Dubioser Vertrag in Millionen-Höhe Steuergeld im Fraunhofer-Institut verschwendet? Vorstand gefeuert
Die mutmaßliche Verschwendung von Steuergeld im Fraunhofer-Institut kostet einer weiteren Personalie das Amt: Vorstand Alexander Kurz muss gehen.
Im Fall um eine mutmaßliche Veruntreuung von Steuergeld im renommierten Fraunhofer-Institut hat der Fraunhofer-Senat den Innovationsvorstand der Gesellschaft Alexander Kurz entlassen. Grund dafür seien "schwerwiegende Pflichtverletzungen", teilte die Senatsvorsitzende Hildegard Müller am Freitag in einer Pressemitteilung mit. Kurz werde mit sofortiger Wirkung entlassen.
Derzeit arbeiten mehrere Kanzleien im Auftrag des Fraunhofer-Senats an der Aufklärung verschiedenster Vorwürfe, unter anderem zur Spesenpraxis des Vorstandes. Bereits im Mai war der Präsident Reimund Neugebauer aufgrund dessen zurückgetreten. Ihm wurden unter anderem überteuerte Reisen, rechtswidrig abgerechnete Spesen, auch für seine Ehefrau, sowie ein Imagefilm auf Kosten der Steuerzahler vorgeworfen.
Dubioser Vertrag mit Skat-Freund Neugebauers
Grund für Kurz‘ Entlassung am Freitag soll ein dubioser Beratervertrag mit einem Neugebauer-Vertrauten und Skat-Freund sein, berichten "Tagesspiegel" und "Bild" übereinstimmend. Laut "Bild" soll es sich bei dem Mann um den sächsischen Strafverteidiger Endrik Wilhelm handeln. Über den Vertrag sollen ihm demnach zwischen Januar 2019 und Dezember 2023 Honorare sowie ein Inflationsausgleich und eine Garantie-Mindestvergütung in Höhe von 1,1 Millionen Euro zugesichert worden sein.
Der Senat der Fraunhofer-Gesellschaft wolle nun Schadenersatzansprüche gegen Kurz und Neugebauer prüfen und gegebenenfalls geltend machen, teilte das Fraunhofer-Institut am Freitag weiter mit. Die Staatsanwaltschaft München soll indes ihre bisher gegen "Unbekannt" laufenden Ermittlungen nun gegen Neugebauer und Kurz personifiziert und um den Tatbestand der Untreue erweitert haben, berichten "Tagesspiegel" und "Bild" unter Berufung auf Insider aus dem Fraunhofer-Institut. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft wollte dies auf Anfrage des "Tagesspiegels" jedoch vorerst nicht bestätigen.
Die Fraunhofer-Gesellschaft ist eine weltweit anerkannte Organisation anwendungsorientierter Forschung. Zwar finanziert sie sich nach eigenen Angaben zu einem Drittel durch Aufträge aus der Wirtschaft, aber zu einem Drittel auch aus öffentlich finanzierten Forschungsprojekten sowie zu einem weiteren Drittel aus institutionellen Fördermitteln von Bund und Ländern. Allein für das Jahr 2023 sind im Bundeshaushalt rund 850 Millionen Euro an Steuergeldern für die Förderung der Fraunhofer-Gesellschaft vorgesehen.
- fraunhofer.de: "Finanzen"
- fraunhofer.de: Pressemitteilung vom 1. September 2023
- tagesspiegel.de: "Mutmaßliche Steuergeldverschwendung: Untreue-Ermittlung gegen Ex-Fraunhofer-Chef Neugebauer"
- tagesspiegel.de: "Wechsel an der Fraunhofer-Spitze: "Rücktritt war überfällig""
- bild.de: "Gier-Skandal bei Fraunhofer-Gesellschaft"