"Was ist denn in Deutschland los?" Wirtschaftsbosse warnen vor Rechtsextremismus
Nach den Enthüllungen um ein Treffen von Politikern mit Rechtsextremisten warnen viele Wirtschaftsvertreter vor Fremdenfeindlichkeit. Direkte Kritik an der AfD äußern nicht alle.
Seit Bekanntwerden eines Treffens von Rechtsextremisten mit Politikern von AfD und CDU in Potsdam haben verschiedene Wirtschaftsvertreter vor einem Erstarken der extremen Rechten gewarnt. "Ich werde gefragt: Was ist denn in Deutschland los?", sagte etwa Joachim Nagel, Chef der Bundesbank, dem "Spiegel" am Rande des Weltwirtschafsforums in Davos. Nagel lobte, dass viele Menschen aktuell gegen Rechtspopulisten auf die Straße gehen, "ich werde mich da auch beteiligen".
Der Chef des verstaatlichten Energiekonzerns Uniper, Michael Lewis, warnte direkt vor der AfD: Er lehne persönlich jedes fremdenfeindliche Gedankengut ab, das auch die AfD vertrete, heißt es in dem Bericht. "Toleranz und Respekt sind die Voraussetzung einer erfolgreichen Zusammenarbeit, sonst funktioniert es nicht."
"Vergiftet das gesellschaftliche Klima"
Ähnlich sieht es auch Martin Daum, Chef des Lkw-Herstellers Daimler Truck: "Das Erstarken der AfD schadet nicht nur der deutschen Wirtschaft, sondern vergiftet auch das gesellschaftliche Klima." Die Partei hat laut Daum keine Lösungen und auch keine Ideen für die großen Probleme der Welt.
Das Nachrichtenportal "Correctiv" hatte vorige Woche über ein bis dahin nicht bekanntes Treffen in einer Potsdamer Villa vom 25. November berichtet. Der frühere Kopf der rechtsextremen "Identitären Bewegung" in Österreich, Martin Sellner, hatte dort nach eigenen Angaben über "Remigration" gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang. An dem Treffen hatten AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion teilgenommen.
Viele Wirtschaftsvertreter vermieden es dagegen, die AfD direkt zu kritisieren. Die Idee der sogenannten Remigration sei "menschenverachtend", schrieb etwa der Chef des Münchner Chipkonzerns Infineon, Jochen Hanebeck, auf der Plattform Linkedin. Er halte es allerdings für kontraproduktiv, die AfD-Wähler zu kritisieren. Stattdessen müsse man die Partei inhaltlich stellen. Auch das Unternehmen SAP teilte mit, die deutsche Wirtschaft profitiere von Vielfalt und internationaler Zusammenarbeit, während rechtsextreme Ansichten das Ansehen Deutschlands schädigen. Konkret Bezug auf die AfD nahm das Unternehmen nicht.
- spiegel.de: "Jetzt wacht auch die Wirtschaft auf" (kostenpflichtig)