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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kündigungswelle Strom- und Gasanbieter kommen bei Kündigungen nicht hinterher
Der Wechsel des Energieversorgers lohnt sich wieder – und so steigt auch die Zahl der Kündigungen. Doch die Anbieter scheinen nicht hinterherzukommen.
Kaum kündigte Deutschlands größter Energieanbieter an, die Preise in der Strom-Grundversorgung erhöhen zu wollen, bekam er schon die Quittung dafür. Sechsmal mehr Kündigungen von Eon-Verträgen als noch in den Vorwochen gingen plötzlich beim Dienstleister Aboalarm ein; im Vergleich zum Vorjahr verzehnfachte sich ihre Zahl sogar. Ein Zeichen dafür, wie bereit Verbraucher sind, sich Preiserhöhungen zu widersetzen.
"Für viele Kunden lautet die Antwort auf eine Preiserhöhung: Kündigung, gerade wenn sie günstige Alternativen haben", beobachtet Aboalarm-Chef Jan Hendrik Ansink. Die Sonderkündigungen von Strom- und Gasverträgen über die Kündigungsdienstleister Aboalarm und Volders haben sich in den ersten drei Monaten dieses Jahres im Vergleich zu 2022 fast verdoppelt (plus 82 Prozent).
Auch insgesamt verzeichnen sie ein hohes Kündigungsaufkommen: Rund ein Drittel mehr Kunden beendeten zwischen Januar und März 2023 ihre Strom- und Gasverträge als noch im Vorjahr. Der Auswertung liegen 100.000 Kündigungen zugrunde, die seit Anfang 2022 über Aboalarm und Volders verschickt wurden.
Kündigungsbestätigung lässt auf sich warten
Allerdings laufen die nicht immer reibungslos, wie die Analyse weiter zeigt: Denn Anbieter lassen ihre Kunden häufig auf die Kündigungsbestätigung warten. Die ist aber nötig, um einen neuen Vertrag abschließen zu können. Laut Volders erhielt mehr als jeder zehnte Wechselwillige im ersten Quartal 2023 die Bestätigung erst, nachdem er ausdrücklich danach gefragt hatte. Eigentlich müssen Energielieferanten ihren Privatkunden außerhalb der Grundversorgung die Kündigung innerhalb einer Woche bestätigen.
Ächzen die Energieversorger also unter der Masse an Kundenanfragen? Ganz so mag man es dort nicht ausdrücken, doch dass der Kundenservice derzeit gut ausgelastet ist, bestätigen auch die Anbieter. "Seit Beginn der Energiekrise verzeichnen wir eine starke Zunahme des Anfragevolumens auf allen Kanälen", sagte ein Eon-Sprecher t-online. "Die Kundenanfragen bei uns in Deutschland haben um rund ein Drittel zugenommen – das betrifft aber natürlich die gesamte Branche."
Energiepolitik verunsichert Strom- und Gaskunden
Vor allem die politischen Entscheidungen rund um Strom- und Gaspreisbremsen und die Heizungsdiskussion führen offenbar zu Verunsicherung unter den Kunden. "Durch die Energiepreisbremsen kam es zu einem deutlich höheren Volumen an Kundenkontakten", sagte ein Vattenfall-Sprecher t-online. "Zusammen mit der hohen Anzahl an Neukunden konnte dies in den ersten Monaten auch zu längeren Wartezeiten in der Servicehotline führen. Die Situation normalisiert sich inzwischen wieder." Auch bei Eon räumt man ein, dass es in einzelnen Fällen aktuell etwas länger dauern könne.
EnBW ließ wissen, dass die Zahl der Neukundenabschlüsse derzeit wieder steige. "Bei den Kundenabgängen stellen wir zwar auch eine leicht höhere Mobilität fest, allerdings noch unter dem rechnerisch prognostizierten Niveau", sagte eine Sprecherin. Ein Vertragswechsel erfolge in der Regel "binnen einiger Tage", sofern es keinen Klärungsbedarf gebe.
Wechseln lohnt sich wieder
Wer jetzt seinen Strom- oder Gasanbieter wechseln möchte, findet schnell einen Tarif, der unter den staatlichen Preisbremsen liegt. Daten des Vergleichsportals Verivox zufolge kostet eine Kilowattstunde Strom aktuell durchschnittlich 32,4 Cent für Neukunden, eine Kilowattstunde Gas 10,3 Cent (Stand: 9. Mai 2023). Würden alle Verbraucher aus der teuren Grundversorgung zu günstigen alternativen Anbietern wechseln, hätte auch der Staat etwas davon. Denn dann könnte er sich laut Check24-Berechnungen knapp vier Milliarden Euro für die Preisbremsen sparen.
- Eigene Recherche
- Schriftliche Anfrage an Eon
- Schriftliche Anfrage an EnBw
- Schriftliche Anfrage an Vattenfall
- aboalarm.de: "Strom- und Gas: Kunden wehren sich gegen Preiserhöhungen"