Vorsätzlicher Bankrott Staatsanwaltschaft klagt Anton Schlecker und Familie an
Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den Ex-Drogeriemarkt-König Anton Schlecker wegen vorsätzlichen Bankrotts erhoben. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft Stuttgart.
Der 71 Jahre alte Schlecker und weitere Familienmitglieder sollen kurz vor der Pleite des Drogerie-Discounters in 36 Fällen insgesamt mehr als 20 Millionen Euro beiseite geschafft haben. Die Anklage erstreckt sich deshalb auch auf Ehefrau Christa Schlecker und die Kinder Meike und Lars, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte.
Auch zwei Wirtschaftsprüfer seien angeklagt worden. Nach Informationen der "Wirtschaftswoche" (Wiwo) handelt es sich um Mitarbeiter der Gesellschaft EY (Ernst & Young), die in den Jahren vor der Insolvenz die Jahresabschlüsse geprüft haben. EY wollte das der "Wiwo" gegenüber nicht kommentieren.
Ankläger versprechen mehr Informationen
Zu den Inhalten der Anklageschrift wollte sich der Sprecher nicht äußern. Es werde am Donnerstag weitere Informationen geben, kündigte er an.
Das "Handelsblatt", die "Stuttgarter Nachrichten" und die "Stuttgarter Zeitung" (Donnerstagsausgaben) berichteten, unter anderem habe Schlecker Geld per Schenkung an Kinder und Enkel weitergereicht. Auch habe er überteuerte Verträge mit Firmen seiner Kinder geschlossen, berichteten die Blätter.
Schleckers Frau und Kinder seien angeklagt worden, weil sie dem Patriarchen nach Ansicht der Ermittler beim Beiseiteschaffen des Geldes geholfen hätten. Außerdem stünden Vorwürfe der Bilanzfälschung und der falschen Versicherung an Eides statt im Raum.
Die Verteidiger der Familie hätten sich nicht äußern wollen. Die Anklageschrift soll 250 Seiten umfassen.
Insolvenz im Januar 2012
Europas ehemals größte Drogeriekette Schlecker hatte im Januar 2012 Insolvenz angemeldet. Etwa 25.000 Menschen verloren ihren Arbeitsplatz.
Die Gläubiger forderten rund eine Milliarde Euro. Das Handelsunternehmen aus Baden-Württemberg betrieb zu seinen besten Zeiten rund 9000 Märkte im In- und Ausland und beschäftigte bis zu 50.000 Menschen. Aus einem Hilfsfonds erhielten Ex-Mitarbeiter 73.000 Euro.
Wenn die Insolvenz droht oder kurz bevorsteht, darf ein Eigentümer dem Unternehmen keine Finanzmittel mehr entziehen. Schlecker hatte seinen Milliarden-Konzern in Ehingen bei Ulm als "eingetragener Kaufmann" geführt, Privat- und Firmenvermögen waren damit nicht getrennt.
Schlecker hatte in den Jahren vor der Pleite Immobilien und andere Firmenteile an seine Kinder Lars und Meike und an seine Ehefrau verkauft oder verschenkt. Ein Logistikzentrum im österreichischen Pöchlarn war nur sechs Tage vor Anmeldung der Insolvenz Ende Januar 2012 für 2,5 Millionen Euro an die Kinder verkauft worden.
Nach dem Insolvenzrecht müssen solche Geschäfte in der Regel rückgängig gemacht werden, wenn sie innerhalb von vier Jahren vor der Insolvenz über die Bühne gehen. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz hatte die heiklen Zahlungen noch im gleichen Jahr der Pleite in einem Gutachten für das Amtsgericht Ulm aufgelistet, so die "Wiwo".
Übertragenes Vermögen teils zurückgezahlt
Nach einem Streit um übertragenes Vermögen aus dem Unternehmen zahlte die Familie Schlecker dem Insolvenzverwalter gut ein Jahr nach der Pleite 10,1 Millionen Euro. Im Gegenzug durfte sie unter anderem ihr luxuriöses Anwesen im schwäbischen Ehingen behalten.
Die Stuttgarter Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität ermittelte drei Jahre im Fall Schlecker. Auf Bankrott stehe eine Strafe von bis zu fünf Jahren Haft oder Geldstrafe, bei besonderes schweren Fällen bis zu zehn Jahren Haft, hieß es.
Der Versuch eines österreichischen Investors, einen Teil der Filialen mit dem Konzept eines modernen Tante-Emma-Ladens wiederzubeleben, scheiterte 2013. Einige Schlecker-Filialen gingen an Konkurrenten wie Rossmann und dm, andere Standorte - oft in unmittelbarer Nachbarschaft der Wettbewerber - verwaisten. Die ehemalige Schlecker-Filiale in Ehingen gehört inzwischen der Stadt.