Unter Bedingungen Belgien führt Vier-Tage-Woche ein – Modell für Deutschland?
In Belgien sollen Arbeitnehmer künftig nicht mehr fünf Tage in der Woche arbeiten müssen. Allerdings: Die gleiche Arbeit müssen sie trotzdem erledigen – in weniger Tagen. Wie sieht es in Deutschland aus?
Arbeitnehmer in Belgien sollen ihre Arbeit künftig flexibel an vier statt fünf Tagen verrichten können. Die belgische Regierung einigte sich auf eine entsprechende Arbeitsmarktreform, wie Premierminister Alexander De Croo am Dienstag mitteilte.
"Der erste Pfeiler ist, den Arbeitern mehr Flexibilität, mehr Freiheit zu geben", sagte De Croo. Vollzeit-Arbeitnehmer sollen am Tag länger arbeiten dürfen, damit alle erforderlichen Stunden in vier Tagen geleistet werden können. Das solle etwa der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben zugutekommen, so De Croo.
Das bedeutet folglich nicht, dass es bald eine "echte" Vier-Tage-Woche gibt, bei der insgesamt weniger gearbeitet werden kann – mit dem gleichen Lohn.
Gesetzlich festgelegter Zugang zu Weiterbildungen
Zu der Arbeitsmarktreform gehöre auch ein gesetzlich geregelter Zugang zu Weiterbildungen für Arbeitnehmer, sagte De Croo. Außerdem werde es mehr Flexibilität bei den Nachtdienst-Regeln geben, um vor allem den Online-Handel anzukurbeln.
Es soll auch einen besseren Schutz für freie Angestellte von Internet-Plattformen wie Uber geben, etwa eine verpflichtende Arbeitsunfallversicherung. "Wir arbeiten an einer nachhaltigen, innovativen und digitalen Wirtschaft", sagte De Croo.
Die Nachrichtenagentur Belga schrieb, Ziel der Reformen sei eine Beschäftigtenquote von 80 Prozent bis 2030. Derzeit liegt sie demnach bei 71 Prozent mit großen regionalen Unterschieden. Zum Vergleich: In Deutschland lag die Quote der Erwerbstätigen laut Statistischem Bundesamt zuletzt bei 75,5 Prozent.
Wie Deutsche nur vier Tage arbeiten können
Das Modell wie in Belgien ist in Deutschland zwar grundsätzlich möglich, aber noch nicht gängig. Im Regelfall ist es so, dass die Vier-Tage-Woche ein Teilzeitmodell ist, bei dem die Arbeitszeit auf 80 Prozent reduziert wird – also mit geringerem Lohn.
Wer seit mindestens sechs Monaten in einer Firma mit mehr als 15 Mitarbeitern arbeitet, hat einen Anspruch auf Teilzeit. Das gilt, sofern keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen. Auf wie viele und welche Wochentage er seine Arbeitszeit verteilt, darf der Arbeitnehmer allerdings nicht allein bestimmen, das geht nur mit Einverständnis des Arbeitgebers.
Eine Vier-Tage-Woche ist aber auch bei unveränderter Arbeitszeit möglich. Die Stunden werden dann auf weniger Tage verteilt. Das Arbeitszeitgesetz gestattet bis zu zehn Stunden lange Arbeitstage, wenn sie innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt nicht mehr als acht Stunden pro Werktag mit Arbeit gefüllt sind. Mehr zum Arbeitszeitgesetz lesen Sie hier.
Linke forderte bereits 2020 Vier-Tage-Woche
In Deutschland fordern vor allem die Linken eine "echte" Vier-Tage-Woche. Diesen Vorschlag hatte etwa die damalige Parteichefin Katja Kipping im Juli 2020 gemacht. "Gerade jetzt in der Corona-Krise wäre ein guter Zeitpunkt, um damit anzufangen", sagte sie der "Rheinischen Post" damals.
Arbeitsmarktexperten sehen die Idee eher kritisch. Holger Schäfer vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW), sagte t-online damals, dass der Vorschlag "enorme volkswirtschaftliche Schäden" mit sich bringen würde.
- Eigene Recherche
- Nachrichtenagentur dpa