Verdacht auf Betrug Ex-Chef von German Property wird angeklagt
Nach jahrelanger Ermittlungsarbeit hat die Staatsanwaltschaft Hannover Anklage gegen den früheren Chef der German Property Group erhoben. Der Verdacht: gewerbsmäßiger Betrug.
Die Staatsanwaltschaft Hannover hat nach langen Ermittlungen Anklage gegen Charles Smethurst erhoben, den Gründer und früheren Chef der German Property Group, die eine Vielzahl denkmalgeschützer Immobilien in Deutschland besitzt. Das teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch auf t-online-Anfrage mit.
Der Vorwurf, mit dem sich nun die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hildesheim beschäftigen muss: Gewerbsmäßiger Betrug in 27 Fällen, wovon in 22 Fällen jeweils ein Vermögensverlust in großem Ausmaß entstanden sein soll.
Die German Property Group entstand im Jahr 2008 als ein Zusammenschluss mehrerer Firmen, die Geld von Anlegern in Immobilien investierten. Zunächst hieß das Unternehmen, dessen Chef Smethurst war, noch Dolphin Capital, erst seit 2019 firmiert die Gesellschaft unter ihrem heutigen Namen.
Betrügerisches Schneeballsystem?
Die Geschäftsidee der German Property Group war es, historische, häufig denkmalgeschützte, Gebäude von Gemeinden in Deutschland zu erwerben, zu sanieren und anschließend gewinnbringend an private Käufer zu veräußern. Dafür sammelte Smethursts Unternehmen große Summen Geldes bei Kleinanlegern im Ausland ein, denen die Investitionen als sichere Anlageform mit hoher Rendite und möglichen Steuerersparnissen angepriesen wurden.
Erworben hat die Firma dabei teils bekannte Gebäude, etwa die Ruinen des Schlosses Dwasieden auf Rügen. Nach Recherchen mehrerer Medien, unter anderem von NDR, BR und "Süddeutscher Zeitung", soll es zu den Sanierungen aber oft gar nicht gekommen sein. Demnach sei zwar mehr als eine Milliarde Euro von 15.000 bis 25.000 Kleinanlegern eingeworben worden, die überwiegend aus Großbritannien, Irland, Südkorea und anderen asiatischen Ländern stammten. Allerdings sollen mit dem Geld neuer Anleger lediglich Renditen bestehender Anleger sowie Provisionen an Menschen gezahlt worden sein, die neue Anleger anwarben.
Im Raum steht damit der Verdacht, dass die German Property Group ein betrügerisches Schneeballsystem aufgebaut hat. Bei einem solchen Geschäftsmodell werden die Auszahlungen an die ersten Anleger mit den Einlagen von Anlegern finanziert, die erst später investiert haben. Das System bricht zusammen, wenn die Menge der neuen Einzahler nicht mehr ausreicht, um die Bestandskunden zu bedienen.
Fast vier Jahre Ermittlungen
Ende 2019 ging eine erste Strafanzeige gegen Charles Smethurst ein, unter anderem wegen Insolvenzverschleppung. Kurz darauf, Anfang 2020, leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen drei Personen im Umfeld der German Property Group ein, der Verdacht schon damals: Anlagebetrug und Untreue. Im Juli 2020 meldete das Unternehmen Insolvenz an.
Bis heute haben die später noch deutlich ausgeweiteten Ermittlungen fast vier Jahre angedauert. Ein Umstand, den viele Anleger empörte – und zwischenzeitlich mit dem FDP-Politiker Wolfgang Kubicki auch einen prominenten Anwalt auf den Plan rief: 2020 sprach er in seiner Funktion als Anwalt eines potenziell Geschädigten aus Großbritannien von einem "gigantischen Anlagebetrug", der Fall könne "Wirecard-Dimensionen" erreichen.
Heute vertritt Kubicki den britischen Anleger zwar nicht mehr. In einer ersten Reaktion auf die nun erhobene Anklage sagte er am Dienstag t-online dennoch: "Gut, dass die Vorgänge um die German Property jetzt auch strafrechtlich aufgearbeitet werden, auch wenn die Mühlen der Justiz langsam mahlen."
- Anfrage an die Staatsanwaltschaft Hannover
- Statement von Wolfgang Kubicki
- Eigene Recherchen