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Große Mehrheit der Deutschen wünscht sich ein Nachholen


Umfrage zu Feiertagen
Große Mehrheit der Deutschen wünscht sich ein Nachholen

Von afp, dpa, t-online
29.04.2016Lesedauer: 3 Min.
Traditionelles Maibaumsetzen in Dresden: Die meisten Deutschen würden Feiertage gerne nachholen, wenn diese auf ein Wochenende fallen.Vergrößern des Bildes
Traditionelles Maibaumsetzen in Dresden: Die meisten Deutschen würden Feiertage gerne nachholen, wenn diese auf ein Wochenende fallen. (Quelle: dpa-bilder)

Über zwei Drittel aller Deutschen wünschen sich, dass Feiertage nachgeholt werden, die - wie in diesem Jahr der 1. Mai - aufs Wochenende fallen. Bei Arbeitgebern stoßen derartige Überlegungen allerdings auf wenig Gegenliebe.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov stimmten knapp 72 Prozent der Befragten für ein Nachholen. Dieses Jahr fällt auch der 25. Dezember auf einen Sonntag.

Andere Länder sind hier arbeitnehmerfreundlicher. In Belgien, Spanien oder Großbritannien werden Feiertage, die an einem Wochenende liegen, am darauffolgenden Werktag nachgeholt.

Tag der Deutschen Einheit am ehesten zu entbehren

Müssten die Deutschen hingegen auf einen Feiertag verzichten, dann würden sie am ehesten den zuletzt eingeführten Tag der Deutschen Einheit wählen, ergab die Umfrage. Diesen Feiertag nannten 23 Prozent der Befragten als am ehesten verzichtbar.

Yougov befragte von Dienstag bis Donnerstag repräsentativ mehr als 1000 Deutsche.

Fünf Feiertage betroffen

Politiker von Grünen und Linken hatten die Forderung aufgestellt, Feiertage wie den 1. Mai in Zukunft unter der Woche nachzuholen. Betroffen wären in diesem Jahr weitere vier Feiertage, die in ganz Deutschland gelten und nicht an einen Wochentag gebunden sind: Neujahr, Tag der Deutschen Einheit und die Weihnachtstage.

Jeder Tag, an dem nicht gearbeitet wird, kostet die Wirtschaft allerdings richtig Geld. Wirtschaftsforscher Christoph Schröder vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln rechnet vor: Mehr als zehn Milliarden Euro beträgt die Wertschöpfung an einem Arbeitstag. Selbst wenn ein großer Teil davon später nachgeholt wird, kommt da schnell 0,1 Prozent der Jahres-Wirtschaftsleistung zusammen. Fallen in einem Jahr viele Feiertage, die an ein festes Datum geknüpft sind, auf Arbeitstage, macht sich das deshalb auch schnell in den Prognosen der Forscher zum Wirtschaftswachstum bemerkbar.

Deutsche sind ziemlich verwöhnt

Beispiel: In ihrer Frühjahrsprognose rechnet die Bundesregierung für 2017 mit 1,5 Prozent Wachstum - 0,3 Prozentpunkte weniger als noch im Herbst erwartet. Zur Begründung hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auch darauf verwiesen, dass 2017 in Deutschland zwei Arbeitstage weniger anfielen, was mit 0,2 Prozentpunkten weniger Wachstum zu Buche schlage. "Das hat mich, ehrlich gesagt, auch überrascht", zeigte sich Gabriel erstaunt.

Zudem sind die Deutschen, was Feiertage und Urlaub angeht, ohnehin ziemlich verwöhnt. "Wir haben mit die höchste Summe an Urlaubs- und Feiertagen weltweit", sagt Schröder. Folglich liege die Gesamtarbeitszeit international betrachtet auf sehr niedrigem Niveau. Jetzt noch Feiertage vom Wochenende nachholen? "Es ist nicht angezeigt, solche Wohltaten zu verteilen", sagt Schröder.

"Oberflächlich und überhaupt nicht zeitgemäß"

Andere stoßen sich vor allem daran, dass der Anlass des Feiertags in Vergessenheit gerät. Traditionell soll zum Beispiel der 1. Mai von den Beschäftigten genutzt werden, um Reformen und Verbesserungen in der Arbeitswelt einzufordern. Die Diskussion um das Nachholen von Feiertagen zeigt für den CDU-Europaparlamentarier Herbert Reul: "Es geht also offenkundig gar nicht mehr um die Sache selbst und um das damit verbundene Anliegen, sondern nur darum, frei zu haben, weniger zu arbeiten." Das sei "oberflächlich und überhaupt nicht zeitgemäß."

Was den deutschen Arbeitnehmern verwehrt wird, ist in anderen Ländern längst üblich. Ob Großbritannien, Belgien oder Spanien: Fallen Feiertage auf ein Wochenende oder einen Sonntag, werden sie nachgeholt - in der Regel am nächsten Montag. Die Briten machen für den "geklauten" 1. Weihnachtstag (Sonntag), einfach am 27. Dezember frei. Luxemburg erlaubt seinen Unternehmen sogar, selbstständig einen alternativen freien Tag festzusetzen, sollte einer der zehn gesetzlich garantierten Feiertage auf ein Wochenende fallen.

Letztendlich eine gesellschaftliche Entscheidung

Sabine Zimmermann von der Linkspartei findet, dass Deutschland nachziehen sollte. "Es kann nicht sein, dass den Arbeitgebern regelmäßig zusätzliche Arbeitstage geschenkt werden, die eigentlich als bezahlte Feiertage den Beschäftigten zustehen", sagte sie kürzlich der "Saarbrücker Zeitung". Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Beate Müller-Gemmeke, hält vor allem das Nachholen des 1. Mai für wünschenswert: "Das hätte Charme. Dann haben Beschäftigte zum einen Zeit für die Kundgebung am Sonntag und können am freien Montag ihre Zeit der Familie widmen."

Selbst mancher Wirtschaftsforscher findet die Idee nicht ganz abwegig. "Das ist nichts, was die deutsche Wirtschaft umbringen würde", sagt Ferdinand Fichtner vom DIW in Berlin. "Natürlich dämpft das die Wirtschaft - aber man bekommt ja auch was dafür: mehr Freizeit." Für Fichtner letztendlich eine gesellschaftliche Entscheidung. Statt Feiertage nachzuholen und so alle Beschäftigten zu zwingen, am selben Tag frei zu machen, hält der Forscher aber zusätzliche Urlaubstage für sinnvoller. Die könne sich dann jeder frei einteilen.

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