufe zeitnah reduziert werden." Börsianer befürchten, dass eine Reduzierung der Käufe die Aktienmärkte unter Druck setzt, weil den Märkten damit Liquidität entzogen wird. Zudem könnten andere Anlageklassen wie Anleihen attraktiver werden.
Das Team der Volkswirte um Jan Hatzius von Goldman Sachs schrieb zudem, dass der Einfluss der Delta-Variante auf das Wirtschaftswachstum in den USA und die Inflation größer sei als zunächst gedacht. Sowohl die Konsumausgaben als auch die Produktion dürften vom Coronavirus ihrer Ansicht nach negativ beeinflusst werden. Die Analysten senkten daher ihre Schätzungen für das Wachstum in den USA im dritten Quartal deutlich.
Unter den Einzelwerten am deutschen Aktienmarkt verloren Infineon 1,4 Prozent, erholten sich aber von noch höheren Einbußen. Die Anteile litten wie die Papiere anderer Chiphersteller in Asien unter Aussagen zu Lieferengpässen angesichts der dortigen Ausbreitung der Delta-Variante.
Zudem zeigten sich die Aktien der Autohersteller und -zulieferer den nunmehr vierten Tag in Folge schwach. Wie die japanische Wirtschaftszeitung "Nikkei" berichtet, will Toyota die Produktion im September verglichen mit den ursprünglichen Plänen deutlich zurückfahren. Auch hier wurden als Gründe die fortgesetzte Knappheit bei Halbleitern und die Delta-Variante genannt, die laut dem weltgrößten Autokonzern die Beschaffung von Autoteilen behindern. Die Aktien von BMW , Volkswagen und Daimler und Continental verloren etwa zwei bis drei Prozent.
Stahlunternehmen wie Salzgitter, Thyssenkrupp oder der Stahlhändler Klöckner & Co wurden von weiter fallenden Preisen für Eisenerz belastet. Ihre Papiere büßten zwischen 2,5 und 3,8 Prozent ein. Die chinesische Regierung hatte zuvor versichert, die Stahlproduktion verringern zu wollen.
Die Lanxess-Aktie hielt sich mit einem kaum veränderten Kurs recht gut. Sie profitierte davon, dass die US-Bank Goldman Sachs die Papiere von "Verkaufen" auf "Kaufen" hochgestuft hatte.
Die europäischen Börsen gerieten ebenfalls unter Druck: Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büßte 1,54 Prozent auf 4124,71 Punkte ein. Ähnlich stark fiel der Londoner FTSE 100 . In Paris rutschte der Cac 40 sogar um 2,4 Prozent ab. An der Wall Street lag der Dow Jones Industrial zum Börsenschluss in Europa leicht im Minus.
Der Euro gab leicht nach und kostete am Abend 1,1695 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,1696 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,53 Prozent am Vortag auf minus 0,54 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,02 Prozent auf 146,37 Punkte. Der Bund-Future legte am Abend um 0,08 Prozent auf 177,06 Zähler zu./bek/stw
--- Von Benjamin Krieger, dpa-AFX ---