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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Gehaltsreport 2022 Das verdienen die Deutschen
Ärzte, Informatiker oder doch die Ingenieure – wer bekommt in Deutschland das höchste Gehalt? Eine aktuelle Studie zeigt, in welchen Berufen und Branchen Sie besonders gut verdienen können.
Die meisten wüssten wohl gerne, was Nachbarn und Freunde verdienen. Einfach nachfragen? Das trauen sich viele Deutsche nicht, denn Geld gilt hierzulande noch immer als Tabuthema. Der Gehaltsreport von Stepstone und Gehalt.de, der t-online vorab vorlag, sorgt jetzt für Transparenz. Wichtigste Erkenntnis: Im Mittel beziehen die Deutschen ein Jahresgehalt von 44.100 Euro.
Dass ein Oberarzt gut verdient, ist dabei wohl keine große Überraschung. Aber neben dem speziellen Beruf spielen noch viele weitere Faktoren eine Rolle für das Gehalt, wie die Unternehmensgröße und der Standort – und wer Führungsverantwortung übernimmt, verdient häufig sogar fast doppelt so viel.
Für den Report haben Stepstone und Gehalt.de rund 600.000 Gehaltsdaten analysiert. Bei allen Gehältern handelt es sich um Bruttolöhne. Zum Vergleich wurde der Median gebildet.
Median
Der Median ist nicht zu verwechseln mit dem Durchschnitt. Während beim Durchschnitt alle Werte summiert und dann durch die Anzahl der Werte geteilt werden, geht man beim Median anders vor: Man reiht die Werte auf und teilt sie dann an der Stelle, an der es genau gleich viele Werte größer und kleiner gibt. Der Median ist also der mittlere Wert.
Ein zentraler Vorteil des Median: Er ist robust gegen Ausreißer, also gegen Werte, die sich stark von den anderen unterscheiden.
Ein Rechenbeispiel: Wir haben die Zahlen 1, 5, 8, 20, 30 vorliegen. Der Durchschnitt dieser Zahlen ist 12,8, der Median hingegen 8.
Ärzte verdienen am meisten
Ärzte sind mit Abstand die Spitzenverdiener in Deutschland. Sie bekommen mit 78.300 Euro etwa 78 Prozent mehr als der Durchschnitt. Dabei stechen vor allem die Oberärzte heraus. Mit 124.800 Euro Medianeinkommen sind sie mit Abstand die bestverdienende Gruppe in der Erhebung. Im weiteren Ranking der Berufsgruppen folgen Ingenieure mit einem Mediangehalt von 59.300 Euro, Informatiker (57.000 Euro) und Unternehmensberater (56.400 Euro).
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Im Mittelfeld liegen dann Angestellte in Personalabteilungen (47.840 Euro) und Menschen mit Jobs im Marketing oder bei Medien (45.760 Euro). Dahinter folgen Mitarbeiter im Finanzwesen und bei Versicherungen (45.552 Euro) und Handwerker (44.800 Euro).
Am unteren Ende der erhobenen Mediangehälter landen Vertriebler (42.847 Euro), Angestellte in Gesundheits- und Pflegeberufen (37.778 Euro) sowie Menschen, die im Einkauf und der Logistik arbeiten (37.670 Euro).
Callcenter bezahlen schlecht
Die Halbleiterkrise macht der deutschen Autobranche zu schaffen. Erst kürzlich warnte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller, bei t-online vor weiteren Produktionsausfällen (lesen Sie hier das gesamte Interview). Ein Problem: In Deutschland und Europa gibt es wenig eigene Fertigung. Für die Mitarbeiter in dieser Branche bedeutet das vor allem: hohe Gehälter. Mit einem Medianeinkommen von 63.000 Euro stellen sie die bestverdienende Branche dar.
Dahinter folgen Biotechnologie (61.500 Euro) und die Pharmabranche (56.200 Euro). In die Top 5 haben es zudem Banken (58.300 Euro) und die Automobilindustrie (55.900 Euro) geschafft. Hier liegen die Mediangehälter rund 30 Prozent über dem Durchschnitt.
Deutlich unter dem Durchschnitt liegen hingegen die Gehälter von Mitarbeitern im Einzelhandel. Je nach Bereich verdienen sie zwischen 32.444 und 35.306 Euro. Angestellte in Hotels oder der Gastronomie verdienen mit 31.200 Euro Mediangehalt noch etwas weniger. Auf dem letzten Platz im Gehaltsranking landen Callcenter-Mitarbeiter. Ihr Mediangehalt liegt bei 28.916 Euro.
Gehalt ist immer noch Tabuthema
Dass es den Deutschen unangenehm ist, über Geld zu sprechen, ist dabei nicht nur ein Gefühl. Stepstone hat bei einer Studie mit mehr als 5.000 Teilnehmern herausgefunden, dass es sich weiterhin um ein Tabuthema handelt.
Rund 80 Prozent der Befragten wussten nicht, was ihre Kollegen verdienen. Jeder Dritte wusste nicht mal über das Gehalt des eigenen Ehepartners Bescheid. Dabei kann das Wissen über andere Gehälter direkte Auswirkungen auf den eigenen Verdienst haben. "Denn eine Gehaltsverhandlung auf Augenhöhe ist nur dann möglich, wenn Jobsuchende wissen, wie viel sie verdienen können", sagt Korbinian Nagel, Gehaltsexperte bei StepStone.
Auch Unternehmen würden von Transparenz profitieren, so Nagel. Denn wenn erst am Ende eines Bewerbungsprozesses klar wird, dass sich die Parteien nicht einigen können, sei das für alle Beteiligten ein Verlust. Dass das Gehalt nicht nur am speziellen Beruf liegt, zeigen die Daten aus dem Gehaltsreport deutlich.
Standort ist wichtiger Faktor
Die Höhe des Gehalts hängt zu einem nicht unerheblichen Teil vom Standort des Unternehmens ab. In Hessen liegt das Durchschnitts-Mediangehalt mit 47.840 Euro deutschlandweit am höchsten. Auf Platz 2 folgt Baden-Württemberg mit 47.806 Euro. Bayern landet mit 46.800 Euro auf Platz drei.
Am anderen Ende bilden Mecklenburg-Vorpommern (33.600 Euro), Brandenburg (34.300 Euro) und Sachsen-Anhalt (35.400 Euro) die Schlusslichter.
Besonders hohe Gehälter werden in den Großstädten Frankfurt am Main (54.100 Euro), München (53.900 Euro) und Stuttgart (53.600 Euro) gezahlt. Dabei ist aber zu bedenken, dass dort oft auch die Lebenshaltungskosten deutlich höher liegen als in kleineren Städten.
Abschlüsse und Verantwortung schrauben am Gehalt
Neben der Lage des Unternehmens spielen noch weitere Faktoren eine Rolle, die das Gehalt branchenunabhängig beeinflussen.
- Akademischer Abschluss: Akademiker verdienen mit 59.700 Euro im Schnitt 48 Prozent mehr als ihre Kollegen ohne Studienabschluss (40.600).
- Verantwortung: Führungsverantwortung wird mit einem Mediangehalt von 86.300 Euro honoriert, fast doppelt so viel wie Beschäftigte ohne.
- Erfahrung: Bei Berufseinsteigern liegt das Medianeinkommen bei 33.800 Euro. Nach 11 Jahren Berufserfahrung liegt es bereits bei 52.000 Euro.
- Unternehmensgröße: Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern zahlen ein Mediangehalt von 59.280 Euro, während kleine Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern 37.440 Euro zahlen.
Prognose: Gehaltssteigerungen von 4,7 Prozent
Die Plattformen wagen auch eine Prognose für das laufende Jahr. Sie rechnen mit einer deutlichen Steigerung der Gehälter im Jahr 2022. In den zehn Jahren vor Corona, also zwischen 2010 und 2019, hat es eine durchschnittliche Steigerung von 2,4 Prozent gegeben. "Wir gehen davon aus, dass die Gehälter in diesem Jahr um 3 bis 4,7 Prozent steigen werden", so Nagel.
Dafür sehen sie verschiedene Gründe. Zum einen gebe es aktuell einen Job-Boom. Hinzu komme die geplante Anhebung des Mindestlohns, die sich auch auf andere Löhne auswirken werde. Auch der Mangel an Fachkräften in verschiedenen Branchen veranlasse Unternehmen dazu, höhere Gehälter zu zahlen.
Das klingt zunächst gut, ein Blick auf die hohe Inflationsrate zeigt aber auch: Ein solcher Anstieg ist nötig. Die Bundesregierung rechnet mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 3,3 Prozent im laufenden Jahr.
- Eigene Recherche
- Gehaltsreport 2022