"Unverschämtheit" Bericht: Bahn zahlte Boni in dreistelliger Millionenhöhe
Trotz unpünktlicher Züge und genervter Kunden zahlt die Bahn ihren Beschäftigten einen satten Bonus. Kritiker sprechen von einer "Selbstbedienungsmentalität".
Die Deutsche Bahn (DB) hat das Jahr 2022 zum Erfolgsjahr erklärt – trotz permanent unpünktlicher Züge und tausender unzufriedener Kunden. Rund 30.000 Beschäftigten zahlte das Unternehmen demnach einen Bonus aus. Die Gesamtsumme beläuft sich laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" und des NDR auf mindestens einen dreistelligen Millionenbetrag. Demnach profitierten etwa 3.800 Führungskräfte sowie weitere Teile der Belegschaft von den erfolgsabhängigen Zahlungen.
Die Boni flossen trotz verfehlter Ziele bei Kundenzufriedenheit und Pünktlichkeit, so der Bericht. Die "Süddeutsche" und der NDR zitieren aus einem internen Dokument der DB zur "Erfolgsbeteiligung" für Bahn-Führungskräfte. Demnach seien die Faktoren Kundenzufriedenheit und Pünktlichkeit "mit null Prozent gewichtet" worden.
Fünfstellige Beträge für Führungskräfte
Berücksichtigt wurden stattdessen die Aspekte Mitarbeiterzufriedenheit, Frauen in Führungspositionen und das Erreichen finanzieller Ziele. Führungskräfte, die zudem ihre persönlichen Ziele erreichten, erhielten demnach bis zu 95 Prozent der maximalen Höhe der Boni, außertariflich Beschäftigte sogar bis zu 112 Prozent.
Die Prämienzahlung entspricht bei den Führungskräften der Deutschen Bahn einem mindestens fünfstelligen Betrag pro Person. Ein Bahn-Sprecher bestätigte auf Anfrage, dass diese erfolgsabhängigen Vergütungsanteile bereits Ende April an die Mitarbeiter ausgezahlt wurden.
"Selbstbedienungsmentalität" bei der Bahn
Die Bonuszahlungen für die Führungskräfte sorgen für Empörung. "Als Dienstleister hast du komplett versagt – aber als Führungskraft bekommst du fast 100 Prozent Bonus", zitiert der Bericht eine DB-Führungskraft. Die Bahn mache sich dadurch zum "Mitnahmeladen".
Auch Claus Weselsky, der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GdL), übte scharfe Kritik an dem System. Er bezeichnet die Boni als "Unverschämtheit", da sie bei ohnehin hoher Grundvergütung als eine "Belohnung für Nichterfolg" dienen würden. "Diese Selbstbedienungsmentalität muss ein für alle Mal beendet werden", so Weselsky.
Die Deutsche Bahn gehört zu 100 Prozent dem Bund, der Staatskonzern ist mit 28,8 Milliarden Euro hoch verschuldet. Dorothee Martin, SPD-Bundestagsabgeordnete und Mitglied des DB-Aufsichtsrats, sagte zur "Süddeutschen" und dem NDR, dass die Auszahlung der Boni "keine politische Entscheidung" sei, sondern schlicht eine Erfüllung bestehender Verträge. "Wenn die Deutsche Bahn diese variablen Vergütungsbestandteile nicht auszahlen würde, würde die Bahn vertragsbrüchig bei bestehenden Verträgen mit ihren Mitarbeitern."
- tagesschau.de: Boni für Tausende DB-Beschäftigte